Klima-Krieg

Schütters Spagat zwischen Klima & Comeback

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ÖSV-Ass Julian Schütter (25) schuftet jeden Tag für sein Comeback. Der Speed-Spezialist kam im Jänner auf der Streif schwer zu Sturz. Die Folgen: Riss des vorderen Kreuzbandes und Meniskusverletzung im linken Knie. Schafft er den Spagat zwischen Klima-Aktivismus und Profi-Sport?

Krafttraining, Radkilometer und Physio stehen täglich auf dem Plan der ÖSV-Abfahrtshoffnung. Bis November will Schütter "rennmäßig wieder dabei sein", gibt der 25-Jährige auf sport24-Nachfrage ein Update. In den kommenden Wochen steht das erste Schneetraining an.

Obwohl Schnee immer mehr zur Mangelware wird. Keiner weiß das besser als Schütter. Denn der Tiroler ist nicht nur ÖSV-Profi, sondern auch Klimaaktivist. Mit seiner Initiative Protect Our Winters (POW) gemeinsam mit der Umweltschutzorganisation Greenpeace macht Schütter regelmäßig auf die Klimamissstände im Ski-Zirkus aufmerksam. Aktuell sorgen die Bilder vom Rettenbachgletscher in Sölden einen Monat vor Weltcupstart für Entrüstung (sport24 berichtete).

Aufregung um Baggerarbeiten am Gletscher
© Greenpeace
× Aufregung um Baggerarbeiten am Gletscher

Auf der Piste wird aktuell nicht nur für den Riesentorlauf am 28./29. Oktober gebaggert und gesprengt – wie von den Behörden genehmigt. Greenpeace schlägt Alarm und veröffentlichte am Donnerstag einen 5-Punkte-Plan. Zudem müsse das Greenwashing, also die Vorgabe, im Zeichen des Klimawandels zu handeln, aufhören.

ÖSV-Ex-Boss Schröcksnadel bleibt entspannt

Während Roswitha Stadlober als ÖSV-Präsidentin zu den Vorwürfen auf sport24-Anfrage nicht Stellung nehmen wollte, kommentierte ihr Vorgänger und Langzeit-Präsident Peter Schröcksnadel (82) trocken: "Es gibt in Österreich tüchtige Behörden, die schauen, dass Bescheide eingehalten werden. Was braucht es da Greenpeace ...?"

Schütter: »Mache ich genug ...?«

Grund genug für Schütter, im Alpen-Las-Vegas aktiv zu werden: "Wir werden unsere Kampagne weiterführen. Wir haben auch ein paar Ideen, aber das ist noch nicht spruchreif“. Klebe-Aktionismus à la Letzte Generation kommen einem in den Sinn. "Ich habe kein Problem mit friedlichem, zivilem Widerstand", betont Schütter. Er habe sich bereits öffentlich mit der umstrittenen Bewegung solidarisiert - als Privatperson. "Als Sportler brauche ich aber das Vertrauen der Menschen, die über meine sportliche Karriere entscheiden." Der Spagat zwischen dem professionellem Klimaaktivisten und dem Rennprofi klingt nach Kraftakt. Schütter nimmt sich einen Moment, ehe er antwortet: "Ich stelle mir jeden Tag diese Frage: Mache ich genug?" Dass sich die Medien mit seiner Person und der Sache beschäftigen, gibt ihm Kraft. "Das ist mein Erfolg."

Happy End im FIS-Märchen

Durch seine POW-Initiative konnte Schütter erreichen, dass über 500 AthletInnen seinen Offenen Brief an den Weltverband mit der Forderung nach weitreichenden, konkreten Klimaschutzmaßnahmen unterzeichneten. Immerhin hat die FIS im Sommer eine Nachhaltigkeitsdirektorin bestellt. "Ob sie sich gegenüber Eliasch (Johan, FIS-Präsident, Anm. d. Red.) durchsetzen kann, wird man sehen", sagt Schütter und schlägt vor: "Wie wäre es, wenn die FIS in erster Linie das eigene Versprechen einhält?" Schließlich sollen die CO2-Emissionen bis 2030 halbiert werden. Bisher ist kaum eine Kurskorrektur spürbar. "So werden wir es nicht schaffen. Es benötigt eine 180-Grad-Wende, um glaubwürdig zu sein." Die FIS solle "endlich eingestehen, dass die Emissionen zu hoch sind und Maßnahmen treffen. Das wäre ein guter Abschluss für das erste Kapitel in diesem FIS-Märchen."

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