Vizeweltmeisterin im Interview

Ortlieb: 'Jetzt hat der Papa wenig Einfluss'

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Vizeweltmeisterin Nina Ortlieb spricht nach WM-Silber in der Abfahrt Klartext.

Nachgefragt bei Nina Ortlieb, die am Samstag in der Abfahrt der alpinen Ski-WM in Méribel die Silbermedaille gewonnen hat.

Frage: Sie waren im Vorfeld körperlich angeschlagen. Wie eng war es heute überhaupt mit dem Start?
Ortlieb: "Ich habe lange nicht gewusst, dass ich wirklich hier sein kann. Ich bin erst am Samstag wieder das erste Mal Skigefahren. Da habe ich entschieden: Ich fühle mich körperlich bereit, das möchte ich probieren. Es war wirklich sehr knapp. Umso schöner, dass ich mit mehr Gepäck heimfahren kann."

Frage: Sie erzählen das so trocken heraus, man könnte meinen, es rumort viel mehr. Wie sieht es gerade in Ihnen aus?
Ortlieb: "Ich bin da oft sehr nüchtern, kann das gut analysieren. Ich weiß, was alles gewesen ist. Aber heute, wenn mir die Medaille überreicht wird, werde ich schon emotionaler werden und kann das eher realisieren. Aktuell bin ich innerlich ein wenig aufgewühlt. Klar, es ist ein spezieller Moment für mich. Ich hoffe, es ist nicht das letzte Mal für mich."

Frage: Sie waren unzählige Male verletzt. Was hat Sie nach all den Verletzungen angetrieben?
Ortlieb: "Ich glaube, das ist in einem drinnen. Man weiß: Man hat noch mehr, man hat noch etwas zu zeigen. Im Endeffekt mache ich es einfach brutal gern. Ich habe mir heute auch am Start gedacht: Genieß es, es ist ein Privileg heute da zu stehen, gerade als Österreicherin schafft man es gar nicht so leicht zu einem Großereignis. Natürlich hadert man auch und denkt sich, ist es das wert? Aber dafür mache ich es zu gern."

Frage: Entschädigt die Medaille?
Ortlieb: "Es ist einerseits sicher eine Entschädigung. Ich würde aber auch Belohnung und Bestätigung sagen, dass man am richtigen Weg ist und sich die ganze Arbeit auszahlt."

Frage: Sie müssen uns jetzt nicht Ihre ganze Krankenakte ausbreiten, aber stimmen die 18 Operationen wirklich?
Ortlieb, zögert lange: "Ich kann sehr schlecht lügen - es sind mittlerweile 19. Vorgestern bekam ich wieder Fäden heraus. Durch den Sturz in Cortina hatte ich auf der Hüfte ein sehr großes Hämatom, das sich leider nicht ganz selbst resorbiert hat. Das musste man durchspülen."

Frage: Ein Kinkerlitzchen bei Ihrer Krankengeschichte.
Ortlieb:
"Genau, die kürzeste Operation meines Lebens - elf Minuten."

Frage: Ihr Vater war Olympiasieger und Weltmeister in der Abfahrt. Ist oder war der Name Ortlieb eine Bürde oder ein Startvorteil?
Ortlieb: "Ich bin mit dem aufgewachsen, habe damit umgehen gelernt. Ich würde es nicht als Nachteil sehen. Im Kindesalter hat es geheißen: Ja die Ortlieb, die Ortlieb, die hat schnellere Ski, die hat bessere Voraussetzungen. Ich bin aber früh ins Internat gegangen, habe den normalen Weg gemacht wie viele andere auch. Auch jetzt hat der Papa wenig Einfluss ins Trainerteam - das ist auch gut, er ist kein Schneetrainer. Er versucht mich oft zu beraten, mir Tipps zu geben, mir Ruhe zu geben. Ich bin jemand, der eher mehr machen will. Es ist schön, wenn man jemand die Geschichte nachempfinden kann. In manchen Punkten ist der Name ein Vorteil. Man hat mehr Aufmerksamkeit, wenn es um Sponsoren geht, hilft der Name."

(Aufgezeichnet von Marc Eder/APA aus Méribel)

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