ÖSV-Langläufer Tauber und Botwinow wurden beim Weltcup in Cogne (ITA) zum Dopingskandal von Turin verhört.
Die mögliche Doping-Affäre um ÖSV-Langläufer und Biathleten bei den Olympischen Spielen in Turin hat am Mittwoch beim Langlauf-Weltcup in Cogne zu einem späten Nachbeben geführt. Die italienischen Behörden haben die Anwesenheit von Martin Tauber genützt, um die Erhebungen in dem in Italien noch immer nicht abgeschlossenen Fall fortzuführen. Der Tiroler wurde unmittelbar nach seinem Zieleinlauf im 15-km-Rennen, das er als guter Zehnter beendet hatte, von Carabinieri angesprochen und nach Durchsuchung seines Hotelzimmers in Pollein zur Einvernahme in die Polizeistation in St. Pierre im Aostatal gebracht.
Auch Botwinow abgeführt
Wie der ÖSV am Mittwoch Abend
mitteilte, wurde auch Langlauf-Oldie Michail Botwinow von der italienischen
Polizei abgeführt und auf die Polizeistation zum Verhör gebracht. "Tauber
und Botwinow sind Zimmerkollegen, als das Zimmer durchsucht wurde, musste
auch Boti Stellung nehmen. Für die Erstellung des Protokolls und das
Unterschreiben musste er ebenfalls mit auf die Carabinieri-Station.
Cheftrainer Gattermann merkte etwas entnervt an: "Wir haben seit 7:00
Uhr früh außer einem Sandwich und einen sehr guten Cappuccino noch nichts zu
uns genommen."
Wieder im Teamquartier
Am Abend durften Tauber und Botwinow die
Polizeistation verlassen. "Die Jungs sind nun zurück und haben gerade ein
kräftiges Essen zu sich genommen. Es geht ihnen gut, sie haben die
Amtshandlungen gut überstanden. Sie wundern sich aber über den italienischen
Amtsschimmel, aber anscheinend muss man damit leben", sagte Trainer Franz
Gattermann. Er hoffe, dass das nun die letzte Aktion dieser Art gewesen sei.
"Die Antwort darauf können wir nur mit sportlichen Resultaten geben."
Gutes Rennen
Für Tauber lagen Freude und Ärger nahe beisammen.
Der Olympia-Achte holte dank einer Steigerung auf dem letzten Drittel der
Distanz Rang zehn und überraschte sich damit auch selbst. Er war vom
drittplatzierten Russen Jewgenij Dementjew eingeholt worden, mit ihm
gelaufen und hatte ihn schließlich sogar noch distanziert. "Aber
meine Platzierung habe ich lange gar nicht gewusst, weil ich gleich im Ziel
abgeführt worden bin", sagte Tauber.
Teamarzt protestierte
"Ich habe mich nicht einmal umziehen
können, durfte meinen Rucksack mit der Bekleidung nicht holen",
erklärte der 30-jährige Seefelder. Anschließend sei er in Begleitung des
protestierenden ÖSV-Teamarztes von den Carabinieri zu seinem Hotel in den
tiefer gelegenen Ort Pollein gebracht worden. "Ich habe gefroren in dem
nassen Langlaufanzug, sie haben mein Zimmer durchsucht und erst nach langer
Zeit durfte ich duschen und nach Stunden ein Sandwich und ein Cola zu mir
nehmen", sagte Tauber. Diese von der Turiner Staatsanwaltschaft
eingeleitete Untersuchung dauerten rund vier Stunden, danach wurde Tauber
noch auf die Polizeistation gebracht.
Tauber war im Sommer in Italien auf Urlaub gewesen und hatte vor dem ersten Renneinsatz im Nachbarland mit den strengen Anti-Dopinggesetz keine Bedenken. "Ich bin nicht mit einem unguten Gefühl gekommen, ich habe mir nichts vorzuwerfen. Und ich werde auch bei der Tour de Ski wiederkommen", sagte der Weltcup-Zweite von Davos 2005/06. Laut ÖSV-Aussendung wurden im Zimmer Taubers nur homöopathische Mittel und Vitaminpräparate festgestellt.
"Alte Bekannte"
"Ich bin froh, dass diesmal
wenigstens der Zeitpunkt positiv war, sie hätten auch in der Nacht vor dem
Rennen kommen können", meinte Tauber ironisch im Hinblick auf die
nächtliche Razzia im Februar am Vorabend des olympischen Staffelrennens. Und
weiter: "Es waren jetzt einige bekannte Gesichter dabei, die ich noch
von Pragelato kenne."
Razzia erfolglos
Bei den Winterspielen in Turin hatten
Carabinieri in Absprache mit dem Internationalen Olympischen Comite wegen
der Anwesenheit des mit Doping in Zusammenhang gebrachten Walter Mayer
Razzien in den Quartieren der ÖSV-Biathleten und Langläufer durchgeführt.
Verschiedene Dinge wurden damals beschlagnahmt, doch zehn Monate später
liegt auch dem IOC immer noch kein Abschlussbericht vor. "Die Italiener
haben nichts gefunden, weil es nichts gibt", erklärte dazu Mayers
Anwalt Herwig Hasslacher.
Botwinow unbehelligt
Tauber war damals im Quartier ebenfalls
perlustriert worden, hat aber seither nie eine Einladung zu einer Vernehmung
in Italien erhalten. Michail Botwinow, der zum Zeitpunkt der Razzia nicht in
Italien gewesen und erst wieder zum abschließenden 50-km-Rennen
(Olympia-Bronze) angereist war, wurde am Mittwoch im 140 km von Turin
entfernten Cogne von den Carabinieri nicht einvernommen.
Die Polizisten interessierten sich aber für das Team-Auto. Nach Worten von ÖSV-Cheftrainer Franz Gattermann wurde es durchsucht, mitgenommen hätten die Carabinieri bei der "drei Minuten dauernden Routinekontrolle" aber nichts. Umso länger dauerten für den erst nach den Winterspielen engagierten Coach die Übersetzung des Durchsuchungsauftrages und die folgende Abfassung eines Protokolls auf der Polizeistation in Cogne.
ÖSV empört
Der ÖSV sprach in einer Aussendung von
einer "völlig unvertretbaren und unnötigen Aktion der Polizei und der
Staatsanwaltschaft gegen Österreich" und hat seine Rechtsvertreter
beauftragt, "gegen diese im Sport unvertretbare Aktion alle möglichen
Schritte zu unternehmen." Von den seinerzeit erhobenen Behauptungen sei
laut ÖSV nicht viel übrig geblieben. So sei auch die Aussage, fünf Liter
Blut seien gefunden worden, mittlerweile mit Bedauern zurückgezogen worden.