Streit über Sparpaket

Regierung Berlusconi vor dem Ende

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Berlusconi fordert freie Hand für den EU-Krisengipfel am Mittwoch.

Der umstrittene italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi denkt ernsthaft an Rücktritt. Hintergrund ist nach italienischen Medienberichten ein heftiger Streit in der Mitte-Rechts-Koalition über die weiteren Sparmaßnahmen, die die EU von Italien fordert. Besonders heftig gerungen wird um eine Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre.

Berlusconi fordert freie Hand für EU-Krisengipfel am Mittwoch
Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat bei der Regierungssitzung gestern Abend von seinen Koalitionspartnern ein "volles Mandat" für den EU-Gipfel in Brüssel gefordert. Er werde am Mittwoch "sicher nicht mit leeren Händen" nach Brüssel fahren, stellte Berlusconi in ungewohnt forschem Ton klar. Die weiteren Sparmaßnahmen seien zwar "höchst unpopulär" und würden "Wählerstimmen kosten", es führe aber kein Weg daran vorbei, so der Ministerpräsident.

Lega Nord leistet erbitterten Widerstand
Heftigen Widerstand bei der Ausweitung des Sparpaketes leistet die separatistische norditalienische Beweung Lega Nord unter ihrem resoluten Parteichef Umberto Bossi, der dem Regierungschef bereits in der Vergangenheit immer wieder weitreichende Zugeständnisse abgerungen hatte. Bisher gelang es dem machtbewussten Berlusconi aber stets, seinen Sturz abzuwenden. Auch mehrere Vertrauensabstimmungen im Parlament überstand sein Mitte-Rechts-Kabinett unbeschadet.

Lega-Chef Bossi droht mit Straßenprotesten gegen Pensionskürzungen
Die Partei von Umberto Bossi hat unterdessen mit Straßenprotesten gedroht, sollte die Regierung die Pensionen belasten. Die Lega Nord hatte ihrer Wählerschaft in den vergangenen Monaten immer wieder versprochen, dass die Pensionen von den Ausgabenkürzungen zur Eindämmung der Staatsschuld verschont bleiben würden. Ausgabenkürzungen im Pensionswesen gelten in Brüssel als dringend notwendige Maßnahme, um Italiens Staatsschuld unter Kontrolle zu bringen.

Berlusconi schließt Rücktritt nicht aus

Im römischen Palazzo Chigi, dem Amtssitz des Ministerpräsidenten, ist jetzt Feuer auf dem Dach. Berlusconi stellte am Montagabend unmissverständlich klar, dass er ohne eine Einigung mit der Lega Nord nicht nach Brüssel fahren werde. Sollte eine solche nicht zu Stande kommen, sei er bereit, "einen Schritt zurück zum machen". Mit anderen Worten: Dann will er sein Amt zur Verfügung zu stellen.

Opposition fordert Berlusconis Rücktritt
Auf Unterstützung der Opposition bei der Verabschiedung eines weiteren Sparpaketes kann Berlusconi indes nicht hoffen: Zwar sind die linken Oppositionsparteien, allen voran die Demokratische Partei PD, grundsätzlich bereit, zumindest einzelne Maßnahmen im Parlament zu unterstützen. Allerdings nur unter einer Bedingung: Berlusconis Rücktritt.

Eine Krisensitzung nach der anderen
Die turbulente Kabinettssitzung am Montagabend hat das politische Rom in helle Aufregung versetzt: Im Hauptquartier von Berlusconis PDL und den anderen Parteizentralen herrscht hektische Betriebsamkeit, eine Krisensitzung jagt die andere. Am Vormittag lud Ministerpräsident Berlusconi in seine private Residenz im römischen Palazzo Grazioli, zum Mittag tagte die Koalitionspartei Lega Nord in der Abgeordnetenkammer. Über Ergebnisse ist noch nichts bekannt.

Staatspräsident Napolitano verlangt rasches Handeln
Der greise Staatspräsident Giorgio Napolitano zeigt sich äußerst besorgt über die politische Lage in dem hochverschuldeten Land. Er hat die Spitzenvertreter von Regierungsparteien und Opposition zu Konsultationen einbestellt, um sich ein Bild von der Lage zu machen und mögliche Lösungen zu sondieren. Napolitano hat Premier Silvio Berlusconi zu raschem Handeln in der Schuldenkrise aufgefordert. Die Zeit dränge, Italien müsse Entwicklungsmaßnahmen und strukturelle Reformen ergreifen. "Wir müssen die notwendigen Beschlüsse fassen, um das Risiko zu reduzieren, dem Italiens Staatspapiere auf den Finanzmärkten ausgeliefert sind und um unseren Einsatz zur Schuldenbekämpfung glaubwürdiger zu gestalten", kommentierte Napolitano in einer am Dienstag veröffentlichten Presseaussendung.

Neuwahlen im März?
Politische Beobachter spekulieren unterdessen über verschiedene Varianten von Berlusconis Rückzug. Neben einem sofortigen Rücktritt könnte der "Cavaliere", so Berlusconis Spitzname, auch den spanischen Weg beschreiten: Dort hat der angeschlagene Regierungschef José Luis Zapatero im Frühjahr mitgeteilt, nicht mehr als Premierminister kandidieren zu wollen, im Sommer kündigte er schließlich vorgezogene Neuwahlen für Ende November an. Sollte sich Berlusconi für diese Variante entscheiden, könnten die Italiener schon im kommenden März zu den Wahlurnen gerufen werden.

Opposition denkt an "Regierung der nationalen Rettung"
Was aber tun, wenn der Streit in der römischen Regierungskoalition so weit eskaliert, dass Berlusconi sofort das Handtuch wirft? Für diesen Fall fordern die linken Oppositionsparteien die Einrichtung eines Übergangskabinetts der "nationalen Rettung", dass die italienische Schuldenkrise lösen und anschließend Neuwahlen vorbereiten soll.

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