Vlaamse Opera

Waltz steht unmittelbar vor Opern-Debüt

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Mit "Rosenkavalier" feiert der Oscar-Preisträger Einstand in der Opernwelt.

 Am kommenden Sonntag, den 15. Dezember,  wird es für den österreichischen Weltschauspieler Christoph Waltz ernst: Mit Richard Strauss' "Der Rosenkavalier" feiert der zweifache Oscar-Gewinner in der Antwerpener Vlaamse Opera sein Opernregiedebüt. Für die Hauptpartie des Baron Ochs auf Lerchenau wurde dabei der österreichische Bass Albert Pesendorfer verpflichtet.  Die APA sprach im Vorfeld mit dem 46-jährigen Sänger über die Arbeit mit einem Operndebütanten, das schauspielerisch Fordernde an Regisseur Waltz und seine Abneigung, den Ochs als Nazi zu spielen.

Hier das gesamte Interview mit  Albert Pesendorfer

APA: Der Ochs ist eine der wenigen Bösewicht-Opernpartien, die weder tragisch noch diabolisch faszinierend, sondern einfach nur unsympathisch ist. Haben Sie damit als Darsteller Probleme?

Albert Pesendorfer: Für mich ist die Rolle sehr vielschichtig. Man kann natürlich verschiedene Schichten prononcieren, und in manchen Inszenierungen wird er in der Tat äußerst unsympathisch dargestellt. Ich musste einmal den Ochs als Nazi spielen - was in jeder Hinsicht ein schlichtes Konzept war. Grundsätzlich kann man ihn aber derb darstellen oder eher den Adeligen hervorkehren. Und mir gefällt es, wenn die adelige Seite mehr hervorgekehrt wird - auch wenn er natürlich seine ungezogenen Momente hat. Er scheitert, aber okay - es war ein Versuch wert. Er geht erhobenen Hauptes vom Platz.

APA: Müssen Sie allgemein Sympathie für Ihre Rollen haben?

Pesendorfer: Ich habe auch schon Hagen gesungen, der nun auch nicht der Sympathischste ist. Es ist ganz schön, manchmal auch Abgründe zu entdecken. Wenn ich etwas spiele, muss ich das persönlich ja nicht empfinden. Es ist einfach spannend, bisweilen extreme Charaktere darzustellen - beruflich wie privat.

APA: Ist der Ochs von der Komplexität mit Wagner-Partien vergleichbar?

Pesendorfer: Es ist einfach unglaublich, wie viele Worte in kurzer Zeit man als Ochs zu singen hat. Das ist mir bisher noch in keiner anderen Partie begegnet. Dann hat er extreme Intervallsprünge über zweieinhalb Oktaven - und muss doch verständlich bleiben. Schließlich ist die Vielschichtigkeit der Geschichte frappant, wenn man das Libretto von Hugo von Hofmannsthal betrachtet. Das passt wie die Faust aufs Auge.

APA: Viele Sänger beklagen bei Opern-Regiedebütanten das mangelnde Verständnis von Musik. Wie geht es Ihnen mit Christoph Waltz?

Pesendorfer: Die Arbeit mit Christoph Waltz ist sehr angenehm. Es gibt Schauspielregisseure, für die Musik ein Fremdwort ist. Bei ihm ist das Gegenteil der Fall: Er liebt Oper und spielt selbst Instrumente. Er hat also einen großen musikalischen Hintergrund. Zugleich ist die Arbeit mit ihm gerade schauspielerisch sehr fordernd. Er möchte alles reduziert haben - nicht die große Geste. Er will nichts Übertriebenes, sondern die Oper auf ein Kammerspiel reduzieren. In meinen Augen hat das eine entsprechende Wirkung, aber das Publikum muss sich auch darauf einlassen, dass es kein Spektakel gibt. Es wird keine Interpretationshülse drübergestülpt, um das Werk neu zu interpretieren. Er versucht einfach, das Werk zu erzählen - ohne großes Drumherum.

APA: Gibt Ihnen Waltz klare schauspielerische Vorgaben?

Pesendorfer: Er spielt schon Dinge vor. Mit ganz wenigen Gesten und Mimik drückt er dabei viel aus. Zu mir meint er meistens: "Sie brauchen nicht viel machen, Sie sind ja viel größer als ich." Er schaut immer, was man ihm anbietet und ist wahnsinnig konzentriert ohne Durchhänger. Er ist dabei Teil des Teams und lässt keinesfalls die Attitüde des Oscar-Gewinners raushängen.

APA: Sind Sie denn generell für zeitgenössische oder eher zeitverhaftete Inszenierungen zu haben?

Pesendorfer: Ob es zeitgetreu ist, ist für mich sekundär. Wichtig ist für mich nur, dass die Geschichte gut erzählt wird. Der Ochs als Nazi macht für mich wenig Sinn.

(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)

Info
Richard Strauss' "Der Rosenkavalier" in der Vlaamse Opera, Frankrijklei 3, 2000 Antwerpen und der Vlaamse Opera, Schouwburgstraat 3, 9000 Gent in der Regie von Christoph Waltz. Es spielt das Symfonisch Orkest van de Vlaamse Opera unter Dmitri Jurowski/Philipp Pointner. Bühnenbild: Annette Murschetzk, Kostüme: Eva Dessecker. Mit Maria Bengtsson/Die Feldmarschallin, Albert Pesendorfer/Baron Ochs, Stella Doufexis/Octavian, Michael Kraus/Herr von Faninal, Christiane Karg/Sophie, u.a. Premiere am 15. Dezember. Weitere Aufführungen in Antwerpen am 17., 20., 22., 26. und 28. Dezember. Spieltermine in Gent am 9., 11., 14., 17. und 19. Jänner. 2016 soll die Produktion dann mit Renee Fleming unter Andris Nelsons am Londoner Royal Opera House Covent Garden gezeigt werden.



 

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