Da stand sie, kühl, blond und zum Aufreißen. Sie machte einem den Mund wässrig und wurde über Nacht zum Star: die Bierdose. Vor 75 Jahren hatte sie in den USA Weltpremiere. Ein aus Deutschland eingewanderter Brauer, Gottfried Krueger, ließ es zischen - in Richmond im Bundesstaat Virginia, weit weg von seiner Brauerei.
Der Deutsche, der als 16-Jähriger in Holzschuhen nach Amerika gekommen war, wollte auf Nummer sicher gehen. "Hätten die Leute seine Idee nicht angenommen, dann sollte der Imageschaden nicht seine Brauerei treffen, sondern irgendwo unterwegs versanden", weiß Kevin Logan aus dem Bierdosenmuseum in East Taunton, Massachusetts. Die etablierten "Krueger Breweries" hatten in Newark im Bundesstaat New Jersey eine Erfolgsstory.
Neben dem Getränk gor dort auch der Plan, dem Gerstensaft mit einer praktischen Verpackung die Krone aufzusetzen. Bis dahin lohnte es sich für Brauereien nur, Flaschen in einem 50-Kilometer-Kreis zu verkaufen, um sie wieder beim Produzenten nachfüllen zu lassen. Dosen konnte man hingegen überall hin verkaufen, und es passten fast doppelt so viele auf einen Lastwagen wie Flaschen. "Das gleiche gilt übrigens für den eigenen Kühlschrank", lacht der Museums-Kurator.
Es traf sich gut, dass die Dosenfirma "American Can" der Sache bereits auf der Spur war. "Das war nicht ganz einfach, denn es ist natürlich nicht dasselbe, ob man grüne Bohnen in eine Dose steckt oder Bier", erklärt Logan. Da nämlich Bier mit Metall reagiert, musste zunächst eine geschmacksneutrale Innenbeschichtung entwickelt werden. Auch der Druck durch das kohlensäurehaltige Getränk stellte die Dosenmacher vor Herausforderungen. Doch nicht lange: 1933 ließ Brauer Krueger erstmals in Büchsen abgefülltes "Krueger's Special Beer" von 2.000 Bierfreunden testen.
Am 24. Jänner 1935 kam das Bier im Blechmantel schließlich auf den Markt. Die Dose war ein großer Wurf: Schon am Ende des Jahres waren 200 Millionen davon verkauft. "Die 0,33-Liter-Dose bestand damals aus Weißblech und war 100 Gramm schwer, heute wiegt eine Bierdose weniger als ein Viertel davon und ist meist aus Aluminium", weiß Bierdosen-Liebhaber Logan. Nicht immer sah eine Dose aus wie eine Dose. "Bierdosen hatten eine Zeitlang Hälse wie Flaschen - ihr Verschluss war ein Kronkorken", weiß Logan.
1936 schafften es den Sprung über den Atlantik, 1937 boten in Großbritannien bereits 23 Brauereien Dosenbier an. Doch richtig modern wurde sie erst oben ohne. Denn der Deckel der ursprünglichen Bierdose ließ sich noch nicht per Lasche öffnen. Vor dem Durstlöschen musste erst einmal ein Hilfswerkzeug her. "Ein Schlüssel von der Form eines Kirchturms", weiß Logan. "Wer den nicht dabei hatte, um ein Loch in den Deckel zu stanzen, blieb durstig."
So etwa der Amerikaner Ermal Fraze, der 1963 mit seiner Familie ein Picknick machte und in Ermangelung eines solchen "Kirchenschlüssels" gezwungen war, sein Bier an einer Stoßstange zu öffnen. Nach ein paar Schluck kam ihm die Idee: eine im Deckel integrierte Lasche zum Aufreißen. Fraze meldete sein Patent an, und die Dose zischte erst recht auf Erfolgskurs. Heute gelangen weltweit 30 Prozent aller Biere in Dosen zu ihren Konsumenten.