Dr. Elia Bragagna im Talk
Frust statt Lust – was steckt hinter dem Libidoverlust?
Dr. Elia Bragagna: Die Hauptkomponente für funktionierende Sexualität innerhalb einer Beziehung ist der zwischenmenschliche Umgang. Meist beginnen beide Partner nach der ersten Phase des Verliebtseins, in ihre ursprünglichen Muster zurückzukehren – der wieder einkehrende Alltag beginnt, den Fokus zu verändern. Beide fühlen sich auf der Strecke gelassen: Sie sehnt sich nach Zärtlichkeit, er nach Sexualität. Erst weit nach dem psychosozialen Faktor, Druck und der gesellschaftlichen, medial erzeugten Erwartungshaltung an die Sexualität der Frau werden körperliche Gründe oder hormonelle Faktoren als Lustkiller genannt.
Gibt es geschlechtsspezifische Libido-Unterschiede?
Dr. Bragagna: Während die Lust, die Libido, der Männer, zumindest die der meisten, impulsgesteuert funktioniert – sie verspüren Lust und folgen ihr –, läuft das Ganze bei Frauen wesentlich komplexer ab. Sie erleben die impulsive Lust meist nur während der ersten Phase des Verliebtseins und rund um den Eisprung. Meist sind es andere Gründe, warum sie eigentlich Sex haben und das Gehirn dafür bereit ist, Lust zu empfinden. Hauptmotivation für viele Frauen ist Zuneigung.
Die wohl wichtigste Frage: Was können wir gegen Libido-Verlust tun?
Dr. Bragagna: Zurückschalten! Nur wer Ruhephasen einlegt und die alltägliche Spannung reduziert, kann Impulse wahrnehmen, sich daran erfreuen und seine Lust steigern. Fakt ist zudem, je befriedigter ich lebe, desto befriedigter bin ich und desto mehr befriedigt mich auch meine Beziehung. Und nehmen Sie sich Zeit – Sex ist, vor allem für die Frau, weit mehr als nur rein und raus.
Sanfte Hilfe versprechen Aphrodisiaka – was ist dran?
Dr. Bragagna: Ich bin überzeugt, dass Aphrodisiaka wie Maca und Damiana in bestimmten Fällen helfen und bin dafür, dass wir sie nutzen. Bleibt das Libidotief aber bestehen, sollte ein Arzt zur Abklärung etwaiger medizinischer Ursachen konsultiert werden. Der nächste Schritt ist die Sexualtherapie.