Die AK Oberösterreich hat in Kooperation mit der Umweltorganisation GLOBAL 2000 48 Getreideerzeugnisse auf die Ewigkeits-Chemikalie Trifluoracetat (TFA) untersucht. Die gefundenen Belastungen durch die vermutlich fortpflanzungsgefährdende Chemikalie waren unerwartet hoch.
Eine Untersuchung von GLOBAL 2000 in Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer Oberösterreich von 48 Getreideerzeugnissen – darunter Brot, Nudeln, Frühstücksflocken, Cornflakes und Mehl – zeigt unerwartet hohe Belastungen mit der Ewigkeits-Chemikalie TFA (Trifluoressigsäure). "Die Höhe der TFA-Gehalte, vor allem in Brot und Nudeln, ist sehr beunruhigend und schreit nach Maßnahmen, um jede weitere TFA-Emission in die Umwelt so rasch wie möglich zu stoppen. In konventionellen Getreideprodukten waren die durchschnittlichen Belastungen so hoch, dass ein gesundheitliches Risiko für Kinder nicht mehr ausgeschlossen werden kann“, warnt Studienautor Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei GLOBAL 2000.
Zu dieser Schlussfolgerung gelangt man, wenn man die vorgefundenen Belastungen mit den aktuellen Risikobewertungen niederländischer und belgischer Gesundheitsbehörden vergleicht. Ein EU-weit akzeptierter toxikologischer Referenzwert für TFA ist derzeit nicht verfügbar.
Was ist TFA und wie gefährlich ist es?
TFA ist ein extrem stabiles Endprodukt, das beim Abbau von PFAS-Pestiziden (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) in der Landwirtschaft sowie fluorierten Gasen (F-Gasen) aus der Kältetechnik entsteht. Aufgrund seiner extremen Beständigkeit und Wasserlöslichkeit reichert sich TFA in den globalen Wasserressourcen und in lebenden Organismen an. Am 26. Mai veröffentlichte die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) einen Vorschlag zur Einstufung von TFA als "reproduktionstoxisch, Kategorie 1B", mit den Gefahrenhinweisen H360Df: "Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen."
Die wichtigsten Untersuchungsergebnisse im Überblick
- Alle 48 untersuchten Erzeugnisse waren mit TFA belastet. Die Bandbreite reicht von 13 µg/kg bei Roggen aus biologischem Anbau bis zu 420 µg/kg in konventionellen Butterkeksen. Das entspricht dem 100- bis 1000-Fachen der ohnehin bereits hohen TFA-Werte in Regen-, Grund- und Trinkwasser.
- Konventionelle Produkte waren rund dreimal so hoch belastet wie Bio-Produkte. Doch jedes der 24 untersuchten Bio-Produkte wies ebenfalls Belastungen über 10 µg/kg auf – auch solche, die aus Flächen stammten, die nie mit Pestiziden behandelt wurden. Das unterstreicht die hohe Mobilität und weite Verbreitung von TFA in der Umwelt.
- Gesundheitliche Richtwerte überschritten. Die von den niederländischen Gesundheitsbehörden als tolerierbar angenommene tägliche TFA-Dosis wird von Erwachsenen mit einem durchschnittlichem Getreidekonsum (nur konventionelle Produkte) bereits 1,5-fach und von Kindern sogar 4-fach überschritten.
- Steiler Anstieg von TFA-Gehalten. Im Vergleich zur bislang einzigen amtlichen Getreideuntersuchung auf TFA vor knapp einem Jahrzehnt hat sich die Belastung verdreifacht.
Der international renommierte Umweltchemiker und TFA-Forscher Hans Peter Arp sieht in den Untersuchungsergebnissen eine „weitere Bestätigung für die massive und beschleunigte Anreicherung von TFA in Wasser, Böden und Pflanzen, die eine ernste Bedrohung für die planetaren Belastungsgrenzen darstellt. “Diese Studie ist schockierend, aber für diejenigen von uns, die TFA erforschen, nicht unerwartet. Wir beobachten, dass TFA in Ökosystemen, bei Menschen und Tieren weltweit rapide zunimmt. Daher müssen wir jetzt darüber diskutieren, wie wir diesen rasanten Anstieg eindämmen können, bevor Bedrohungen für die planetaren Grenzen, wie beispielsweise toxische Auswirkungen auf gefährdete Bevölkerungsgruppen, eintreten.”
Biobäuerin Maria Grünbacher, die auf ihrem Hof im oberösterreichischen Mühlviertel alte Getreidesorten vermehrt und erhält, ist ebenfalls betroffen. "Seit einem halben Jahrhundert wirtschaften wir auf unserem Hof rein biologisch. Wir bringen keine Ewigkeits-Chemikalien auf unsere Felder. Doch wie es scheint, landen sie dennoch – wenn auch in kleinerer Menge – in unseren Erzeugnissen. Es ist nicht fair, dass die chemische Industrie Stoffe in die Welt setzen darf, die sich über den gesamten Globus ausbreiten und niemals wieder verschwinden.“
Dringender Appell an die Bundesregierung
GLOBAL 2000 und die Arbeiterkammer Oberösterreich appellieren eindringlich an die österreichische Bundesregierung – insbesondere an Landwirtschafts- und Umweltminister Norbert Totschnig und Gesundheitsministerin Korinna Schumann, alle Pestizidprodukte mit PFAS-Wirkstoffen umgehend vom Markt zu nehmen, wie es auch die EU-Pestizidverordnung verlangt. Ebenso muss die Regierung dem geplanten EU-weiten PFAS-Gruppenverbot zustimmen, das auch F-Gase aus der Kältetechnik einschließt. Schließlich braucht es einen österreichischen Grenzwert, der die Gesundheit schützt und dessen Einhaltung überwacht wird.