Seit 2015 ist die Eizellenspende in Österreich erlaubt – eine neue Option. Der Experte und eine Spenderin berichten!
Für viele Paare ist das Thema Kinderwunsch hierzulande ein heikles. Laut einer Studie aus dem Jahr 2013 führen 40 Prozent aller Paare in Österreich einen Haushalt ohne Kinder – Schätzungen zufolge ist jedes sechste Paar ungewollt kinderlos. Doch das könnte sich, dank einer neuen Gesetzesnovelle, schon bald ändern. Seit mittlerweile eineinhalb Jahren – genau genommen seit Februar 2015 – ist in Österreich die Eizellenspende erlaubt. „Das neue Gesetz ist richtungsweisend für die Zukunft der Fortpflanzungsmedizin in Österreich. Mussten früher viele Paare für ihr Wunschkind ins Ausland fahren, stehen wir nunmehr mit vielen europäischen Ländern auf gleicher Stufe“, zeigt sich Dr. Loimer, Vorreiter auf dem Gebiet der künstlichen Befruchtung sowie Gründer und Geschäftsführer der KinderWunschKliniken, zufrieden. „Seit der Gesetzesänderung ist die Nachfrage im Bereich der Eizellenspende groß“, so der Experte weiter.
Lisa Vasylyna (24) über ihre Beweggründe
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Sie sind 24 Jahre jung. Wie kamen Sie auf den Gedanken, Ihre Eizellen zu spenden und wie wurden Sie auf die Thematik erstmals aufmerksam?
Lisa Vasylyna: Auf das Problem des unerfüllten Kinderwunsches aufmerksam geworden bin ich bei der Plasmaspende. Das Interesse für das Thema war geweckt und je mehr ich darüber erfahren hatte, umso größer wurde der Wunsch, mit meinen Eizellspenden anderen Paaren zu helfen.
In der Ukraine, wo ich meine Wurzeln habe, hat man eine offene Weltsicht auf das Spenden der Eizellen. Dort ist die Eizellenspende eine bekannte, gängige, gesellschaftlich anerkannte und praktizierte Methode. Da ich in meinem bisherigen Leben berufsbedingt oft mit Kindern zu tun hatte (Anm.: alle Studentenjobs waren die Arbeit als Nanny) und deren Gesellschaft mir Freude bereitet, war schnell klar, dass ich andere bei deren Kinderwunsch unterstützen möchte. Bei der „Entstehung“ des neuen Lebens mit behilflich zu sein, erfüllt mich mit Freude.
Was waren Ihre weiteren Beweggründe, Ihre Eizellen zu spenden?
Vasylyna: Zusätzlich habe ich Erfahrungen mit der Problematik des unerfüllten Kinderwunsches in der Familie. Meine Cousine hatte einen über Jahre hinweg unerfüllten Kinderwunsch. Durch eine Adoption hat sich dann der Traum von einer glücklichen Familie erfüllt.
Außerdem sehe ich meine Eizellenspende nicht nur als Hilfe für ein Paar. Es ist vielmehr eine Art Lebens- und Selbsterfahrung für mich, da ich ein neugieriger und wissensbegieriger junger Mensch bin. Ich habe mich gefragt „Wie würde ich es sehen, wenn ich keine eigenen Eizellen hätte?“ Die Entscheidung zu spenden wurde zudem auch durch die gemütliche Atmosphäre und die herzlich-offene Art des Personals in der Klinik beeinflusst, die umfassende medizinische und gynäkologische Abklärung war auch ein Beweggrund für die Eizellenspende.
Nicht zuletzt hat die Spende meinen Wissenshorizont auf dem Gebiet enorm erweitert. Ich habe mich verstärkt mit den Thematiken Hormone, weiblicher Zyklus und der Eizellenreserve auseinandergesetzt.
Wie lebt es sich mit dem Gedanken, eigentlich „Mutter“ zu sein?
Vasylyna: Ich empfinde mich nicht als Mutter, sondern als Spenderin einer Eizelle. Ich freue mich, mit meiner Spende zur Entstehung einer Familie beizutragen. Ich kann diese Sehnsucht nach einer Familiengründung sehr gut nachvollziehen, da Familie für mich einen hohen Stellenwert hat.
Könnten Sie sich vorstellen „Ihr Kind/ Ihre Kinder“ eines Tages kennenzulernen oder versucht man eher Distanz zu wahren?
Vasylyna: Ja, auf jeden Fall! Ich stelle mir die Begegnung sehr interessant vor und man sieht so, ob sich der persönliche „Aufwand“ gelohnt hat und einer Familie geholfen werden konnte – hätte nichts dagegen, wenn das Kind den Kontakt aufnehmen möchte und würde mich freuen, es kennenzulernen.
Ab dem 14. Lebensjahr erhält das Kind auf Wunsch meine Daten, da eine anonyme Spende laut Gesetz nicht möglich ist. Wenn die Eltern und ich es möchten, kann ich das Kind natürlich schon vorher kennenlernen.
Wurden Sie für Ihre Spende entschädigt?
Vasylyna: Meine Barauslagen (Zugfahrten, Übernachtungen etc.) wurden mir refundiert. Die Spende an sich habe ich unentgeltlich durchgeführt.
Dr. Leonhard Loimer im Talk
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Was hat sich seit der Legalisierung der Eizellenspende in Sachen Kinderwunsch verändert?
Dr. Leonhard Loimer: Die KiWuKli Wels – Wien hat im letzten Jahr 57 Eizellspenden durchgeführt. Die Schwangerschaftsrate liegt bei 68 Prozent pro Versuch und ist damit höher als bei anderen künstlichen Befruchtungen – IVF rund 55 Prozent.
Stellen sich ausreichend Spenderinnen zur Verfügung?
Dr. Loimer: Im Moment stehen in unseren Kliniken 49 Spenderinnen 74 Empfängerinnen gegenüber. Die Wartezeit beträgt zwischen 2–3 Monate, bis wir eine passende Spenderin gefunden haben. In den kommenden Jahren ist allerdings mit einem Spenderinnenzuwachs zu rechnen. Auch die Suche nach Spenderinnen ist in Ballungsräumen nicht so schwierig wie anfänglich angenommen.
Wann ist die Befruchtung mittels Spendereizelle indiziert?
Dr. Loimer: Wenn die Reserven der Eierstöcke der Empfängerin so schlecht geworden sind, dass es mit eigenen Eizellen zu keiner Schwangerschaft mehr kommen würde oder eine schlechte Eizellenqualität die Ursache für das Ausbleiben ist.
Besteht ein erhöhtes Risiko eines plötzlichen Schwangerschaftsabbruchs?
Dr. Loimer: Das Risiko eines Schwangerschaftsverlustes ist deutlich geringer, da es sich um gesunde Embryonen handelt, die eingesetzt werden.
Bleibt die Spenderin anonym und wird die Spenderin für ihre Spende entschädigt?
Dr. Loimer: In Österreich ist eine anonyme Spende laut Gesetz nicht möglich. Das ist auch der Grund, warum sich so viele deutsche Paare hierzulande behandeln lassen. Die Spenderin spendet altruistisch und bekommt ihre Aufwände entschädigt.
Was kostet eine Eizellenspende?
Dr. Loimer: Inklusive aller Analysen ist mit rund 8.000 Euro zu rechnen.
Was bringt die Zukunft – sind weitere Neuerungen geplant?
Dr. Loimer: Das neue Fortpflanzungsmedizingesetz deckt die Ansprüche der Gesellschaft gut ab. Der Druck dieser wird allergings zu weiteren Neuerungen führen.
Wie wird man Spenderin?
„Aktuell wurden von uns 57 Eizellenspenden durchgeführt – dabei stehen 49 Spenderinnen 74 Empfängerinnen gegenüber. Dabei haben wir eine Schwangerschaftsrate von 68 Prozent pro Versuch. Ob der hohen Nachfrage sind wir ständig auf der Suche nach neuen Spenderinnen.“ Spenden können Frauen zwischen 18 und 30 Jahren, die alle Auswahlkriterien erfüllen und die im Optimalfall bereits ein Kind haben. Die Spende erfolgt anonym, das heißt, der Empfängerin wird die passende Spenderin durch die Ärzte und Biologen der KinderWunschKliniken Dr. Loimers zugeteilt. Während der Empfängerin und ihrem Partner der Zugang zu den Daten verwehrt bleibt, hat das gezeugte Kind mit Vollendung des 14. Lebensjahres das Recht, Informationen über die Spenderin zu erhalten. Eine der 49 Spenderinnen ist die 24-jährige Sportstudentin Lisa Vasylyna, die bereits mehrfach Eizellen gespendet hat. „Der Aufwand ist vergleichsweise gering, wenn man bedenkt, dass man Menschen zum teils lang ersehnten Familienglück verhilft. Auch nennenswerte Schmerzen hatte ich bislang keine“, berichtet die 24-Jährige, die im Oktober ein weiteres Mal ihre Eizellen spenden wird.
Fakten zur Eizellenspende
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✏ Wer darf spenden?
Spenderinnen müssen zwischen 18 und 30 Jahre alt sein und sollten im Optimalfall bereits ein Kind haben. Bei allen potenziellen Spenderinnen erfolgt eine detaillierte Überprüfung in Bezug auf Genetik, Fruchtbarkeit und Infektionskrankheiten. Entsprechen die Untersuchungsergebnisse den Auswahlkriterien, darf gespendet werden. Übrigens: Die Fruchtbarkeit bleibt trotz Spende gewährleistet.
✏ Für wen geeignet?
Eine Eizellenspende kommt für Frauen, die den 45. Geburtstag bei Behandlungbeginn noch nicht überschritten haben, infrage. Mangelnde Eizellenqualität und -reserve sprechen für eine Spenderzelle.
✏ So läuft die Eizellenspende
Von Geburt an verfügt eine Frau über rund 1 Million Eizellen, diese Zahl, die sogenannte Eizellenreserve, nimmt im Alter kontinuierlich ab. Erfüllt eine potenzielle Spenderin alle Auswahlkriterien, kann gespendet werden. Unter normalen Bedingungen reift monatlich etwa eine Eizelle heran. Die Eierstöcke der Spenderin werden über zehn Tage (zu Hause) sanft stimuliert. Anschließend werden zehn bis zwölf Eizellen aus den Eierstöcken über die Scheide – unter Kurznarkose und schmerzfrei – entnommen.
✏ So läuft die Befruchtung
Ärzte und Biologen der Kinderwunschklinik suchen anhand bestimmter Kriterien (Haar-, Augenfarbe, Gesichtsform, …) die passende Spenderin. Deren Eizellen werden mit den Samen des Partners der Empfängerin befruchtet. Jene Embryonen, die gesund erscheinen, werden nach der Kultivierung (5 Tage) eingefroren, um sie der Empfängerin, deren Gebärmutterschleimhaut medikamentös aufgebaut wird, zum perfekten Zeitpunkt einzusetzen. Die Schwangerschaft gilt als gesichert, wenn 5 Wochen nach dem Embryotransfer eine Herzaktion sichtbar ist.
✏ Kosten
Die Kosten belaufen sich pro Spendezyklus auf rund 7.700 Euro. Eine Unterstützung vom IVF-Fonds ist möglich.
Prä-Implantations-Diagnostik (PID)
„Die Befruchtung erfolgt mit frisch gewonnenen Eizellen, um eine möglichst hohe Wahrscheinlichkeit auf eine Schwangerschaft gewährleisten zu können“, erklärt der Experte. Die Eierstöcke der Spenderin werden sanft stimuliert, ehe nach zehn Tagen zehn bis zwölf Eizellen entnommen werden und die Befruchtung stattfindet. Die gesunden Embryos werden eingefroren und zum passenden Zeitpunkt in die Gebärmutter der Empfängerin eingesetzt. „Weist ein Paar ein hohes Risiko, Erbkrankheiten weiterzugeben, auf, ist die PID eine Option. Im Blastozytenstadium werden dem Embryo Zellen entnommen, die auf genetische Veränderungen untersucht werden. Das Risiko von Fehlgeburten und genetischen Erkrankungen wird so minimiert.“
Wege zum Wunsch-Baby
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Stress vermeiden
Er ist einer der Hauptgegner einer Schwangerschaft, da er den Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht bringt. Nehmen Sie den Druck heraus und gehen Sie entspannt an die Sache heran.
Samenqualität verbessern
Hierbei hilft eine ausgewogene Ernährung. Bei sehr minderer Qualität kann der Samen zudem im Zuge einer Intrauterinen Insemination (IUI) aufbereitet und mittels Schlauch direkt in die Gebärmutter appliziert werden.
Zyklus stabilisieren
Für den Zyklus verantwortlich sind Hormone. Ist der Hormonhaushalt durch Stress oder Fehlfunktionen aus dem Gleichgewicht geraten, gilt es diesen unter Ultraschallbegleitung wieder zu normalisieren.
In Vitro & ISCI
Bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) findet die Befruchtung außerhalb des Körpers im Labor im Glas statt. Anschließend wird die befruchtete Eizelle in die Gebärmutter eingesetzt. Bleibt die Befruchtung erfolglos, stellt die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) eine weitere Möglichkeit dar. Im Labor wird die Samenzelle direkt in die Eizelle injiziert.
Samen- & Eizellenspende
Bleibt die Schwangerschaft ob mangelnder Spermien- oder Eizellenqualität aus, kann auf Spenderzellen zurückgegriffen werden.