Was mache ich bloß falsch? Tipps für einen entspannten Familienalltag mit Kindern.
Unser Kind ist so anstrengend!“, klagen viele Eltern. Streit, Ungehorsam, aggressives Verhalten und Wutanfälle gehören für viele Familien zum Alltag. Hier die notwendigen Nerven zu bewahren, ist kein Kinderspiel. Ein Kind zu erziehen leider auch nicht. Und die heutigen Lebensumstände machen die Sache nicht gerade leichter. Viel zu kleine Wohnungen, welche kaum Möglichkeit zum Spielen und Austoben bieten, optische und akustische Reizüberflutung, die Hektik im Alltag statt gemütliche Stunden mit den Eltern, Fastfood satt Familienessen, Fernsehen und Computer statt Sandkiste und auf Bäume kraxeln, Konsum statt Abenteuer – das alles sind nicht gerade optimale Bedingungen für den kleinen Nachwuchs.
Die beiden Autorinnen, Petra Stamer-Brandt und Monika Murphy-Witt haben in ihrem neu erschienen Buch Das kleine Erziehungs-ABC (GU-Verlag) viele praktische Anregungen für den Erziehungsalltag zusammengestellt. Wir haben hier für Sie die besten zusammengefasst, damit auch Sie typisch schwierige Situationen in Zukunft leichter meistern können.
„Wann sind wir endlich da?“
Meist schallt diese Frage schon wenige Minuten nach der Abfahrt durch den Wagen. Sofort leuchten beim Fahrer alle Alarmlampen auf: Jetzt beginnt wieder das Generve auf dem Rücksitz. Stundenlang angeschnallt still sitzen müssen – für Kinder die reinste Qual. Aber nicht immer lässt es sich vermeiden.
Tipps: Erklären Sie Ihrem Kind, wohin die Fahrt geht, so kann es sich darauf einstellen. Zum Supermarkt dauert es nur Minuten. Wer ans Meer will, muss einen ganzen Tag lang fahren.
Planen Sie bei langen Touren ausgiebige Pausen ein. Etwas essen und sich im Freien bewegen – das tut allen gut.
Nutzen Sie bei kleineren Kindern gezielt Schlafzeiten.
Nehmen Sie Hörbücher und CDs mit auf die Tour. Auch wenn Sie die Geschichten schon auswendig können – Ihrem Kind verkürzt sie die Fahrt. Auch toll: Musik zum Mitsingen.
Immer dieses Chaos!
Jeden Tag das Gleiche: Im Kinderzimmer sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Muss das sein? Die meisten Kinder räumen einfach nicht gern auf. Das ist nicht verwunderlich – denn wer mag das schon?
Tipps: Alles, was benutzt wurde, wird wieder an seinen Platz gebracht. Das gilt für alle Familienmitglieder.
Achten Sie darauf, dass Sie nicht ständig hinter allen herräumen. Mütter sind nicht die Familienaufräumer vom Dienst! Das sollte Ihr Kind lernen.
Sinnvoll ist ein Chaos-Freiraum, der für elterliche Einmischung tabu ist. Das kann eine Ecke im Kinderzimmer sein.
Aufräumen wird leichter, wenn Sie daraus einen Spaß machen: Räumen Sie gemeinsam mit ihrem Kind auf. Machen Sie ein Spiel daraus: Wer ist zu erst fertig?
Kündigen Sie Konsequenzen an, falls ihre Erwartungen nicht erfüllt werden, und bleiben Sie konsequent. Lassen Sie sich auf keinen Handel ein.
Wer ist der Stärkere?
Kennen Sie das? Eine lange Warteschlange vor der Supermarkt-Kassa. Ihr Kind will ein Eis, Sie lehnen ab und ihr Kind wirft sich wütend auf den Boden. Schreit. Wie peinlich! Beim nächsten Mal bekommt Ihr Kind sofort das Eis, denn es hat gelernt, wie es Macht ausüben kann. Sieg auf der ganzen Linie.
Tipps: In jeder Familie gibt es Auseinandersetzungen. Kinder testen naturgemäß aus, welche Rolle sie dabei spielen können. Lassen Sie Konflikte nicht zu Machtkämpfen eskalieren.
Belohnen Sie das Brüllen ihre Kindes niemals! Tobt ihr Kind, gibt es kein Nachgeben, keine Kompromisse, sonst haben Sie für lange Zeit verloren.
Sagen Sie zu sich selbst: Der Trotz meines Kindes hat nichts mit mir zu tun. Ich bleibe ruhig.
Verlassen Sie notfalls den Ort des Geschehens: Lassen Sie Ihr Kind ausschreien – vielleicht in seinem Zimmer. Zu Hause lassen Sie es sich alleine austoben. Gehen Sie in ein anderes Zimmer und atmen Sie tief durch.
Reden Sie mit ihrem Kind. Nach dem Aufruhr braucht es Zärtlichkeit. Nutzen Sie das Kuscheln, um in Ruhe zu fragen: Warum warst du so außer dir? Wie können wir diese Szenen verhindern?
Medien machen Spaß
Das 21. Jahrhundert steht ganz im Zeichen der Medien. Schon Vorschulkinder können Oma eine Zeichnung auf elektronischem Weg schicken oder ein virtuelles Bild wie zum Beispiel auf: www.tuxpaint.org malen.
Ob Sie das nun gut finden oder nicht – Kinderwelten sind heute definitiv auch Medienwelten.
Hand aufs Herz: Wie oft sieht Ihr Kind Ihnen dabei zu, wie Sie mit Ihrem Tablet oder ihrem Smartphone beschäftigt sind? Bestellungen im Internet aufgeben oder mit Ihren Freunden chatten? Was tun Sie sonst noch so in Ihrer Freizeit? Fest steht, dass Ihr Kind von klein auf Zugang zu Computern und neuen Medien haben, ganz spielerisch. Erwiesen ist auch, dass qualitativ hochwertige Computerspiele Reaktionsvermögen, Konzentration, Ausdauer und Kreativität fördern können.
Kann. Denn auch hier gilt: Die Menge macht das Gift!
Tipps: Wichtig ist deshalb immer, dass Sie Ihr Kind nicht allein vor Fernseher oder Computer sitzen lassen. Stattdessen sollten Sie es bei seinen Schritten in die bunte Medienwelt und ins digitale Wunderland tatkräftig unterstützen und dabei am besten immer begleitend zur Seite stehen. Und: natürlich brauchen sie klare Regeln und Grenzen – denn nur so lernen Kinder verantwortungsvoll und behutsam mit der Technik umzugehen.
Mir ist so fad, ich hab keine Idee!
„Mir ist so langweilig, ich weiß nicht, was ich tun soll.“ – Sätze, die viele Eltern Nerven kosten. Oft hängen schon kleine Kinder gelangweilt herum. Oder machen Unsinn. Eltern sind ratlos: Das Kind hat doch alles! Aber Spielzeugberge sind hier nicht die Lösung. Ständige Termine und Aktionen überbrücken nur kurzfristig die Leere.
Tipps: Beim Spielzeugkauf gilt: Weniger ist mehr. Kaufen Sie vermehrt kreative Spielsachen wie Holzbauklötze, Steckfiguren, Baukästen, Holzperlen-Sets, Bastelzubehör und Malsachen.
Geben Sie Ihrem Kind Aufgaben. Lassen Sie es Blumengießen, Staubsaugen, Nägel in ein Brett schlagen. Echte Geräte sind interessanter als die Spielzeugversion.
Schaffen Sie Raum für Bewegung. Richten Sie eine „Tob-Ecke“ mit Matratzen, Decken und Polstern ein und lassen Sie ihr Kind so oft wie möglich draußen spielen, auch wenn es regnet oder schneit.
Artikulieren statt jammern
Manche Kinder können das wirklich gut. Mit weinerlicher Stimme den anderen zur Weißglut bringen. Rasch erfüllen genervte Mamas und Papas hier alle Wünsche ihrer quengeligen Kleinen. So lernen Kindern ihre „Waffe“ zielgerecht einzusetzen. Alle springen, weil das Gequengel nicht auszuhalten ist. Keiner traut sich, dem Jammern konsequent ein Ende zu setzen.
Tipps: Beginnt Ihr Kind zu quengeln, fordern Sie es sofort unmissverständlich auf, seinen Wunsch in vernünftigem Ton vorzutragen.
Machen Sie ihm in ruhigem Ton deutlich, dass das Quengeln Sie wütend macht und Sie keine Lust haben, darauf einzusteigen.
Fragen Sie sich mal selbst: Gebe ich immer zu schnell nach, wenn mein Kind quengelt? Können Sie selbst ihre eigenen Wünsche ausdrücken und artikulieren oder neigen Sie dazu zu jammern?
Der Umgang mit Aggressionen
Ihr Kind ist ein kleiner Rowdy, der bei Kleinigkeiten ausrastet? Auf andere losgeht, schlägt, kratzt und vielleicht sogar beißt? Hinter der wilden Fassade steckt sicher kein bösartiges, sondern ein hilfloses Wesen. Kinder entdecken mit drei oder vier Jahren eigene Interessen und Bedürfnisse - wie sie die am besten durchsetzen können, wissen sie jedoch noch nicht.
Tipps: Zeigen Sie, dass Sie Gewalt ablehnen. Beißen, schlagen und kratzen ist verboten. Loben Sie gutes Benehmen. Schimpfen und strafen Sie nicht. Handeln Sie dafür konsequent. Wer andere mit Sand bewirft, der darf nicht mehr mitspielen.
Buch-Tipp: „Das kleine Erziehungs-ABC. Von Angst bis Zorn“, erschienen im GU-Verlag von den Autoren Petra Stamer-Brandt und Monika Murphy-Witt. Um 13,40 Euro z. B. bei Thalia.