Umwelthygieniker Neuberger: "Bin nicht für Polizeikontrollen bei Jugendlichen"
Bei den von Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) genannten Restriktionen rund um das Rauchen und Jugendliche sollte es laut dem Wiener Umwelthygieniker Manfred Neuberger, Spitzenrepräsentant der Ärzteinitiative gegen Raucherschäden, speziell um die Kontrolle des bestehenden Alterslimits für den Verkauf von Zigaretten und dessen Anhebung auf 18 Jahre gehen.
Erfolgsstrategie in Deutschland
"Mir geht's um das Verkaufsverbot und die Kontrolle der Verkäufer von Zigaretten. Ich wäre schon froh, wenn man das in Österreich bestehende Verkaufsverbot an unter 16-Jährige kontrollieren und Verstöße bestrafen würde. Die Anhebung der Altersgrenze auf 18 Jahre ist auf jeden Fall sinnvoll. In Deutschland konnte dadurch die Raucherquote unter den Jugendlichen signifikant herunter gebracht werden", sagte Neuberger.
Der Experte betonte, dass die Behörden in anderen Staaten, in denen es schon längst ein Alterslimit für den Erwerb von Zigaretten und Tabakwaren etc. von 18 Jahren gebe, viel schärfer gehandelt werde. "Wenn dort ein 'Mystery Shopper' entdeckt, dass jemand an einen 17-Jährigen Zigaretten verkauft, gibt es eine Strafe, im Wiederholungsfall wird sie verdoppelt. Beim dritten Fall ist die Verkaufslizenz weg", sagte Neuberger. Dass bei einem Konsumverbot womöglich die Polizei Jugendliche kontrollieren und bestrafen müsste, schaffe eine unangenehme Situation. "Ich will nicht, dass da Jugendliche bestraft werden."
Aufholbedarf in Österreich
Österreich hätte jedenfalls jede Menge Aufholbedarf, meinte der Umwelthygieniker, der zum Rauchen und zur Rauchbelastung auch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht hat. "Fast alle EU-Mitglieder hoben die Altersgrenze für Zigaretten von 16 auf 18 Jahre an, entsprechend der Menschenrechtskonvention und Artikel 16 des WHO-Rahmenübereinkommens zur Tabakkontrolle. Österreich hat dieses Schutzalter bisher nur bei Solarien und der Verführung zum Glücksspiel beachtet", betonte Neuberger.
An den wissenschaftlichen Fakten sei nicht zu zweifeln, meinte der Fachmann. "Je früher man mit dem Rauchen (oder "Dampfen") beginnt, desto schwerer kommt man später wieder davon los. Eine frühe Inhalation von Nikotinprodukten fördert den Übergang zum regelmäßigen Konsum und zur späteren Dosissteigerung. Das Risiko für Lungenkrebs steigt nicht nur mit der Zigarettenzahl, sondern wird auch umso höher, je früher zu rauchen begonnen wurde. Durch den zunehmend früheren Rauchbeginn ist in Zukunft mit jüngeren Opfern des Tabakkonsums zu rechnen." Herzinfarkte und Schlaganfälle vor dem 40. Lebensjahr träten fast nur bei starken Rauchern auf, die schon früh zu rauchen begonnen hätten.
Verbot von Zigarettenautomaten?
In Sachen Verkaufsverbot von Tabakwaren an Jugendliche gäbe es laut dem Wiener Experten aber auch noch ein anderes Betätigungsfeld für die Politik. Und dieses wären die Zigarettenautomaten. "Da funktioniert die Kontrolle überhaupt nicht. Man müsste die Zigarettenautomaten verbieten", sagte Neuberger. Ein Vorbild könnte auch Ungarn sein. "Da sind die Verkaufsstellen für Tabakwaren auch außen gänzlich ohne Werbeplakate. Da ist an der Tür die Zahl "18" aufgemalt. Wer jünger ist, darf gar nicht hinein."