Belastung mit Ragweed-Pollen dürfte in Europa deutlich steigen.
Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) kann vor allem im Sommer ausgesprochen unangenehme allergische Anfälle inklusive Asthma auslösen. Die Belastung durch solche Pollen dürfte in Europa in den kommenden Jahrzehnten deutlich steigen. Das hat eine Modellrechnung ergeben, an der auch Wiener Wissenschafter beteiligt waren.
Schwere Allergien
Die Studie, die im Rahmen des von der EU geförderten ATOPICA-Projekts (www.atopica.eu) entstand, ist in "Nature Climate Change" erschienen. "Das normale Ragweed ist eine invasive, für Europa fremde Pflanzenarzt, die mit ihren Pollen schwere Allergien bei empfindlichen Personen auslöst", schrieben die Wissenschafter, unter ihnen auch Michelle Epstein von der Universitätsklinik für Dermatologie im Wiener AKH (MedUni Wien) und Franz Essl von der Universität Wien (Botanik/Biodiversitätsforschung).
Ragweed (auch: Traubenkraut) stammt als Unkraut aus Nordamerika und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg offenbar mit Getreidelieferungen auch nach Europa eingeschleppt. Die Pflanzen sind sehr widerstandsfähig. Der Höhepunkt liegt im August und im September. Typisch sind in Österreich auch hohe Belastungen mit Südost-Wetterlagen (Transport der Pollen aus der pannonischen Tiefebene). Spitzenkonzentrationen werden oft erst in der Nacht registriert. Verbreitet ist Ragweed auch in Italien und Frankreich. In den USA reagieren bereits 50 Prozent der Allergiker mit massiven Symptomen auf dieses Unkraut. Fünf Prozent der Österreicher reagieren auf Ragweed allergisch. Eine einzige Pflanze kann bis zu einer Milliarde Pollen pro Saison erzeugen. Die Pollen verbreiten sich über Distanzen von bis zu 400 Kilometern.
Viermal höhere Belastung
Die Wissenschafter unter Lynda Hamaoui-Laguel vom staatlichen französischen Klima- und Umweltforschungsinstitut in Gif sur Yvette haben für die Zeit bis 2050 Modellrechnungen über die Verbreitung von Ragweed durchgeführt. Das Hauptergebnis, wie die Autoren schreiben: "Wir schätzen, dass die Konzentration der Ragweed-Pollen im Jahr 2050 (während der Blühphase; Anm.) viermal höher sein wird als derzeit. Die Bandbreite liegt zwischen dem Doppelten und dem Zwölffachen."
Es wird sehr problematisch sein, diese Entwicklung zu verhindern. "Wenn sich Ragweed einmal etabliert hat, ist es sehr schwierig, die Pflanze auszurotten. Die Samen überleben lang. Mäht man Ragweed ab, wächst es nach. Es können auch Resistenzen gegen Herbizide entstehen. Unsere Resultate deuten darauf hin, dass es zunehmend schwierig sein wird, die derzeitige Ragweed-Invasion in Europa zu kontrollieren. Die Umweltbedingungen werden für die Pflanze besser. Man würde in der Zukunft regional koordinierte Ausrottungsprogramme benötigen", wurde Jonathan Storkey, ein Pflanzenökologe des an der Studie beteiligten britischen Rothamsted-Agrarforschungszentrums, in einer Aussendung zitiert.
Verschleppung der Samen
Zu einem Drittel dürfte die weitere Verbreitung von Ragweed in Europa durch Verschleppung der Samen erfolgen. "Die restlichen zwei Drittel sind auf den Klimawandel und auf Änderungen der Landnutzung zurückzuführen. Beides wird das Habitat für Ragweed in Nord- und Osteuropa ausweiten", schrieben die Autoren. Der Anstieg der Konzentration von CO2 in der Luft führe ebenfalls zu mehr Pollenproduktion bei den Pflanzen. Fazit: "Mit dem Anstieg der Pollenkonzentration in der Luft dürfte das Neuauftreten und die Häufigkeit von Ragweed-Allergien zunehmen."
Anzunehmen ist, dass die Steigerungen bei der Ragweed-Pollenkonzentration in den kommenden Jahrzehnten stärker in jenen Regionen Europas ist, in denen das Unkraut bisher kaum bis gar nicht verbreitet war. Dies gilt zum Beispiel für Großbritannien, ebenso aber für die kälteren Regionen in Österreich, wo die Pflanze bisher nicht vorkam. Immer wieder hat man in Europa - auch via EU - versucht, durch verschiedenste Maßnahmen bis hin zur Bekämpfungspflicht in Gärten das Ragweed zurückzudrängen. Seit Anfang dieses Jahres gibt es in der EU eigene Verordnung zur Bekämpfung der Pflanzen.