Die rigorose Testung von Covid-19-Verdachtsfällen steht weltweit im Zentrum der Pandemie-Bekämpfung. Wie die Testverfahren funktionieren und warum jetzt große Hoffnung auf den sich in Herstellung befindlichen neuen Antikörper-Tests ruht.
Der Ruf klingt inmitten der globalen Coronakrise überall auf der Welt gleich: Testen! Die tatsächliche Umsetzung dieser Vorgabe stellt die meisten Staaten jedoch vor zahlreiche Herausforderungen. Auch Österreich hinkt den Erwartungen und prognostizierten Kapazitäten derzeit noch hinterher. Um die Verbreitung des Virus SARS-CoV-2 einzudämmen, ist großflächiges Testen das wichtigste Werkzeug und Maßstab für sämtliche durch die Regierung angeordnete Maßnahmen. Doch wie funktioniert die Testung und warum reicht ein Verfahren alleine nicht aus?
Laut Sozialministerium (Quelle: www.sozialministerium.at; Stand Anfang April 2020) werden folgende drei Personengruppen auf eine Infektion getestet:
1. Personen mit akuten Symptomen einer respiratorischen Infektion ohne plausible Ursache, die in den 14 Tagen vor Auftreten der Symptome in einer Region mit anhaltender SARS-CoV-2-Übertragung (=Risikogebiet) waren.
2. Personen mit jeder Art von Symptomen einer respiratorischen Infektion, die in den 14 Tagen vor Auftreten der Symptome Kontakt mit einem behördlich bestätigten CoV-2-Fall hatten.
3. Personen, bei denen aufgrund des klinischen Zustandsbilds und der ärztlichen Einschätzung eine Covid-19-Diagnostik veranlasst wird, unabhängig von der Reiseanamnese und/oder Aufenthalt in Risikogebieten.
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So funktioniert der PCR-Test
Zurzeit werden in Österreich von offizieller Stelle ausschließlich sogenannte PCR-Tests durchgeführt. (Die Abkürzung steht für Polymerase-Kettenreaktion, von engl. Polymerase-Chain-Reaction.) Sie gelten als die sicherste Methode, um eine zum Testzeitpunkt aktive Infektion festzustellen. Dazu wird ein Rachen-, Mund- oder Nasenabstrich entnommen. Im Labor wird dann das Genmaterial aus der Probe vermehrt, um nach Erbgut des Coronavirus SARS-CoV-2 zu suchen. Ist dieses vorhanden, besteht also eine Infektion. Vom Eintreffen der Probe im Labor bis zum Ergebnis dauert es im optimalsten Fall 90 Minuten, in der Praxis aber meist länger, abhängig von Kapazitäten und Laborsystem. Der Nachteil: Der PCR-Test kann keine Information darüber geben, ob eine Infektion schon überstanden wurde. Da viele Ansteckungen symptomarm oder gar symptomfrei verlaufen, werden sie oft nicht getestet und erkannt. Es ergibt sich eine womöglich hohe Dunkelziffer an Infizierten und schon wieder Genesenen, die nicht in der Statistik aufscheinen. Genau hier soll ein neuer Antikörper-Test helfen, der momentan in Arbeit ist.
Knackpunkt Dunkelziffer
Mithilfe eines neuen Verfahrens, das der Österreicher Florian Krammer, der an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York forscht, entwickelt hat, wird an der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) ein neuer Antikörper-Test hergestellt. Mit diesem Testverfahren kann bestimmt werden, ob eine Person bereits Antikörper gegen SARS-CoV-2 produziert. „Der bisher eingesetzte PCR-Test sagt nichts darüber aus, ob jemand die Erkrankung bereits durchgemacht hat und damit immun gegen Corona ist“, betont Univ.-Prof. Dipl-Ing. Dr. Reingard Grabherr, Leiterin des Departments für Biotechnologie an der BOKU, in einer Aussendung an die Medien. Ein Antikörpertest würde ebendiese Fälle aufzeigen und somit Aufschluss über die Dunkelziffer im Land geben – ein entscheidender Faktor! Denn nach statistischen Hochrechnungen müssen sich 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung infiziert haben, bevor die Pandemiewelle von alleine, also ohne Impfung, zum Stillstand kommt. Auch kann so für Menschen mit nachgewiesenen Antikörpern und infolge Immunschutz Entwarnung gegeben werden. „Diejenigen, die nicht mehr krank sind und Antikörper haben, können nicht mehr angesteckt werden und den Virus auch nicht mehr übertragen – und daher vorbehaltlos wieder in Kontakt zu anderen treten und an ihren Arbeitsplatz, in die Spitäler, Geschäfte usw. zurückkehren. Besonders wichtig ist es, Ärzte und Pflegepersonal zu testen“, so Univ-Prof. Grabherr.
So funktioniert der Antikörper-Test
Antikörper-Tests beruhen auf dem Prinzip, jene Immunreaktion im Blut (=Bildung von Antikörpern) nachzuweisen, die nach der Infektion an einem neuen Erreger entsteht. Bei Schnelltests ist das Funktionsprinzip folgendes: Auf einer Membran ist ein bestimmtes Protein oder ein Bestandteil des Proteins aufgebracht, an dem spezifische Antikörper andocken. Blutserum des Infizierten – bei Schnelltests soll ein Tropfen aus der Fingerkuppe reichen – wird auf diese Membran aufgebracht. Sind Antikörper vorhanden, binden sie an dem Protein. Eine hinzugefügte Farbmarkierung lässt einen positiven Antikörper-Nachweis leicht auslesen. Ein solcher Schnelltest ermöglicht das Auslesen des Ergebnisses binnen weniger Minuten. Laut Österreichischer Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin sind viele derzeit bereits am Markt befindliche Antikörpertests nicht ausreichend klinisch validiert. Für eine breite Anwendung müssen die Tests jedoch sehr verlässlich sein. Dies soll durch jene, die jetzt an der BOKU entwickelt werden, gewährleistet werden.
Dauer der Immunität ungewiss
„Aller Voraussicht nach ist man nach Ansteckung mit dem Sars-CoV-2-Virus mindestens ein paar Jahre lang vor einer erneuten Infektion geschützt“, zitiert die APA Thomas Kamradt, den Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Genau sagen lasse sich dies jedoch noch nicht, da zuverlässige Antikörper-Tests noch nicht verfügbar sind. Auch Langzeituntersuchungen sind ob der Neuartigkeit des Virus SARS-CoV-2 noch nicht möglich. Ungewiss ist also, von welcher Dauer die wahrscheinlich entstehende Immunität ist. Zum einen spielt die Mutationsgeschwindigkeit des Virus hierbei eine Rolle, zum anderen die individuelle Konzentration der Antikörper im Blut, auch „Titer“ genannt. Noch weiß man nicht, wie rasch diese Konzentration und damit die Immunität sinkt.
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