Menschen die unter der sogenannten Anosmie leiden können nichts riechen: Kein Parfüm, keine Essensdüfte, kein frisch gemähtes Gras, auch keine unangenehmen Gerüche wie Schweiß oder angebranntes Essen. Gefährlich wird die Anosmie aber dann, wenn beispielsweise etwas unbemerkt in Brand gerät.
Auch Mirjam Bach, eine 21-jährige Hamburgerin, die von Geburt an an der Krankheit leidet, machte diese Erfahrung, als sie ihre Reisetasche einmal zu nah an der Heizung abstellte und anschließend einschlief. Nur weil ihre Mitbewohnerin den beißenden Geruch der versengten Tasche bemerkte, konnte ein größerer Schaden verhindert werden. Seit der Geburt ihres kleinen Sohnes hat Bach Rauchmelder in der Wohnung installiert.
Mirjam Bach gehört zu den wenigen Menschen, deren Anosmie angeboren und genetisch bedingt ist. "Dieser Fall kommt nur bei einem von 8000 Menschen vor, und dann meistens bei Mädchen und Frauen", sagt Prof. Thomas Hummel von der Universitätsklinik Dresden. Bei allen anderen Fällen sei die Ursache für die Störung etwa ein Schädel-Hirn-Trauma nach einem Unfall oder eine banale Erkältung.
Auch chronische Entzündungen, Allergien oder eine krumm gewachsene Nasenscheidewand können einige der rund 30 Millionen Riechzellen auf der Schleimhaut entsprechend beschädigen. Zudem kann die Hälfte aller 80-Jährigen nicht mehr riechen, nahezu alle Alzheimer- und Parkinson-Kranken sind ebenfalls betroffen.
Im Fall von Polypen etwa kann der Defekt operativ behoben werden, in allen anderen Fällen gibt es bislang keine Heilungsmethode. Vor einigen Jahren leitete Hummel eine Studie, bei der den Patienten das Diabetiker-Präparat Alpha-Liponsäure verabreicht wurde. Dadurch konnten manche der Patienten zwar kurzfristig wieder etwas mehr riechen. "Aber die dauerhafte Gabe dieses Präparates hat sich leider nicht bewährt, es ist nichts Signifikantes dabei herausgekommen." Derzeit laufe eine Doppel-Blind-Studie mit Vitamin A und dem Antibiotikum Minocyclin. Zumindest bei der Gabe des Vitamins habe sich bislang allerdings noch kein positiver Effekt gezeigt.
Eine Heilungsmethode ganz anderer Art testet Prof. Karl-Bernd Hüttenbrink an der HNO-Uniklinik in Köln. In Riechtrainings schnuppern die Patienten täglich eine Viertelstunde lang an extremen Düften und sollen dadurch ihre Sensibilität wiedererlangen.
Eingesetzt wird dabei auch der Stoff, den Eber während ihrer Brunftzeit absondern und den nur die Hälfte aller Menschen überhaupt riechen kann. Doch genau die Wahrnehmung dieses Geruchs könne auf Dauer trainiert und dadurch der Geruchssinn wiederhergestellt oder zumindest verbessert werden. "In unserer Vorläufer-Studie haben wir schon ganz beachtliche Erfolge erzielt", betont Hüttenbrink. Manchem Betroffenen könnte das in Zukunft zu ganz neuen Sinneseindrücken verhelfen.