Dorfers "bisjetzt"

Winnetou stirbt an Leberzirrhose

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Das neue Programm "bisjetzt“ von Alfred Dorfer startete im Akademietheater.

"Optimismus ist eine Form von Informationsmangel.“ Und: "Das Gegenteil von denken ist positiv denken.“ In seinem neuen Programm bisjetzt – teils Halbzeitbilanz, teils Resümee seiner besten Stücke und Rollen (fremd, Alles Gute, Indien) – denkt Alfred Dorfer mit melancholischer Unerbittlichkeit: Er schildert die Kindheit im Gemeindebau, aus dem später "Diebe, Räuber und Immobilienmakler hervorgegangen sind“. Er erinnert sich an die Karl-May-Lektüre und den kindlichen Wunsch, dass Winnetou überleben möge – was ihm einen langsamen Tod "an Leberzirrhose in einem Apachen-Reservat“ beschert hätte. Dorfer erzählt von den ersten erotischen Andockmanövern: "Das Gemeinsame an Mann und Frau ist, dass man nichts voneinander weiß.“ Er streift in seiner Retrospektive die "charakterbildende Organisation Bundesheer“, die philosophische Mode des dialektischen Denkens ("Einer sagt ja, der andere na, die Synthese heißt na ja“), den politischen Aktionismus ("wir töpfern gegen Rechts“), die Erosion der Sozialdemokratie (Badeschluss im Arbeiterstrandbad) und die Vorzüge seines Heimatlandes im Generellen: "Wir haben einen Vorteil gegenüber den Deutschen – wir sind weniger.“ Und: "Für uns gibt es nicht nur Gut und Schlecht, Yin und Yang, sondern auch Wurscht. Das haben wir den Chinesen voraus.“

Entertainer
Dass dieser messerscharfe Pessimismus, dieses passioniert negative Denken, nicht schwerfällig, sondern leichtfüßig daherkommt, ist Dorfers fast schwebend-leichter, die ganze Bühne einnehmender Entertainerpotenz zuzuschreiben, die das Publikum von der ersten Sekunde an in Beschlag nimmt. Seine Stammmusiker Günther Paal, Peter Herrmann und Peter Scherpe unterstützen ihn dabei aufs Köstlichste. – Großartig.

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