Memoiren

Atwood: Ihre besonderen Leben

Die große Schriftstellerin hat Memoiren veröffentlicht.

Die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood wurde einem (noch) größeren Publikum bekannt, als ihr bereits 1985 erschienener dystopischer Bestseller Der Report der Magd 2017 als Serie verfilmt wurde. Diese wichtige, kluge literarische Stimme auf ein einzelnes Werk zu reduzieren, kann Atwood nicht gerecht werden. Die 83-Jährige wird seit Jahren als Favoritin auf den Literaturnobelpreis gehandelt; sie hätte ihn mehr als verdient für ihre kritischen, sprachlich ausgefeilten Werke.

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Große Ehrungen für Atwood

Sozialkritisch. Atwood wurde in der Vergangenheit mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und sogar schon zweimal mit dem renommierten Booker Prize geehrt. Ihre Werke, die sich oft sozialkritisch mit Gesellschaftsformen auch in Hinblick auf Frauen auseinandersetzen, siedelt sie im Genre der Speculative Fiction an. Nun hat die Autorin mit Book of Lives so etwas wie Memoiren veröffentlicht, die auch diesen Untertitel tragen. Dass es keine trockene Abhandlung eines Lebens ist, merkt man gleich auf den ersten Seiten. Denn Atwood hat Witz, Verve und möchte auch mit der einen oder anderen Gestalt ihrer Vergangenheit abrechnen. Der Titel des Buches referenziert übrigens darauf, dass Schriftsteller:innen viele Leben haben sollen; sie wandeln auch immer durch ihre eigenen Geschichten, sind tief mit ihnen verbunden.

In diesem Sinne hat Atwood viele besondere Leben angehäuft. Und ebenso Rollen, in die sie besonders zu Anfang ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin gedrängt wurde. Sie schreibe wie ein Mann lautete ein zweifelhaftes Kompliment einst, dem sie mit „Ich schreibe, wie man schreibt“ konterte, oder Haare und Augen wurden gleich stärker in Kritiken hervorgehoben als ihr Schreiben. Wir wünschen uns noch eine Rolle: Die der Nobelpreisträgerin.

Abenteuerroman, vergangene Zeiten und Biografie - mehr als ein Buch 

Margaret Atwoods Wirken war immer auch von Feminismus geprägt. Einerseits, weil sie sich in ihren Werken mit der Rolle von Frauen auf kluge Weise auseinandersetzte, andererseits, weil sie, wie links ausgeführt wird, immer wieder in eine gewisse Rolle gedrängt wurde. Ihr Book of Lives ist viel mehr als eine Biografie, es ist auch ein Buch über das Schreiben.  Es illustriert, wie Erlebnisse, bestimmte Orte und Dinge - oft aus der Kindheit - Einzug in Atwoods Texte gefunden haben. So erzählt Atwood zum Beispiel, dass die fiese Figur der Cordelia aus Katzenauge tatsächlich eine echte Person als Vorlage hatte. Atwood gibt diese Information preis, weil die Frau und ihre engste Familie nicht mehr lebt und sie aufzeigen wollte, wie fies kleine Mädchen untereinander sein konnten. Sie schildert aber auch unbeschwerte Zeiten in der Natur oder den Tod ihrer Mutter. Somit hat dieses Buch vieles zu bieten: Geschichten aus vergangenen Zeiten - Atwood lässt die Eigenheiten der 50er, 60er, 70er und 80er eindrucksvoll auferstehen. Ein größerer Kontext zu ihren Geschichten wird auch geboten und nicht zuletzt wird eines einmal mehr deutlich: Margaret Atwood ist eine fantastische Erzählerin. Ob sie nun ihr eigenes Leben beschreibt oder sich etwas ausdenkt, scheint egal.

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