Buch der Woche

Köhlmeier und die schwierigen Familienbande

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Der Unschuldige und der Abgebrühte - die zwei Figuren in "Frankie". 

Michael Köhlmeier meinte in einem Interview einmal, der erste Satz seines neuen Romans "Frankie" sei ihm vor ein paar Jahren zugef logen. Es sei ein Entree für einen Roman, das einiges erwarten lässt und neugierig macht: "Am Dienstag haben sie Opa entlassen."

Was genau ist damit gemeint: Spital, Arbeit? Schnell wird klar: Opa war im Knast, nicht wegen einer Lappalie. 18 Jahre war er eingesperrt, er wurde nur früher entlassen. Er hat ein Kapitalverbrechen begangen, doch Details dazu erfahren wir Leser nicht. Jedenfalls keine, die mit Sicherheit wahr sind. Denn der Opa, von dem der Enkel den Namen nicht genau weiß, spielt mit seiner Familie, mit Gefühlen. Er ist überhaupt ein richtiger Unsympathler, nennt den Enkel Frankie, obwohl der 14-Jährige das rigoros ablehnt. Er stellt ihn bloß vor Freunden und tut ihm körperlich weh. Frankies Mutter hat Angst vor ihrem Vater, fühlt sich trotzdem verantwortlich.

Große Themen. Köhlmeiers neuer Roman wird von großen Themen durchwirkt: Familie, Erwachsenwerden, Wahrheit, Schuld und liest sich locker und zügig.

Ein Grund dafür: Das Buch ist aus der Sicht des 14-jährigen Ich-Erzählers verfasst. Trotz Leichtigkeit wirkt der Roman lange nach, die Schwere findet sich dann in vielen Fragen, die bleiben. Köhlmeier in Hochform!

Talk: »Mir sind meine Figuren gleichgültig« 

ÖSTERREICH: Für wen haben Sie mehr Sympathien, für den Jungen oder doch für den Großvater?

KÖHLMEIER: Ich habe für alle Figuren Sympathie, anders geht es nicht. Besser gesagt: Mir sind meine Figuren gleichgültig. Aber wörtlich gemeint: Sie gelten mir alle gleich viel. Wenn eine Figur spricht, hat sie für sich recht. Alles andere wäre Denunziation. Wer seine Figuren denunzieren möchte, der sollte nicht schreiben. Ich hätte auch keine Freude dabei.

ÖSTERREICH: Was ist die Essenz in "Frankie"?

KÖHLMEIER: Es ist die alte Geschichte von der Schönen und dem Biest, von der Unschuld und der Verführung. Frankie entdeckt in sich die eigene kriminelle Energie. Wenn die Unschuld in Erfahrung umschlägt, kommt es zum Kampf.

ÖSTERREICH: Sie sind sehr produktiv und veröffentlichen Ihre Bücher in kurzen Abständen. Wie finden Sie immer wieder Ideen für ein neues Werk?

KÖHLMEIER: Ideen sind es nicht. Es sind die Figuren. Die kommen oder kommen nicht. Wenn sie kommen, bringen sie eine Geschichte mit, die erzählen sie mir, und ich schreibe mit.
 

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