„Head of Marketing“ Susanne Athanasiadis ist die Stimme der Oper. Im großen MADONNA-Talk verrät sie alles über die spannenden Vorbereitungen des Events des Jahres!
Seit zwei Jahren ist sie die Stimme der Wiener Staatsoper und damit eine der wichtigsten Frauen im von Bogdan Roščić neu geführten ersten Haus am Ring. Als solche fiebert Susanne Athanasiadis (54) dem Opernball, der am 16. Februar sein Comeback feiert, entgegen. Vieles bleibt, wie es immer war – 5.500 Gäste werden eine traumhafte Eröffnung sehen und bis in die Morgenstunden durch den schönsten Ballsaal des Landes tanzen. Neu wird so manches: dezenter Blumenschmuck, weniger Deko, „mehr Oper“ – und keine Ballmutti an der Feststiege, stattdessen ein engagiertes Komitee im Hintergrund. Und: eine solidarische Komponente, die den Ball der Bälle zeitgemäßer machen soll, wie Athanasiadis im MADONNA-Gespräch verrät:
Man ist geneigt zu sagen, Sie seien die „neue“ Marketingchefin der Oper, ebenso wie, dass Bogdan Roščić der „neue“ Operndirektor sei – dabei sind Sie ja bereits seit zwei Jahren hier tätig ...
Susanne Athanasiadis: Vielleicht weil heuer der erste Opernball nach zwei Jahren stattfindet – und auch abseits des Balls jetzt erstmals wieder alles normal auf Schiene läuft und nicht mehr von der Pandemie eingeschränkt ist.
Waren die zwei Jahre Pandemiebremse ein Vor- oder ein Nachteil beim Einarbeiten?
Athanasiadis: Ich glaube, niemand kann die Pandemie als einen Vorteil sehen. Ganz ehrlich: Es hätte nicht schwieriger sein können für uns. Es gab Hürden, sowohl künstlerisch als auch organisatorisch, die man sich gar nicht vorstellen kann. Es gab Tage, an denen wir in der Früh keinen Tenor und keinen Dirigenten hatten, weil sie krank waren. Es musste umbesetzt werden – und dann auch noch die ständig neuen Coronaregeln, die man den Kund:innen ja auch kommunizieren und verständlich machen musste. Man kann sagen: Es war wirklich eine Feuertaufe.
Sie haben Ihre Selbstständigkeit für diesen Job aufgegeben – warum haben Sie sich diese große Aufgabe zugetraut?
Athanasiadis: Ich habe ja ursprünglich als Agentur für die Oper gearbeitet und war als Externe maßgeblich an der gesamten Kommunikation zum Amtsantritt des Direktors beteiligt. Im September 2020 wurde dann entschieden, dass man die Abteilung Marketing und Kommunikation, die zunächst auch das Sponsoring beinhaltete, teilt, weil der gesamte Bereich einfach viel zu umfassend ist. Den Bereich Marketing und Presse habe ich dann übernommen, ein Kollege das Sponsoring. Aber ich habe mit meinem Chef vereinbart, dass ich zunächst zwei Monate Bedenkzeit habe und weiter als Externe die Bereiche leite. Das war eine unfassbar intensive Zeit, in der ich viel gelernt und mich Tag und Nacht reingetigert habe. Nach den zwei Monaten war ich dann an Bord des großen Tankers, auf dem wir jetzt alle unterwegs sind.
Was macht Roščić zum Richtigen für die Direktoren-Position?
Athanasiadis: Erstens ist er so im Thema durch die Jahrzehnte, die er in der Klassik-Branche gearbeitet und mit den Größten der Szene fantastische Produktionen gemacht hat. Zudem hat er ein unglaubliches Interesse, Wissen und Liebe für diese Branche. Und er hat in der Corona-Zeit bewiesen, was es heißt, wenn man sich nicht zurückzieht und aufgibt, sondern sagt: Jetzt erst recht! Alleine das macht ihn schon outstanding.
Nun steht Ihr erster Opernball vor der Tür. Mit welchem Gefühl gehen Sie in Richtung 16. Februar?
Athanasiadis: Es ist sehr aufregend. Der Opernball ist der Mount Everest der vielen Aufgaben hier im Haus. Man hält gar nicht für möglich, an wie vielen unterschiedlichen Ecken da gearbeitet werden muss. Es gibt so viel zu bedenken – und bis dahin auch noch noch so vieles zu tun. Also ich habe richtig Herzklopfen.
Der Direktor auch?
Athanasiadis: Ich weiß nicht, ob er aufgeregt ist, aber ich weiß, dass er sich jetzt schon darauf freut. Er war ja ein bisschen ein Ballmuffel, aber ich glaube, jetzt hat ihn das Opernballfieber auch gepackt.
Sie haben ja u.a. als Neuerung eingeführt, dass es anstatt einer „Ballmutti“ ein Komitee gibt. Wer steht an der Feststiege?
Athanasiadis: Niemand. Die Gäste werden ins Haus strömen, was hoffentlich auch zur Folge hat, dass nicht wie sonst ein riesiger Stau entsteht. Erst wenn die Feststiege für die Regierung gesperrt wird, wird der Direktor kommen und die Regierung und den Bundespräsidenten persönlich begrüßen.
Das Komitee besteht aus Frauen. Zufall?
Athanasiadis: Wir haben nicht gezielt gesagt, dass es ein reines Frauenkomitee sein soll. Wir hatten eine lange Liste und haben mit vielen Expert:innen aus dem Eventbereich gesprochen. Wir wollten Leute dabeihaben, die wirklich operativ tätig sind – und sind sehr glücklich, mit Maryam Yeganehfar und Birgit Reitbauer zwei Vollprofis für die Gestaltung der Räume und der Gastronomie gewonnen zu haben. Man kann ihnen nicht genug für ihren unfassbaren Einsatz danken, den sie ja völlig ehrenamtlich leisten. Dieses Herzblut für eine Sache ist vielleicht schon etwas typisch Weibliches. Ich will nichts pauschalieren, aber ich denke, viele Frauen sind bei der Arbeit mehr an der Sache orientiert als daran, selbst gut dazustehen. Auch mein zwölfköpfiges Team besteht hauptsächlich aus Frauen – weil sie einfach viel mehr Biss hatten als ihre männlichen Mitbewerber.
Zurück zum Ball – wäre es in Krisenzeiten wie diesen nicht angebracht gewesen, den Opernball abzusagen?
Athanasiadis: Dass der Ball stattfindet, ist ja nicht die Entscheidung der Oper, sondern steht im Bundestheaterorganisationsgesetz. Wir haben uns allerdings schon im Sommer die Frage gestellt, wie man in Zeiten, in denen sich etwa die Zahl der Sozialmarktkäufer:innen verzehnfacht hat, ein solches Event abhalten kann. So kam es zu der, wie ich finde, sehr schönen Idee, einen Solidaritätsbeitrag zugunsten der Initiative „Österreich hilft Österreich“ zu leisten. Ich gehe davon aus, dass da einige hunderttausend Euro gespendet werden können, und ich denke, dass das unseren Opernball zu einem sehr zeitgemäßen macht.