Sie war "Die Frau vom Checkpoint Charlie" und spielte in "Neger, Neger, Schornsteinfeger" die Hauptrolle. Veronica Ferres (44) hat als Schauspielerin Erfahrung mit historischen Frauenschicksalen. In ihrem neuen Film "Unter Bauern" (ab Freitag im Kino) geht es um die Jüdin Marga Spiegel, die sich von 1943 bis 1945 mit ihrer Tochter im Münsterland vor den Nazis versteckte und heute 97 Jahre alt ist.
Als Ferres das Vorbild für "Unter Bauern" kennenlernte, hatte sie weiche Knie, wie die Schauspielerin im Gespräch mit der dpa und anderen Medien in Berlin sagte. Ihre Gedanken vorher: "Was ist - du hast sie doch schon so lieb gewonnen - was ist, wenn das jetzt eine Frau ist, die ganz anders ist als du erwartest hast? Oder wenn sie ganz bös' ist und verbittert, was man ja auch hätte verstehen können?"
Heute sind die beiden befreundet. Von Spiegel, die in einer "Studentenbude" lebt, schwärmt Ferres. "Wenn Sie ihre Hände sehen, was die für manikürte, feine Hände hat mit 97! Das ist unfassbar, wie die Frau sich pflegt." Die alte Dame habe immer die modernsten Designerklamotten an, sei sehr modern, habe viele junge Freunde und Freundinnen, viele kämen zu ihr, um von ihr zu lernen. "Sie hat mich einfach zutiefst beeindruckt."
Dass Ferres eine Tochter hat, hat ihre Sicht auf die Rolle mitgeprägt. "Mein Muttersein hat für mich privat so viel verändert und solche Prioritäten verschoben und so andere Dimensionen eröffnet, dass es sicherlich eine andere Bedeutung für mich hat, wenn ich jetzt eine Mutter spiele als früher." Wenn sie nicht so alt wäre, könnte sie sich "sofort" vorstellen, noch einmal Mutter zu werden. "Ich glaube, es ist zu spät." Also gibt es keinen weiteren Nachwuchs mehr? "Frag' mal den lieben Gott da oben. Ich weiß es nicht."
Dass sie als Quotenbringer und Zugpferd gilt, sieht Ferres differenziert. "Ich sage nicht, wenn ich mitmache, kommen die anderen auch. Aber wenn die anderen sehen, dass ich da spiele für eine Gage, für die die anderen auch sonst nie spielen würden, dann sagen die, Moment, wenn die das macht, dann machen wir das auch. Dann ziehen wir doch alle an einem Strang."
Mit Marga Spiegel hat Ferres auch über das Älterwerden gesprochen. "Ich habe ihr eine konkrete Frage gestellt, weil mein Vater im November 80 wird und jetzt Wehwehchen hat, die uns belasten. Dann habe ich Sie gefragt: Marga, wie machst du das mit 97? Und sie hat gesagt: Weißt du, Veronica, ich vergeude doch nicht meine Zeit damit, dass ich über das jammere und dem nachtrauere, was ich alles nicht mehr kann. Sondern ich freue mich jeden Tag daran, was ich kann." Für Ferres ist das "ein großartiger Satz". Sie denke jeden Tag daran, weil man das auf soviel übertragen könne. "Weil wir ja alle immer den Hals nicht voll kriegen."
(Das Gespräch führte Caroline Bock/dpa)