Das aus südlichen Ländern so bekannte „süße Leben“ ist weit mehr als ein Urlaubsgefühl, Olivenöl und Siesta. Es ist eine Lebensphilosophie, die auch wir verinnerlichen sollten – wie Bestseller-Autor Alexander Oetker, „Genießer von Beruf“, in seinem neuen Buch erklärt.
In Zeiten von Leistungsdruck, Dauerstress und Selbstoptimierung klingt es wie eine Fata Morgana: das süße Leben, La Dolce Vita. Doch Alexander Oetker, Journalist, Frankreich-Korrespondent und Feinschmecker, zeigt in seinem neuen Buch „Es kann so schön sein, das Leben“, dass dieses Lebensgefühl nicht nur im Süden Europas funktioniert.
Das Leben ist schön – und das nicht nur im Urlaub. La Dolce Vita kann man auch hierzulande leben.
Die Glückprinzipien sind auch zu Hause anwendbar
Es ist übertragbar! „Braucht es Palmen oder weißen Sandstrand, eine Pergola mit wildem Wein und zirpenden Zikaden am Abendhimmel? Oder sind die Glücksprinzipien des Lebens universell anwendbar?“, fragt Oetker. Die Antwort gibt er selbst – anhand eigener Erfahrungen und berührender Begegnungen aus Italien, Portugal, Griechenland, Frankreich und Zypern. Hier die besten Tipps für ein leichteres Leben:
1. Geben ohne zu rechnen
Im Süden gilt: Eine Hand wäscht die andere. Nicht aus Pflicht, sondern aus Herzenswärme. „Da gibt man und erwartet erst mal gar nichts von seinem Gegenüber.“ Freundlichkeit und Hilfe werden nicht sofort aufgerechnet. Das Vertrauen, dass alles im Leben zurückkehrt, schafft emotionale Freiheit – und funktionierende Gemeinschaft. Tipp: Sei großzügig, auch wenn du keine Gegenleistung erwarten kannst. „Das Leben ist lang, und es findet sich immer eine Gelegenheit, ein gutes Wort oder eine gute Tat zurückzugeben.“
2. Bewegung als Lebensweise, nicht als Pflicht
In den sogenannten „Blue Zones“, etwa auf Sardinien oder Ikaria, bewegen sich Menschen täglich – nicht weil sie Sport machen, sondern weil ihr Alltag Bewegung verlangt. Ob Oma Maria in Carvoeiro, die steil zum Markt läuft, oder zypriotische Senioren, die morgens am Meer spazieren: Sie tun es aus Sinn – nicht aus Zwang. Tipp: Gehe! Jeden Tag. Und: „Vergessen Sie Schritte-Apps – gehen Sie einfach.“
3. Flanieren statt Rasen
Ob in Paris oder Palermo: Wer geht, beobachtet. Wer geht, lebt langsamer – und bewusster. Das Stadtbild, die Menschen, das Licht – alles entfaltet sich erst beim Gehen. Tipp: „Spazieren ist spürbare Achtsamkeit – gesund für mein Inneres wie auch für mein Äußeres.“
4. Essen ist mehr als Ernährung – es ist Gemeinschaft
Im Süden ist Essen Ritual. Lange Tafeln, viele Gänge, viel Gespräch. Nicht das Kalorienzählen zählt, sondern das gemeinsame Genießen. Tipp: Essen Sie niemals im Gehen und niemals im Stehen. Essen Sie im Sitzen, an einem richtigen Tisch, vielleicht sogar mit einer weißen Tischdecke, eine schöne Holzplatte tut es auch. Verzichte auf starre Essenszeiten. Iss mit Appetit – und mit anderen.
5. Die Kunst der Pause: Siesta, Café, Apéro
In Spanien schläft man mittags. In Frankreich beginnt der Abend mit dem Apéro. Diese Rhythmen geben dem Tag Struktur – und Genuss. Tipp: Baue Rituale ein. Ein Glas Wein am Abend, ein kurzer Mittagsschlaf, ein Spaziergang ohne Ziel.
6. Laut Lieben, leise Glauben
Spirituelles Leben im Süden ist kein großes Tamtam, sondern stiller, aber fester Bestandteil des Alltags. In Griechenland, Italien oder Portugal wird geglaubt – ohne Pathos, aber mit Überzeugung. Man spricht mit Gott, fragt ihn um Rat oder bedankt sich für das Gute. Nicht öffentlich zur Schau gestellt, sondern persönlich, leise und selbstverständlich. Tipp: Du musst kein religiöser Mensch sein. Aber finde deine Form innerer Zwiesprache – sei es ein stilles Gebet, ein Tagebuch, ein kurzer Moment der Stille. Die Gewissheit, nicht alles allein tragen zu müssen, ist heilsam.
Das Buch „Es kann so schön sein, das Leben“ von Alexander Oetker ist im Hoffmann und Campe-Verlag (um 22 Euro bei Thalia) erschienen.
7. Arbeite, um zu leben – nicht umgekehrt
Während im Norden die Arbeit oft identitätsstiftend ist („Was machst du beruflich?“), ist sie im Süden Mittel zum Zweck. Man lebt, um Zeit mit Familie, Freunden, beim Essen oder am Strand zu verbringen – nicht um möglichst viele Überstunden zu sammeln. „Arbeit ist Teil des Lebens – aber nicht das ganze Leben“, so Oetker in seinem Buch. Tipp: Betrachte deine Arbeit als Teil deines Lebens, nicht als deine Identität. Pausen, Freizeit und Genuss sind kein Luxus – sie sind dein Recht.
8. Fürchte nicht das Außen
Der Süden ist ein Ort der Offenheit. Man hilft sich. Man vertraut sich. Selbst wenn man sich nicht kennt. „Großzügigkeit ohne die geringste Erwartung – das ist der Höhepunkt der Gastfreundschaft“, schreibt der Autor. Tipp: Ersetze Misstrauen durch Mut. Sage öfter „ja“, wenn jemand deine Hilfe braucht. Und: Bitte auch selbst um Hilfe, wenn du sie brauchst – das ist keine Schwäche, sondern eine Einladung zur Verbindung.
9. Zieh in den Süden – zumindest innerlich
Natürlich kann nicht jeder in die Provence, nach Apulien oder auf die Kykladen ziehen. Muss man auch nicht. Das Dolce-Vita-Prinzip ist übertragbar. Es beginnt im Kopf – und im Kalender. „Das süße Leben braucht keine Palmen – es beginnt mit einem anderen Blick auf das, was wir schon haben.“ Tipp: Integriere das Dolce Vita in deinen Alltag. Starte den Tag mit Dankbarkeit. Beende ihn nicht mit To-do-Listen, sondern mit einem Glas Wein, einem Lächeln – oder Stille.