In ihrer Predigt nach Trumps zweiter Amtseinführung bat Bischöfin Mariann Edgar Budde ihn um Barmherzigkeit. Wer ist diese mutige Geistliche?
Mit eindringlichen Worten und durchaus publikumswirksam wandte die anglikanische Bischöfin Mariann Edgar Budde sich direkt an den frisch angelobten US-Präsidenten Donald Trump und erinnerte ihn in ihrer Predigt an „schwule, lesbische und transsexuelle Kinder in demokratischen, republikanischen und unabhängigen Familien“, die um ihr Leben fürchten.
Sie sprach auch über illegal eingewanderte Menschen, die hart arbeiten, denen jetzt die Abschiebung droht: „Die große Mehrheit der Einwanderer ist nicht kriminell.“ Am Ende des Gottesdienstes, an dem neben Donald und Melania Trump weitere Familienmitglieder sowie sein Vize J. D. Vance teilnahmen, sagte die Bischöfin der Episcopal Diocese of Washington: „Im Namen unseres Gottes bitte ich Sie, haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben.“
Trump wütend
Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Ihr Ton sei „fies“ gewesen, ihre Aussagen „unangemessen“ und „sehr langweilig und uninspiriert“, attackierte Präsident Trump die 65-Jährige: „Sie ist nicht sehr gut in ihrer Arbeit! Sie und ihre Kirche schulden der Öffentlichkeit eine Entschuldigung.“ Auf seiner Plattform Truth Social polterte er, sie sei eine „radikal linke Trump-Hasserin“. Doch nicht nur vom mächtigsten Mann der Welt hagelte es böse Worte. Man solle Budde auf „die Deportationsliste setzen“, wetterte etwa der republikanische Parlamentarier Mike Collins.

Donald Trump sah weg, als Mariann Budde an ihm vorbeiging. Foto: (c) EPA/WILL OLIVER
Unerschrocken
Einschüchtern lässt Mariann Budde sich weder von Beschimpfungen noch von Drohungen. Die erste weibliche Bischöfin Washingtons spricht sich seit Jahren für Bürgerrechte und Gleichberechtigung aus und kämpft gegen Rassismus. Schon einmal hat sie sich tapfer gegen Trump gestellt. Als er sich während Black-Lives-Matter-Protesten mit einer Bibel in der Hand vor eine Kirche stellte, um diese zu verurteilen, konterte sie. Er nutze christliche Symbole, um eine Botschaft zu verbreiten, die den Lehren der Bibel widerpreche. Sie veröffentlichte drei Jahre später sogar ein 200 Seiten starkes Buch mit dem Titel „How We Learn to Be Brave: Decisive Moments in Life and Faith“, eine Anleitung, wie man tapfer sein kann, wenn es darauf ankommt.
Wohlüberlegt
Leise wird Mariann Edgar Budde auch jetzt nicht werden. Die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen und stolze Oma wird sich weiterhin gegen Hass und Rassismus aussprechen – und gegen den mächtigsten Mann der Welt. Ihre Predigt war nicht unüberlegt. Schon letzten Sommer stand fest, dass sie diese Gelegenheit nutzen will, um über Zusammenhalt zu sprechen. Sie wählte ihre Worte mit Bedacht und überarbeitete die Rede immer und immer wieder, erzählte sie der AP, und sie werde weiterhin für Trump beten.