Grundbesdürfnisse sichern, Prioritäten herausarbeiten. Für psychologische Unterstützung: Bestehende Rufnummern für Menschen mit psychischen Vorerkrankungen verstärkt nutzen.
Um das Leben trotz Coronakrise und den damit zusammenhängenden Einschränkungen möglichst gut meistern zu können, rät der Psychologe Cornel Binder-Krieglstein dazu, den neuen Alltag Schritt für Schritt zu planen. Jeder Einzelne sei gefragt, um auf Strategien zurückzugreifen, von denen man weiß, dass sie Stabilität bringen, sagte Binder-Krieglstein im Gespräch mit der APA. "Wichtig ist - zugleich natürlich aber auch eine Herausforderung -, sich nun in seinem emotionalen Schneckenhaus, in seiner kleinen Umwelt, sich das Leben zu organisieren. Und das kann man sich ja auch schön machen", betonte der Klinische- und Gesundheitspsychologe. Zunächst gehe es um die Organisation zur Befriedigung der Grundbedürfnisse, also zu "planen, was sind die Dinge, die erforderlich sind, um das tägliche Leben zu sichern: Nahrungsmittel, Hygieneartikel, Medikamente", so der Notfallpsychologe. Danach könne etwa mit dem Arbeitgeber geklärt werden, wie die Tätigkeit in den kommenden Wochen organisiert werde.
Strukturiert und achtsam leben
"Wenn diese wichtigsten Punkte geklärt sind, kann man in der Bedürfnispyramide weiter gehen und sich um die sozialen Komponenten kümmern", erklärte Binder-Krieglstein. Dabei könne eine Prioritätenliste helfen, anhand derer man auch herausfinde, was einem eigentlich wichtig sei: Kontakt zur Familie, zu den Freunden etc. Ebenso sollten "Belohnungen für die Einschränkungen" nach Ansicht des Experten nicht zu kurz kommen. Denn gerade jetzt könne man sich das Leben zu Hause schön machen: "ein schönes Bad nehmen, ein gutes Buch lesen, ein aufwendiges Gericht kochen", nennt Binder-Krieglstein als Beispiele. Generell sei es gut, den eigenen Persönlichkeitstyp zu kennen: "Brauche ich einen sehr strukturierten, organisierten Tagesablauf oder lasse ich den Tag eher auf mich zukommen?" Dementsprechend würden sich auch die individuellen Strategien ableiten. Generell gelte: "Was mir früher gut getan hat, tut mir auch jetzt gut."
Hotlines für psychologische Unterstützung
Jene, die schon vor Ausbruch des Coronavirus mit Angststörungen, Depressionen oder sonstigen psychischen Vorerkrankungen konfrontiert waren, treffen die nun ergriffenen Maßnahmen noch stärker. Da etwa auch psychologische Ambulanzen geschlossen sind, bedeute das für viele den Wegfall von essenzieller Tagesstruktur bzw. "zentralen, orientierungsgebenden Einrichtungen". Abhilfe könnten hier bereits bestehende Hotlines schaffen. "Es gibt schon viele gute Angebote", so Binder-Krieglstein unter Verweis auf die "Kummer Nummer" (0800 66 99 11), die Telefonseelsorge (142) sowie "Rat auf Draht (147). Schon in den vergangenen Tagen sei ein "Anstieg von Nervosität bei den Rufnummern" zu spüren gewesen. "Da merken wir sehr hohe Nervosität", vor allem bei Menschen mit chronischen und psychischen Vorerkrankungen, schilderte der Psychologe.