Dagmar Koller im Talk

"Sie ist ganz friedlich eingeschlafen"

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Trauer. Am 8. Mai starb Kollers Mutter Mariella. Am 16. wurde sie beerdigt. "Habe Abschied nehmen können." (c) Erich Reismann

Sie konnte noch ihren geliebten Nachmittagstee trinken. Sogar eine kleine Jause hat Mariella Koller
(† 96) noch zu sich genommen, bevor sie am Donnerstag, dem 8. Mai, ganz still und sehr friedlich aus dieser Welt schied. "Ich war zehn Minuten vorher noch bei ihr", berichtet Dagmar Koller "und konnte mich von ihr verabschieden."

Übergang

Im offenen Interview mit MADONNA spricht Koller (68) sanft und demütig über den "schönen Übergang" ihrer Mutter. Über die Totenwache, die sie gehalten hat und warum das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter
dennoch ein "gestörtes" war.

Liebe Frau Koller, unser Beileid zum Tod Ihrer Mutter.
Dagmar Koller:
Vielen Dank. Doch wenn es auch ein großer Verlust für mich ist, so ist es doch für meine Mutter eine Gnade, dass sie gestorben ist. Sie müssen sich vorstellen: Ich bin die letzten 15 Jahre
jeden Samstag bei ihr im Pensionistenheim auf der Hohen Warte gesessen. Zum Schluss habe ich sie sogar zwei bis drei Mal täglich besucht. Und nur, weil sie dort so gut gepflegt wurde – als Mutter von Dagmar Koller wurde sie natürlich besonders gut behandelt – hat sie so lange überlebt. Sie hatte ein starkes Herz. 1996 hat sie sich den Oberschenkel gebrochen; von da an ging es bergab, weil sie nicht mehr wollte.

Woran habe Sie das gemerkt?
Koller:
Sie hat angefangen Theater zu spielen, weil es ihr so peinlich war, dass sie pflegebedürftig war. Sie hat doch immer so einen Stolz gehabt und war eine starke Selfmade-Frau. Dann ist sie im Spital aus dem Bett gefallen und hat sich die Hand gebrochen. Man hat ein Gitter ans Bett gemacht und sie hat sich beschwert. Sie komme sich vor wie ein Affe im Käfig. Als sie Probleme mit dem Darm bekam, hat sie sich besonders geschämt. In der Bettenstation haben immer alle Schwestern gesagt: Sie war so eine noble Dame, dass es vergnüglich war, zu ihr zu gehen.

Ihre Mutter hat ein sehr hohes Alter erreicht ...
Koller:
Sie wäre im Dezember 97 Jahre alt geworden – ein gesegnetes Alter! Und zuletzt hat sie nur noch Französisch gesprochen und das besser als Deutsch. Sie war ja mal Privatlehrerin, unter anderem auch für den Sohn des französischen Botschafters. Sie hat zuletzt zu mir gesagt: ,Mein Kind, ich verliere die Sprache.' Da war ich schon sehr deprimiert. Denn ich merke ja selbst, wie die Sprache im Alter nachlässt.

Wie war der Abschied von ihr?
Koller:
Ich war am Tag ihres Todes zwei Stunden bei ihr und habe Totenwache gehalten. Ich konnte mich richtig verabschieden von ihr. Sie kam ja Anfang letzter Woche aus der Rudolfstiftung und galt als stabil. Meine Mutter hat mich so lieb erkannt und gelächelt und geküsst. In letzter Zeit war es nicht mehr selbstverständlich, dass sie mich erkannt hat.

Wann ist sie gestorben?
Koller:
Zehn Minuten, nachdem ich gegangen war. Ich hatte ihr noch einen schönen großen Blumenstrauß gebracht. Zum Abschied habe ich sie geküsst und ihr das Kreuzzeichen auf die Stirn gemacht. Das habe ich vom Klestil gelernt und auch beim Helmut immer gemacht, als er seine Hand verloren hat und im Spital gelegen ist. Ich habe schon vor zwei Jahren mit ihr offen über den Tod gesprochen und zu ihr gesagt: ,Der liebe Gott wird dich holen, und es wird ein schöner Übergang sein.'

Sie sind also an ihrem letzten Tag mit einem guten Gefühl von Ihrer Mutter gegangen?
Koller:
Ja, auf jeden Fall. Die liebe Frau Doktor von der Hohen Warte hat zu mir gesagt: ,Frau Koller, Ihre Mutter hat um 15 Uhr noch ihren Tee
bekommen, ein wenig von der Jause gegessen und ist dann friedlich eingeschlafen. Ganz entspannt. Ein wunderschönes auf Wiedersehen 

Wie war denn das Verhältnis zu Ihrer Mutter?
Koller:
Das war gestört. Ein Leben lang war ich für sie da, wirklich aufopfernd für sie da. Aber meine Mutter hat mich nie gelobt für meine Leistung. Hinter meinem Rücken hat sie zwar immer gesagt, dass ich die Größte und Beste bin und hat alle gehasst, die auch nur ein schlechtes Wort über mich gesagt haben. Aber mich hat sie zurechtgewiesen, mir nie etwas Positives gesagt. Zurückblickend habe ich meine Karriere erst im Alter genossen. Jetzt, da mir die Leute auf der Straße Komplimente machen, strahle ich so. Trotz des Leids mit meinem Mann und dem Tod meiner Mutter. Jetzt kümmere ich mich nur noch um Helmut. Denn mein Mann ist für mich mein Leben.

Was, glauben Sie, hat Ihre Mutter so hart gemacht?
Koller:
Vielleicht, dass mein Vater in die Fänge einer anderen Frau geraten ist und nicht mehr zu ihr, meinem Bruder und mir zurückgekommen ist. Das war sehr hart für sie.
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