Wenn im kommenden Februar wieder Verkleidete in Karnevalsstimmung durch die Straßen ziehen, will der trendbewusste Jeck vor allem eins: auffallen - aber im richtigen Kostüm. Denn längst nicht jede Verkleidung erfüllt die modischen Ansprüche der Session. Im Trend liege, wer sich 2010 als Captain Jack Sparrow oder Michael Jackson sehen lässt.
Laut dem Experten Frank Schröder ist der Pirat seit dem Kinofilm "Fluch der Karibik" ein Dauerbrenner unter den Kostümen. Der Popstar wiederum sei "aus gegebenem Anlass" der Trend der aktuellen Session. Dass die Jecken den kürzlich verstorbenen Jackson imitieren, sei als Wertschätzung des Stars zu verstehen, sagt Uschi Böllsterling, Filialleiterin von Pierro's Factory Outlet bei Köln. "Die lassen ihn im Karneval einfach nochmal leben, verbringen mit ihm noch ihre Zeit." Auch was die Piraten-Verkleidung angeht, hat Böllsterling ihre Interpretation: "Die Männer fühlen sich an Karneval einfach als Pirat und wollen ein paar Frauen entern."
Für Stefan Daun vom Kostümhaus Ste Festartikel in Leverkusen ist die Trendentwicklung oft ein Rätsel: "Wir haben seltsamerweise eine enorme Nachfrage nach Stewardess-Kostümen." Kundinnen hätten ihm erklärt, dass der Trend von dem Kinofilm "Aviator" komme, in dem Leonardo DiCaprio einen Piloten spielt. Selbst wenn der Film schon fünf Jahre alt ist: Gut aussehende Hauptdarsteller setzen einen bleibenden Trend.
"Der Ideengeber für Kostüme ist in der Tat meist das Kino", erklärt Karl-Heinz Klawitter, Inhaber des Stoffgeschäfts Stofftruhe in Brühl bei Köln. Deshalb erwartet er wegen der "Twilight"-Filme eine verstärkte Nachfrage nach Vampir-Ausstattung. Böllsterling bestätigt eine erhöhte Nachfrage nach Vampir- und anderen Fabel-Kostümen. Mystisch-geheimnisvolle Feen und Elfen seien in dieser Session ebenfalls sehr gefragt: "Die Frauen mögen daran das Leichte, Verspielte."
Kinder dagegen interessierten sich wenig für Moden bei den Kostümen, sagt Schröder: "Egal wie sich die Zeit verändert - bei Mädchen ist die Prinzessin immer noch die Nummer Eins, Jungen wollen nach wie vor als Cowboy gehen. Da hat sich seit 20 Jahren nichts verändert." Nur einer Veränderung ist laut Klawitter die gesamte Kostümwelt unterworfen: dem Verzicht auf Eigenkreationen zugunsten von fertigen Kostümen. "Viele können einfach nicht mehr nähen." Die wenigen, die ein selbst gemachtes Karnevalsoutfit ihr Eigen nennen möchten, seien dafür umso kreativer. "Da wird getackert, geklebt und sonst was gemacht." Alles frei nach dem Motto: Hauptsache auffallen. Für manche Familien sei das Basteln der Kostüme ein jährliches Ritual.
Bei der Auswahl der Utensilien hielten sich die Männer aber auffallend zurück, beobachtet Klawitter: "Die sagen dann zu ihrer Begleiterin einfach: 'Du machst das schon!' - und halten sich raus." Dennoch gebe es beim Kostüm-Geschmack geschlechtsbedingte Unterschiede, erklärt Schröder: "Für Frauen soll ein Kostüm vor allem sexy, für Männer lieber unkompliziert und praktisch sein." Dabei sage die Kostümwahl oft einiges über den Träger aus, genauer: über seinen Beziehungsstatus. Je mehr jemand auf der Suche sei, "desto enger werden die Hosen und desto tiefer wird der Ausschnitt".
Solch betont-knappe Kleidung wird für jene zum Problem, die auch bei Minusgraden auf der Straße feiern möchten. Der Trend geht deshalb zum Zweit-Kostüm. Für die Kälte des Straßenkarnevals empfiehlt Schröder mollig warme Tierkostüme. Dagegen gelte für Karnevalssitzungen eher das Motto "sexy und edel". Besonders Rokoko-Kostüme seien hier in der aktuellen Session eine gute Wahl. Kostenpunkt für ein solches Edelpaket: rund 80 Euro.
Ganz ohne Kostümierung gehe im Karneval gar nichts, sagt Sigrid Krebs vom Festkomitee des Kölner Karnevals: "Man schlüpft in eine andere Rolle, kann eine andere Seite spielerisch und fröhlich ausleben." Und "man nimmt sich selbst nicht so wichtig".