Gemeinsam mit Istanbul und dem Ruhrgebiet
Etwa sechs Stunden dauert eine Zug- oder Autofahrt von Wien nach Pecs. Eine lohnende Reise, vor allem im Jahr 2010, wenn die Stadt im südlichen Ungarn gemeinsam mit Istanbul und dem Ruhrgebiet Europäische Kulturhauptstadt ist. Einen großen Festivalreigen der nicht nur ungarischen Besonderheiten zwischen Jazz, Puppenspiel, ungarischem Bauhaus und den Spitzen des zeitgenössischen Tanzes hat Pecs über das Jahr gespannt und rechnet dafür mit etwa einer Million Gäste.
Eröffnung
Eröffnet wird das Fest-Jahr am 10. Jänner, wenn
auf den rund 70 frisch renovierten öffentlichen Plätzen zu Konzerten, Tanz
und Lichtinstallationen geladen wird. Auf dem zentralen Szechenyi-Platz gibt
es einen Umzug mit 400 Schulkindern, angeführt von überlebensgroßen Puppen,
die die kulturelle Offenheit der Stadt reflektieren wollen.
"Frühlingsfestival"
Eigentlicher Auftakt zum
Festival-Reigen ist allerdings erst im März das landesweite
"Frühlingsfestival": Von 15.3. bis 9.4. ist das Gesamtkunstfestival mit
mittlerweile 30-jähriger Tradition in ganz Ungarn, und heuer besonders stark
in Pecs vertreten. Gleichzeitig findet das dreitägige internationale
Jazz-Wochenende, sowie ein "Fringe Festival" nach dem Vorbild Edinburghs
statt. Mit dabei sind die gefeierte ungarische Operndiva Andrea Rost aber
auch ein internationales Aufgebot: Bobby McFerrin und Richard Bona sowie
Bill T. Jones mit der Arnie Zane Dance Company kommen aus den USA, der
Weltmusik-Schlagwerker Trilok Gurtu aus Indien, Funk und Fusion mit
Mezzoforte aus Island.
Ungarische Spezialitäten, besondere Schauplätze
In
seinen Festivals beleuchtet Pecs gerne ungarische Spezialitäten und
besondere Schauplätze: "Reise um den türkischen Halbmond" nennt sich das
Event, mit dem die Stadt von 9. bis 29. Mai seine lange geschichtliche
Verbindung mit der Türkei in Foto, Musik, Literatur und Film feiert. Als
Schauplätze dienen die Pecser Baudenkmäler aus der Türkenzeit. Die Straßen
der Stadt werden dann im Sommer zum Arbeitsplatz für Artisten: Von 9. bis
25. Juli findet das "Internationale Zirkus- und Straßentheaterfestival"
statt, bei dem internationale Gäste, wie die französische Zirkusakademie,
die australischen "Strange Fruits" oder die Deutschen "Bängditos" dabei sind.
Puppen
Und von 23. bis 28. August gehört die Stadt erneut den
Puppen: Traditionelles indonesisches Schattenspiel, vietnamesisches
Wasser-Puppentheater, eine Bunraku-Aufführung aus Japan sowie ein Wettbewerb
für professionelle und Laien-Puppentheatergruppen aus dem In- und Ausland
stehen auf dem Programm des "Internationalen Puppentheaterfestivals für
Erwachsene", das auch durch eine Ausstellung aus den Werken ungarischer und
internationaler Puppenmacher ergänzt wird.
"Internationales Tanztreffen"
Im Sinne traditionell
ungarischer Kulturstärken dürfen in Pecs aber nicht nur die Puppen tanzen:
Von 21. bis 26. September wird das "Internationale Tanztreffen" in die
Kulturhauptstadt geholt, mit dabei: Moderner, zeitgenössischer aber auch
traditioneller Tanz aus Ungarn, neue Performances etwa von Josef Nadj und
Pal Frenak, aber auch die Spitzen internationalen Tanzschaffens. Marie
Chouinard ist ebenso angekündigt, wie das Ballet Preljocaj oder Alain
Platels Ballets C de la B, Hiroaki Umeda und die israelische Vertigo Dance
Company.
Jugend
Um die Jugend kümmert sich auch in Sachen Unterhaltung die
Pecser Universität, wo von 21. bis 24. April etwa 50 Konzerte, aber auch
Theater, Straßentheater, Tanz und Film angeboten werden, sowie das "Fishing
on Orfu"- Festival am Ufer des malerischen Orfu-Teiches in der Nähe der
Stadt. Rund 80 Bands präsentieren sich hier von 17. bis 19. Juni,
Kochwettbewerb, Stand Up Comedy und Nachtwanderungen vermitteln
Sommerlager-Atmosphäre. "Folk&Roll" heißt es von 25. bis 26. Juni: Über
ungarische Volksmusiktraditionen und ihre Erneuerung lehren dabei etwa
Andras Lovasi, Boban Markovic oder Bea Palya, von 11. bis 13. November steht
der Balkan und seine Musik im Mittelpunkt. "Ost-West-Passage" nennt sich das
Festival mit Weltmusik-Stars wie Lajko Felix, Boris Kovac oder Mercan Dede.
Konzertreihe
Über das ganze Jahr verteilt sich eine
Konzertreihe klassischer Musik, weitere Höhepunkte sind der der erstmals
ausgetragene Grand Prix der Blasmusik von 4. bis 10. Juli, das
internationale Chortreffen "Pecs Cantat" (15. bis 22. August), bei dem in
Werkstätten gemeinsame Produktionen erarbeitet werden oder das
"Improvisatio-Creatio" (6. bis 12. September) mit Symposium, Wettbewerb und
Meisterkursen im Improvisieren. Im Oktober 2010 soll die neue Konzerthalle
fertig werden - und in den verbleibenden beiden Monaten des Jahres
"Ungarische Weltstars in Pecs" willkommen heißen.
Ausstellung
Die größte Ausstellung des Kulturhauptstadt-Jahres
ist unterdessen von 15. August bis 15. Oktober den "Ungarischen Künstlern im
Bauhaus" gewidmet. Zwischen Gemälden, Bühnenbildern und Filmauszügen wird
eine der bedeutendsten Kunstströmungen im Ungarn des 20. Jahrhunderts
nachgezeichnet, die auch von mehreren in Pecs geborenen Künstlern, wie
Marcel Breuer, Hugo Johan oder Farkas Molnar, geprägt wurde. Rund um die
Schau, die ab November auch im Berliner Bauhaus Archiv gezeigt wird, belebt
die Stadt ehemalige Bauhaus-Traditionen neu und feiert das
"Papierdrachenfest" ebenso wie das "Laternenfest".