Chinesische Botschaft dementiert - "Keine offizielle Begründung" von China.
Die Volksrepublik China stellt so gut wie keine Visa mehr für Österreicher aus, die nach Tibet reisen wollen. Mehrere Reiseveranstalter bestätigten gegenüber der APA eine entsprechende Meldung des ORF-Radios vom Mittwoch. "Im Regelfall" gebe es seit 18. Juni keine Visa mehr für Touristen, auch wenn es hin und wieder Anträge gäbe, die überraschenderweise genehmigt würden, so der Geschäftsführer von Jumbo Touristik, Christian Bruckmüller, auf Anfrage der APA.
Bruckmüller, dessen Reisebüro unter anderem Tibet im Programm hat, sieht als Grund dafür den jüngsten Österreich-Besuch des Dalai Lama, der unter anderem von Bundeskanzler Werner Faymann (S) und Vizekanzler Michael Spindelegger (V) empfangen wurde. Auch Georg Wenisch, der für den Reiseveranstalter Kuoni Reisen nach Tibet organisiert, bestätigt gegenüber der APA, dass seit Mitte Juni keine Visa mehr ausgestellt werden. Als Grund dafür sieht er ebenfalls, "dass sich der Bundeskanzler und der Dalai Lama die Hände geschüttelt haben."
Christoph Weidinger von der Pressestelle des Außenministeriums in Wien räumte gegenüber der APA zwar ein, dass es vermehrt zu solchen Fällen gekommen sei; als Reaktion auf den Empfang des Dalai Lama sei das allerdings nicht zu werten: "Die chinesischen Behörden haben keine offizielle Begründung gegeben". Man stehe jedoch "in laufendem Kontakt."
Auch bei der chinesischen Botschaft kann man ein Einreiseverbot für Österreicher nach Tibet nicht bestätigen. Nicht die chinesische Botschaft sei für das Erteilen der Visa für Tibet zuständig, sondern eine Behörde an Ort und Stelle. Offiziell gebe es keinen Visa-Stopp für Österreicher. Momentan sei Hauptreisezeit und nicht alle Touristen könnten ein Visum bekommen, so ein Sprecher der Botschaft im Gespräch mit der APA.
Anfang Juni hatte China ein generelles Einreiseverbot nach Tibet für ausländische Besucher verhängt, dieses zwei Wochen später aber wieder gelockert. Von dieser Lockerung ausgenommen sind laut Bruckmüller und Wenisch neben Österreich auch Norwegen, Großbritannien und Südkorea. Bereits vor der Österreich-Reise des Dalai Lama hatte Großbritanniens Regierungschef David Cameron das geistliche Oberhaupt der Tibeter empfangen. Ein norwegisches Komitee hatte dem tibetischen Bürgerrechtler Liu Xiaobo 2010 den Friedensnobelpreis verliehen und Südkorea Repräsentanten Tibets zu einem buddhistischen Forum eingeladen.
Bereits 2007 war es nach einem Österreich-Besuch des Dalai Lama samt Empfang durch den damaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) zu Protesten Chinas gekommen, das dies als Einmischung in innere Angelegenheiten betrachtete. Der Zwischenfall war Auftakt einer ganzen Reihe von Konflikten zwischen Österreich und China: Österreich kritisierte später das Vorgehen Chinas in Tibet und die Hinrichtung des Geschäftsmannes Wo Weihan. Die Beziehungen sollten sich erst 2009 wieder entspannen. Dass die jüngsten, möglichen Sanktionen Chinas erneut zu einer ähnlichen diplomatischen Eiszeit führen könnten, glaubt Weidinger nicht.
Ein Volksaufstand in Tibet wurde 1959 von chinesischen Truppen niedergeschlagen. Das ursprüngliche Tibet, das beinahe ein Drittel der gesamten Fläche Chinas ausmacht und wichtige Rohstoffe beherbergt, wurde danach in drei Regionen aufgeteilt: Die Hauptstadt Lhasa und umliegende Regionen bilden das Autonome Gebiet Tibet, für das die speziellen Visa nötig sind. Die restlichen Gebiete wurden in die beiden chinesischen Regionen Sichuan und Qinghai eingegliedert.