ÖSTERREICH-Interview

Constantini: So verdaut er seinen Rauswurf

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Didi Constantini steckte es cool weg. Seine 3 Mädels sind stolz auf ihn.

Man ist nicht fein mit Constantini umgegangen. Die Kritik prasselte hammerhart auf ihn ein. Am Mittwoch, nach dem 0:0 gegen die Türkei, zog ÖFB-Präsident Leo Windtner die Reißleine. Er verkündete, dass der Vertrag des Teamchefs (endet am 31. Dezember 2011) nicht verlängert werde.

Constantini wirkte in diesen schweren Stunden allerdings relativ gefasst, bewies Größe. Er wird die Nationalmannschaft auch noch bei den Spielen gegen Aserbaidschan (7. Oktober) und Kasachstan (11. Oktober) betreuen – falls der ÖFB nicht schon vorher einen Nachfolger gefunden hat.

Jagd
Didi wurde auf Schritt und Tritt von Fotografen und Kamerateams verfolgt. Ein Spießrutenlauf. Wer ihn kennt, weiß: Nichts stört Constantini so sehr wie dieses mediale Getöse. „Wie in Hollywood“, sagte er verärgert, als ihm bei der Pressekonferenz im Wiener Hilton am Stadtpark fast 100 Reporter im Nacken saßen.

Nach dem Abschuss fuhr Constantini heim. In Telfes (1.449 Einwohner) im vorderen Stubaital lassen ihn die Leute in Ruhe. Didi ist einer von ihnen.

„Da wirst narrisch“
In der Tiroler Bergluft bekam er auch schnell wieder einen klaren Kopf. Constantini sagt: „Um mich muss sich niemand Sorgen machen.“ Er war nie einer, der 24 Stunden am Tag an den Fußball gedacht hat. Didi: „Das geht nicht. Da wirst narrisch. Es gibt Trainer, die beschäftigen sich rund um die Uhr mit ihrem Job. Doch da gehöre ich nicht dazu.“

In der EM-Qualifikation hat es für ihn nur Schicksalsspiele gegeben. Constantini hat das bewundernswert cool hingenommen. Auch weil er weiß: „Schicksal ist, wenn du schwer krank bist und nicht mehr gesund werden kannst. Im Fußballbereich zu arbeiten, ist ein Privileg. Die Zeit als Teamchef ist unheimlich schön gewesen. Ich habe sie sehr genossen.“

Ehefrau Irmi war nie im Stadion. Die beiden Töchter, Johanna (19) und Magdalena (17), haben sich dem Reitsport verschrieben. Fußball war im Hause Constantini nicht das große Thema. Dennoch sind seine drei Mädels stolz auf ihn. Waren sie immer. Didi ist kein strenger Vater. Er gilt ja auch als lockerer Typ. Obwohl Constantini hart und unbequem sein kann. Das ist sein anderes Gesicht – eines, das man vor seiner Ära als Nationaltrainer so nicht kannte.

Neue Aufgabe
Didi wird jetzt einmal durchschnaufen, sich dann einen neuen Job suchen. Viele schließen bereits Wetten darauf ab, dass wir ihn bald bei einem Klub in der Bundesliga sehen. Als „Feuerwehrmann“ – eine Aufgabe, die Didi am besten beherrscht.

"In diesem Job musst du ein Masochist sein"

ÖSTERREICH: Ganz ehrlich, Sind Sie froh, dass Ihre Leidenszeit vorbei ist?
Didi Constantini: Was heißt Leidenszeit? Um mich braucht sich niemand Sorgen machen. Ich habe nicht gelitten, sondern gerne mit der Mannschaft gearbeitet. Diese Truppe hat Charakter – und sie hat auch Zukunft. Die Zeit als Teamchef ist unheimlich schön gewesen. Ich habe die Jahre genossen, auch wenn’s manchmal ein bisschen Aufregung gegeben hat oder etwas chaotisch zugegangen ist – wie vor den Spielen gegen Belgien und die Türkei.

ÖSTERREICH: Der Rauswurf auf Raten scheint Sie nicht sonderlich erschüttert zu haben – oder täuscht der Eindruck?
Constantini: Natürlich ist eine Enttäuschung da. Aber die hält sich in Grenzen. Wenn du als Trainer mehr Spiele verlierst als gewinnst und außerdem auch noch das klare Ziel, die Qualifikation für die Europameisterschaft, nicht erreichst, wirst du ausgewechselt. Das ist so. Damit muss man leben. In diesem Geschäft gibt’s nur einen Schuldigen – das ist der Trainer.

ÖSTERREICH: Unfair?

Constantini: Nein, das ist völlig okay. Es war einfach zu wenig, deshalb habe ich diesen Schritt erwartet. Sicher die richtige und logische Entscheidung des ÖFB. Einer geht, einer kommt – so läuft das Spiel. Ich wünsche meinem Nachfolger viel Glück und alles Gute. In Deutschland sind letzte Saison 14 Trainer gefeuert worden – und alle leben noch. Es gibt immer einen Nächsten. Du erlebst schöne Zeiten. Und du erlebst weniger schöne Zeiten. So geht’s jedem in dieser Branche. Man muss einerseits ein Träumer, andererseits ein Realist und dazu begeisterungsfähiger Masochist sein.

ÖSTERREICH: Haben Sie sich manchmal zu hart kritisiert gefühlt?

Constantini: Die Kritik ist normal. Vor allem, wenn die Ergebnisse nicht passen. Und die haben zuletzt nicht gepasst. Das muss man aushalten, sonst kann man den Job überhaupt nicht ausüben. Außerdem lese ich diese Sachen gar nicht – auch nicht das, was ÖSTERREICH manchmal geschrieben hat. Es geht immer um Respekt. Manche Journalisten sind gegen mich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die sonderlich gut über mich berichten. Warum soll ich das dann auch noch lesen? Nein, das muss nicht sein. Allerdings stelle ich fest: Das ist alles aggressiver geworden.

ÖSTERREICH: Der ÖFB wirft Sie auf Raten hinaus. Warum tun Sie sich das noch an und treten nicht freiwillig zurück? Geht’s um die Abfindung?
Constantini: Das hat nicht nur mit Geld zu tun. Der Präsident hat mich gefragt, ob ich mich in Aserbaidschan und Kasachstan auf die Betreuerbank setze, weil noch kein Nachfolger da ist. Diese Bitte habe ich dem Präsidenten erfüllt. Im Grunde ist es so, dass ich beim ÖFB einen gültigen Vertrag bis 31. Dezember 2011 habe. Und ich habe in meiner Karriere alle Verträge eingehalten – auch jene, die ich mündlich abgeschlossen habe. Meistens hatte ich keinen schriftlichen Vertrag.

ÖSTERREICH: Was, wenn der neue Teamchef früher als erwartet kommt?
Constantini: Das kann leicht sein.

ÖSTERREICH: Und?
Constantini: Na, dann übernimmt sofort der neue Mann.

ÖSTERREICH: Und Sie ziehen sich gleich zurück?

Constantini: Na klar, was sonst? Wir werden uns in Aserbaidschan und Kasachstan nicht gemeinsam hinsetzen. Obwohl: Im Flieger wäre bestimmt Platz für uns beide ...

ÖSTERREICH: Manche vermuten, dass Österreich die abschließenden zwei Spiele in der EM-Qualifikation sowieso mit einer B-Elf bestreitet, weil viele Spieler abspringen werden. Was denken Sie?
Constantini: Glaube ich nicht. Das wäre amateurhaft. So schätze ich unsere Spieler nicht ein. Die sind in Ordnung.

ÖSTERREICH: Und Sie? Haben Sie als Teamchef Fehler gemacht?
Constantini: Natürlich fragt man sich nachher immer, ob die Aufstellung richtig gewesen ist oder ob man die Vorbereitung besser gestalten hätte können. Ich bin meinen Weg gegangen, habe die Mannschaft auf meine Art aufgestellt.

ÖSTERREICH: Waren Sie auch zu stur?
Constantini: Das hat nichts mit Sturheit zu tun. Ich habe an meine Spieler geglaubt. Und die, die nicht spielen, sind bei Niederlagen gewöhnlich die Gewinner. Fakt ist: Man hat mich als Teamchef geholt, weil vorher auch mit Leuten wie Stranzl oder Ivanschitz nichts gegangen ist. Ich habe einen Umbruch eingeleitet.

ÖSTERREICH: Sehen wir Sie bald wieder in der Liga?
Constantini: Man wird sehen. Als Klubtrainer hat man auf jeden Fall mehr Möglichkeiten, etwas zu bewegen.

Christian Russegger
 

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