Gegenüber anderen Sportarten

Corona-Krise als beste Chance für den Fußball

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Die Coronavirus-Pandemie könnte die Unterschiede zwischen den Sportarten in Österreich weiter vergrößern. 

Anna Kleissner, Geschäftsführerin des Sportökonomie-Instituts SportsEconAustria, vertritt die These, dass der Fußball seine ohnehin schon dominante Rolle möglicherweise ausbaut, weil andere Sportarten wohl noch monatelang auf den Wettkampfbetrieb verzichten müssen.
 
Der Fußball hingegen darf sich berechtigte Hoffnungen machen, die Krise mittels Geisterspielen ohne gravierende Schäden zu überstehen. Zwar gibt es von der Bundesregierung noch keine verbindlichen Aussagen zu einer Erlaubnis von Matches ohne Zuschauer, doch selbst wenn Fußballspiele generell bis Ende Juni verboten sein sollten, bliebe der Bundesliga bei zehn ausstehenden Runden noch genügend Zeit, die Meisterschaft bis Anfang oder Mitte August zu finalisieren. So würde man die restlichen Millionen aus dem mit kolportierten 33 Millionen Euro brutto pro Jahr dotierten TV-Vertrag kassieren.
 

"Geisterspiele lassen sich verkraften"

Andere heimische Sportarten hingegen besitzen keine lukrativen Medienrechte, mussten ihre Ligen bereits im März abbrechen und sind von den Maßnahmen gegen die Pandemie ebenso massiv betroffen wie etwa die Formel 1 oder Tennis, für deren Events eine rege Reisetätigkeit vonnöten ist.
 
Der Fußball jedoch funktioniert auch auf rein nationaler Ebene, wie der TV-Vertrag beweist. Daher lassen sich auch Geisterspiele etwas leichter verkraften, zumal sie im Hochsommer wohl so ziemlich die einzigen Sportevents in Österreich wären. Die dadurch entstehende verstärkte Aufmerksamkeit würde wiederum den Fußball-Vereinen in Form von höheren Werbewerten zugutekommen - mutmaßlich auf Kosten der "kleineren" Sportarten, die ohnehin schon ein Nischendasein fristen.
 
Anna Kleissner

Anna Kleissner, Geschäftsführerin SportsEconAustria

© GEPA
× Anna Kleissner
 

"König Fußball" wird für Werbemarkt interessant

Kleissner, deren 2004 auf Initiative des Bundeskanzleramtes gegründetes Institut auf dem Gebiet der Sportökonomie forscht, meinte dazu gegenüber der APA: "Der Werbemarkt wird in diesem Jahr definitiv kleiner werden, also werden sich die Sponsoren daran orientieren, wer in unmittelbarer Zukunft präsenter ist, und das wäre der Fußball, wenn es Geisterspiele gibt, die übertragen werden." Erschwerend für Randsportarten sei zudem die Verschiebung der Olympischen Sommerspiele in Tokio von Sommer 2020 auf Sommer 2021.
 
Der Fußball hingegen könnte durch Ausgangsbeschränkungen und Absagen von kulturellen Events sogar in neue Schichten vordringen - immer vorausgesetzt, die Liga wird mit Geisterspielen zu Ende gebracht. "Es konkurrieren mehrere Freizeitgestaltungen untereinander. Wenn da Alternativen wegfallen, ist ein größeres Zeitkontingent da, um sich für andere Dinge zu interessieren. Derzeit würde der Fußball sicher mehr Leute erreichen als im Normalbetrieb", erklärte Kleissner.
 

"Alle sind hungrig nach Fußball"

Von einer Wiederaufnahme des Fußball-Betriebes würden auch jene TV-Sender profitieren, die Übertragungsrechte besitzen. "Weil alle schon hungrig nach Fußball sind", meinte Kleissner.
 
Dennoch betonte die SportsEconAustria-Geschäftsführerin, dass dem Fußball prinzipiell harte Zeiten bevorstünden, auch und vor allem im Amateurbereich, wo lokale Sponsoren wegbrechen dürften. "Der Fußball ist sicher kein Riesengewinner, denn durch den Wegfall von Ticketverkäufen und von anderen Einnahmen aus Heimspielen geht extrem viel verloren. Aber wenn man sich die Sportarten insgesamt anschaut, hat der Fußball zumindest die Chance, aus der Situation das Beste zu machen", sagte Kleissner.
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