Das Wiener Derby hatte schon immer seine eigenen Gesetze, deshalb glaubt auch der Rapid-Coach nicht an Favoritenstellung seines Teams.
Auch wenn Trainer Peter Pacult im Vorfeld wieder einmal den Stehsatz von den "eigenen Gesetzen" im Wiener Fußball-Derby bemüht und die Favoritenrolle von sich weist - vieles spricht vor dem 287. Duell zwischen Austria und Rapid für die Hütteldorfer. Der Meister reist mit einem 5:1-Kantersieg gegen Altach im Gepäck ins Horr-Stadion, während den Gastgebern noch das 1:5 in Salzburg auf den Schultern lastet.
Austria nicht aus dem Rennen
Acht Punkte fehlen den "Veilchen"
derzeit auf den Spitzenreiter aus der Mozartstadt, fünf Zähler auf den
ersten Verfolger aus dem Westen Wiens. Dennoch glaubt Pacult nicht, dass
sich die Austria bei einer Heimniederlage schon nach 17 Runden vom
Titelkampf verabschiedet hätte. Außerdem würden die Gastgeber alles daran
setzen, die prestigeträchtige Partie zu gewinnen und sich damit für die
vergangenen Misserfolge zu rehabilitieren. "Die Austria kann mit einem
Schlag viel korrigieren."
Einen violetten Befreiungsschlag werde man aber zu verhindern wissen. "Im letzten Derby (Anm.: 3:0 für Rapid) haben wir viel Druck nach vorne gemacht und die Austria nicht ins Spiel kommen lassen, und das ist auch unsere Devise für Dienstag: Agieren, nicht reagieren", versprach Pacult, aber betonte auch einmal mehr: "Es gibt keinen Favoriten."
Müde Rapidler?
Leichtes Kopfzerbrechen bereiten dem
Rapid-Coach die jüngsten Belastungen für seine Mannschaft. Erst vor einer
Woche hatten Steffen Hofmann und Co. das Nachtragsspiel in Kärnten zu
absolvieren, außerdem war die Pause vor dem Derby um einen Tag kürzer, weil
die Austria bereits am Freitag im Einsatz war. "Man wird sehen, ob das noch
in den Knochen steckt, aber in einem Derby muss man das beiseiteschieben.
Von der körperlichen Seite her ist es sowieso kein Problem, aber man wird
sehen, wie meine Spieler im Kopf damit umgehen", sagte der 49-Jährige.
Die Vorbereitung auf das Derby verläuft laut Pacult zwar nicht anders als vor jedem anderen Spiel, doch ein spezielles Kribbeln verspürt auch der Trainer. "Das ganze Rundherum bewirkt einiges. Für die Fans ist es immer das Spiel Nummer eins. Es gibt viele Emotionen und man weiß nie, was auf dem Platz passiert."
Hoher Stellenwert
Für ihn als Wiener habe das Duell der
Erzrivalen einen speziellen Stellenwert. "Als Wiener wächst man mit solchen
Sachen auf, daher ist es schon etwas Besonderes für mich", meinte Pacult,
dessen schönster Derby-Sieg nach eigenen Angaben der 6:5-Erfolg nach
Elfmeterschießen im Cup-Finale 1985 war.
Schmerzhafte Erinnerungen
Wenige Monate zuvor, im November 1984,
wurde der nunmehrige Trainer im Zuge eines Derby-Treffers vom damaligen
Austria-Goalie Friedl Koncilia dermaßen gerammt, dass er mit einer
Rippenverletzung vom Platz musste. Wenige Tage später stand er bei der
0:3-Auswärtsniederlage im Europacup gegen Celtic Glasgow (die Partie wurde
später wegen eines Flaschenwurfes auf Rudi Weinhofer in Manchester
wiederholt und endete mit einem 1:0 für Rapid) wieder auf dem Platz. "Mit so
einer Verletzung würde kurz nachher keiner mehr spielen so wie ich in
Glasgow", behauptete Pacult.
Diese heroische Einstellung vermisst der Coach bei so manchem aktuellen Spieler, im Moment vor allem bei Christian Thonhofer. "Bei ihm weiß ich nicht, ob ihn der Fußball überhaupt noch interessiert. Es gibt bei ihm Verletzungen, von denen ich gar nicht gewusst habe, dass es sie gibt", ärgerte sich Pacult über den von Rückenschmerzen geplagten Außenverteidiger, der schon seit Wochen ausfällt.