Zum zweiten Mal verspielte Daum mit Fenerbahce Titel in letzter Runde.
Szenen der Verzweiflung, Randale im Stadion und Polizeischutz für Christoph Daum: Das Comeback des deutschen Fußball-Trainers in Diensten von Fenerbahce Istanbul endete im Fiasko. Wie schon 2006 verspielte der Favorit den sicher geglaubten Meistertitel im letzten Spiel, diesmal verlor er ihn an den krassen Außenseiter Bursaspor mit dem Österreicher Turgay Bahadir.
"Wieder Daum, wieder Krise"
"Wieder Daum, wieder eine
Krise im letzten Moment. Wir haben einen Fehler gemacht", wurde Clubchef
Aziz Yildirim am Montag zitiert. Daum, der 2003 mit dem FK Austria Wien das
Double geholt hatte, ist schwer angezählt. Türkische Fußball-Kommentatoren
schreiben, der Abschied des Deutschen, der Fenerbahce bei seinem ersten
Engagement 2004 und 2005 zum Titel geführt hatte, sei bereits ausgemachte
Sache.
Wann tritt Daum ab?
"Wer die Mannschaft nicht zum Meister macht,
muss gehen", zitiert die auflagenstärkste Zeitung "Hürriyet" am Montag
Yildirim mit einem Satz, der zum ungeschriebenen Gesetz geworden sei. Der
Chef selbst hat nach dem Verlust des angepeilten Championats demonstrativ
seinen Rücktritt erklärt. Vereinsmanager werben nun allerdings darum, dass
er doch weitermacht. In der türkischen Fußball-Welt dreht sich hingegen
alles um die Frage, ob und wann Daum abtritt.
Fans rasten aus
Traditionell gewinnen in der Türkei die Spieler,
es verlieren aber immer die Trainer - vor allem wenn sie aus dem Ausland
kommen. Die Club-Anhänger reagierten auf die sportliche Katastrophe mit Wut
und Gewalt, nachdem Verfolger Bursaspor am Sonntag durch ein 2:1 über Feners
Stadtrivalen Besiktas vorbeigezogen war, da der Daum-Club nur ein 1:1 gegen
Trabzonspor erzielte. Ein aufgebrachter Fener-Anhänger verschaffte sich mit
einem Fußtritt sogar Zugang zum Presseraum. "Gebt uns Daum", schrie der Fan,
ehe die Polizei ihn abführte.
Unter Polizeischutz aus dem Stadion
Der Coach blieb zweieinhalb
Stunden in sicherer Deckung, ehe er mit Frau, Sohn und einem Club-Manager in
einem Wagen der Zivilpolizei aus dem Stadion in Sicherheit gebracht wurde.
Für die kommenden Tage ist auch vor den Wohnhäusern der einzelnen
Fener-Profis Polizei in Position gegangen. Die Spieler sollen vor ihren
enttäuschten Fans geschützt werden, bis sich die Gemüter etwas beruhigt
haben.
Denn der Frust ist gewaltig, zumal vor zehn Tagen schon der erste Titeltraum des Traditionsclubs geplatzt war. Fenerbahce verlor im Kampf um den türkischen Cup: Auch daran waren die Schwarzmeer-Kicker von Trabzonspor maßgeblich beteiligt.
"Historisches Fiasko"
"Wieder dieses Leid", schrieb
"Fotospor" und sprach von einer "Blamage". "Fotogol" nannte das
Saison-Abschneiden ein "historisches Fiasko". Daum stehe vor der Auflösung
seines Vertrages, will auch die Sportzeitung "Fanatik" wissen. Womöglich sei
sein Abgang sogar schon vor dem Spiel klar gewesen. Da er dem Verein nicht
den erwarteten Erfolg gebracht habe, sei das kommende Trainingslager bereits
ohne Daum geplant worden.