Interview

Trap hinterlässt "Team mit Potenzial"

Teilen

Im großen Interview zieht der scheidende Salzburg-Coach positive Bilanz, sieht in Österreich aber viele Versäumnisse.

Es hat in dieser Saison nicht zum Meistertitel gereicht. Fällt ihre Bilanz nach zwei Jahren Salzburg trotzdem positiv aus?
Trapattoni: "Sie ist sicherlich positiv. Im ersten Jahr waren wir sehr erfolgreich. Wir sind mit 19 Punkten Vorsprung Meister geworden. Das zweite Jahr war sehr schwierig. Aber wir haben gewusst, dass die Konkurrenz stärker wird."

Was hat den Ausschlag für ihren Abschied gegeben und wann ist die Entscheidung gefallen?
Trapattoni: "Es hat keinen fixen Zeitpunkt gegeben. Aber ich habe das Gefühl gehabt, dass es notwendig ist, mich zu verändern. Für die Mannschaft, für alle. Irland ist eine neue Herausforderung für mich. Die Familie war natürlich auch eine Komponente."

Sie sind den Menschen in Salzburg mit viel Respekt begegnet. Haben Sie die Pfiffe des Publikums bei ihrer Verabschiedung gekränkt?
Trapattoni: "Absolut nicht. Ich glaube nicht, dass mir das gegolten hat. Sie haben mich nicht persönlich ausgepfiffen. Außerdem ist es schon ein großer Erfolg, wenn zumindest 51 Prozent der Leute auf deiner Seite stehen. Das habe ich gelernt."

Gibt es nach dieser Saison trotzdem etwas, das sie sich vorzuwerfen haben?
Trapattoni: "Es gibt in jedem Jahr etwas, das man hätte besser machen können. Auch für mich. Aber wenn man dieses Jahr objektiv betrachtet, dann haben wir auch Pech gehabt. Es hat Verletzungen von wichtigen Spielern gegeben und wir haben fünf Elfmeter verschossen. Das 0:7 gegen Rapid war ein Ausnahmefall."

Haben Sie dieses 0:7 mit ein bisschen Abstand mittlerweile verkraftet?
Trapattoni: "Nein, das habe ich nicht. Es ist für mich noch immer unverständlich, wie eine Mannschaft mit solcher internationaler Erfahrung und Klasse in 15 Minuten vier Tore bekommen kann. Auch heute noch stelle ich meinen Spielern die Frage, wie das möglich war. Sie können mir keine Antwort geben."

Ein Urteil nach zwei Jahren: Wie viel Potenzial hat das Fußball-Projekt von Red Bull in Salzburg?
Trapattoni: "Um eine gute internationale Mannschaft aufzubauen, braucht es mindestens drei Jahre. Man kann nicht in einem Jahr viele teure Spieler kaufen und Erfolg haben. Man muss den Kader Schritt für Schritt ergänzen. Ich glaube aber, dass ich in Salzburg eine Mannschaft hinterlasse, die gutes Potenzial hat. Mit zwei, drei neuen Spielern kann sie auch international Erfolge feiern."

Sie waren vor Salzburg Trainer in Stuttgart. Wo würden Sie Salzburg in der deutschen Bundesliga einordnen?
Trapattoni: "Wir sind in diesen zwei Jahren auch auf große Mannschaften getroffen. Da ist es nur an Details gelegen, dass wir nicht weitergekommen sind - zum Beispiel in Donezk. Wenn wir so spielen, wie wir das können, dann könnten wir auch in Deutschland im Mittelfeld der Tabelle - oder sogar weiter oben - mitspielen."

Was haben Sie in den zwei Jahren für einen Eindruck vom Niveau des österreichischen Fußballs bekommen?
Trapattoni: "Österreich hat in den letzten Jahren einige Entwicklungen versäumt und dadurch den Anschluss an die Spitze verloren. Das hat auch mit wirtschaftlichen Problemen zu tun. Die Umsätze sind nicht so groß wie in England, Spanien, Italien oder Deutschland. Die jüngsten Entwicklungen sind aber positiv. Man hat verstanden, dass man mit dem Nachwuchs arbeiten muss. Dadurch wird man wieder auf ein gewisses Niveau kommen."

Auch ÖFB-Teamchef Josef Hickersberger setzt mittlerweile mehr auf junge Spieler. Geben Sie dem Team bei der EURO eine Chance?
Trapattoni: "Österreich hat eine schwierige Gruppe mit Deutschland und Kroatien. Trotzdem können sie die erste Runde überstehen. Der Enthusiasmus, das Umfeld und das Publikum können sehr viel bewirken. Die Spieler müssen Vertrauen haben und an sich selbst glauben. Viele sind jung und unerfahren, aber Hickersberger hat eine sehr klare Idee von ihrer Qualität."

Sie nehmen im Mai Ihren neuen Job in Irland auf. Wird das Ihre letzte Trainer-Station sein?
Trapattoni: "Ich weiß es nicht. Die Zukunft bringt immer neue Möglichkeiten. Ich habe einen Satz von einem Philosoph gelesen: 'Bedanken für die Vergangenheit, leben in der Gegenwart und offen denken in die Zukunft.' Das war ein großer Philosoph."

Nächste Seite: Traps Salzburg-Bilanz

Gesamtbilanz
86 Spiele - 48 Siege, 18 Remis, 20 Niederlagen (157:84 Tore)

Heimbilanz
43 Spiele - 33 Siege, 6 Remis, 4 Niederlagen (103:32 Tore)

Auswärtsbilanz
43 Spiele - 15 Siege, 12 Remis, 16 Niederlagen (54:51 Tore)

National
74 Spiele - 42 Siege, 17 Remis, 15 Niederlagen (141:69 Tore)

Davon Bundesliga
71 Spiele - 40 Siege, 17 Remis, 14 Niederlagen (134:66 Tore)

Davon ÖFB-Cup
3 Spiele - 2 Siege, 0 Remis, 1 Niederlage n.V. (7:3 Tore)

Europacup
12 Spiele - 6 Siege, 1 Remis, 5 Niederlagen (16:15 Tore)

Davon Champions-League-Qualifikation
8 Spiele - 5 Siege, 0 Remis, 3 Niederlagen (13:8 Tore)

Davon UEFA-Cup
4 Spiele - 1 Sieg, 1 Remis, 2 Niederlagen (3:7 Tore)

Alle 12 Europacup-Spiele von Red Bull Salzburg unter Trapattoni
CL-Quali 2006 - 2. Runde: FC Zürich (a) 1:2

CL-Quali 2006 - 2. Runde: FC Zürich (h) 2:0

CL-Quali 2006 - 3. Runde: Valencia (h) 1:0

CL-Quali 2006 - 3. Runde: Valencia (a) 0:3

UEFA-Cup 2006 - 1. Runde: Blackburn Rovers (h) 2:2

UEFA-Cup 2006 - 1. Runde: Blackburn Rovers (a) 0:2

CL-Quali 2007 - 2. Runde: FK Ventspils (a) 3:0

CL-Quali 2007 - 2. Runde: FK Ventspils (h) 4:0

CL-Quali 2007 - 3. Runde: Schachtjor Donezk (h) 1:0

CL-Quali 2007 - 3. Runde: Schachtjor Donezk (a) 1:3

UEFA-Cup 2007 - 1. Runde: AEK Athen (a) 0:3

UEFA-Cup 2007 - 1. Runde: AEK Athen (h) 1:0

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.