Kanada-Desaster

Genervter Vettel greift Red Bull an

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Pilot 'versteht Strategie nicht'. Doppelsieger McLaren ist voller Euphorie.

Bei Red Bull haben Durchhalteparolen Hochkonjunktur, bei Titelkonkurrent McLaren herrscht nach dem Doppelerfolg beim GP von Kanada eine Euphorie wie schon lange nicht mehr. "Wer vor ein paar Wochen noch gedacht hätte, dass uns die WM durch die Finger rinnt, der lag absolut falsch", meinte der sonst so nüchtern wirkende Teamchef Martin Whitmarsh. "Wir haben die besten Fahrer der Welt", behauptete er über den Montreal-Sieger Lewis Hamilton und dessen Teamkollegen und zweitplatzierten Jenson Button.

Vettel: "Gibt keinen Grund zur Panik"
Dagegen trösteten sich die Red-Bull-Verantwortlichen und -Fahrer damit, dass alles noch viel schlimmer hätte kommen können. "Wir wussten, dass das eine Strecke ist, die den McLaren entgegenkommt", sagte Teamchef Christian Horner nach einem turbulenten Rennen, in dem die Reifentaktik ausschlaggebend war, einmal sogar Sebastien Buemi im Toro Rosso kurz an der Spitze lag, Rekord-Weltmeister Michael Schumacher (11.) nach einer Pannenserie im Mercedes von beiden Force-Indias überholt wurde und Fernando Alonso im Ferrari starker Dritter wurde. Horner am Ende dennoch: "Wir haben besser abgeschnitten als erwartet. Wir wollen heute nicht zu enttäuscht sein."

Auch Sebastian Vettel sah das nach seinem vierten Platz vor seinem Teamkollegen Mark Webber ähnlich. "Von unserer Seite gibt es keinen Grund zur Panik. Wir haben ein sehr gutes Auto und wir freuen uns auf Valencia", meinte Vettel mit Blick auf das nächste Rennen. "Kanada ist ein ungewöhnliches Rennen, das es so nicht noch einmal gibt. Für die nächsten Rennen bedeutet das gar nichts", sagte Webber. "Wir werden zurückschlagen."

"Zu viele Punkte liegen gelassen"
Die Zahlen sind allerdings ernüchternd: Nach dem zweiten Doppelerfolg in Folge für McLaren ist Red Bull in der Teamwertung weiter zurückgefallen, im Fahrerklassement musste Webber die Führung an Hamilton abgeben. In Kanada stand erstmals in diesem Jahr kein Red-Bull-Fahrer auf dem Podium.

Für die "Bullen" rächt es sich, dass sie die Überlegenheit ihres Autos RB6 zu Saisonbeginn nicht konsequent ausnutzten. Durch technische Unzulänglichkeiten und den stümperhaften Crash in Istanbul zwischen Vettel und Webber bremste sich Red Bull immer wieder selbst aus. "Wir haben viel zu viele Punkte liegen gelassen", gestand auch Red-Bull-Motorsportbeauftrager Dr. Helmut Marko ein.

Verwunderung über Red Bull-Strategie
Auch in Montreal lief nicht alles glatt. Bis zum ersten Boxenstopp schien die Taktik aufzugehen. Hamilton war mit weichen Reifen von der Pole Position losgefahren. Schon in der achten Runde musste er wie erwartet die stark beanspruchten Pneus gegen härtere Gummis tauschen. Vettel wurde an die Spitze gespült.

Doch nur sieben Runden später wechselte er seine harten und vermeintlich haltbareren Reifen aus - zu wenig Zeit, um einen Vorsprung herauszufahren und nach einem Stopp an der Spitze zu bleiben. "Unsere Strategie habe ich nicht ganz verstanden. Da steig ich noch nicht dahinter", meinte der 22-Jährige genervt. Nachdem er auf Platz vier zurückgefallen war, sei das Rennen gelaufen gewesen, zudem wurde er ab Mitte des Rennens von einem Getriebeproblem gebremst.

Hamilton führt Fahrerwertung an
Ganz anders McLaren: Die Engländer haben Red Bull offensichtlich nicht nur ein-, sondern auch überholt. Der 25-jährige Hamilton, der schon in der Türkei vor Button gewonnen hatte, warnte aber nach seinem "härtesten Rennen". "Du kannst sehen, wie eng es in der Meisterschaft ist", sagte er. "Ich bin sicher, es wird noch viele Auf und Ab geben." Noch sieht er sein Team auf anderen Strecken als in  Kanada hinter Red Bull: "Wir tun alles, um die Lücke zu schließen."

In der Fahrerwertung ist Hamilton schon jetzt vorne. Mit 109 Punkten rangiert er nach dem achten Rennen erstmals seit seinem Titelgewinn vor zwei Jahren wieder an der Spitze des Klassements. Mit 109 Punkten liegt er vor Weltmeister Button (106), Webber (103), dem Kanada-Dritten Fernando Alonso im Ferrari (94) und Vettel (90). "Wie wir gesehen haben, können sich die Dinge sehr schnell ändern", meinte Vettel.

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