Für ein Jahrzehnt

Mirna Jukic prägte Schwimmsport

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Die Wienerin gewann im zarten Alter von 15 ihre ersten Medaillen.

Mirna Jukic hat die heimische Schwimm-Szene im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts entscheidend geprägt. 1999 war sie mit ihrem Vater Zeljko und Bruder Dinko von ihrem Vaterland Kroatien nach Wien gekommen, erhielt im Juli 2000 die österreichische Staatsbürgerschaft und schwamm erst 14-jährig der nationalen Konkurrenz bereits davon. Es folgten in der allgemeinen Klasse insgesamt 22 Medaillen, dreimal wurde die Brustlagen-Spezialistin zu Österreichs "Sportlerin des Jahres" gekürt.

Unverzichtbar
Olympia 2000 kam noch etwas zu früh für den Teenager, auch wenn ihr nicht viel auf das Limit fehlte. Also absolvierte sie ihren Premieren-Einsatz im österreichischen Team drei Monate nach den Spielen bzw. eine Woche vor Weihnachten 2000 bei einem Jugend-Vergleichskampf mit Hessen und Bayern in Braunatal/Deutschland. Spätestens ab da war sie für Rot-Weiß-Rot sportlich unverzichtbar, immer mit ihrem sie betreuenden Vater an der Seite ging sie ihren Weg.

Jukic' erste große Titelkämpfe waren gleich Langbahn-Weltmeisterschaften. Dabei erreichte sie 2001 in Fukuoka fast schon unbescheiden zwei Endläufe, war damit an den bis dahin größten Erfolgen in der modernen Geschichte des österreichischen Schwimmsports beteiligt. Trotzdem stand sie im Schatten von Maxim Podoprigora und Markus Rogan, sensationell Gewinner der Silbermedaillen über 200 m Brust bzw. 200 m Rücken.

Podest
Schon im Dezember darauf stand Jukic aber selbst auf dem Podest, und zwar mit zweimal Silber bei den Kurzbahn-Europameisterschaften in Antwerpen. Danach ging es für das Team-Küken Schlag auf Schlag. Noch 15-jährig gewann sie im April 2002 in Moskau mit Kurzbahn-Bronze über 200 m Brust ihre erste WM-Medaille, knapp vier Monate später kürte sie sich über diese Strecke in Berlin zur Europameisterin, glänzte erstmals so richtig mit ihren langgezogenen Zügen.

Für diese in Österreichs Schwimmsport bis dahin einzigartige Leistung wurde Jukic zu Jahresende das erste Mal zu Österreichs "Sportlerin des Jahres" gewählt. 2008 nach Olympia- und 2009 nach WM-Bronze gelang ihr das erneut. Ab ihrem Berlin-Gold war die Schülerin auf der langen Distanz in Europa fast unschlagbar. Sie eroberte die EM-Titel auf der Kurzbahn 2002 und 2003 sowie auf der Langbahn 2004.

Als klare Favoritin nahm sie die Heim-Kurzbahn-EM im Dezember 2004 in Angriff, doch ausgerechnet da riss die Siegesserie. Doch auch mit zwei in der Wiener Stadthalle errungenen Silbermedaillen durfte sie zufrieden sein. Vielleicht war es aber auch ein Vorbote eines kleinen Leistungseinbruchs, auch wenn sie 2005 in Montreal erstmals auch bei einer Langbahn-WM auf das Podium kam. Die Konkurrenz war aber nicht die allerstärkste, die Zeit nicht ihre allerbeste.

Der wahre Dämpfer folgte freilich 2006, die Diagnose lautete auf Pfeiffer'sches Drüsenfieber. Ein halbes Jahr lang ging gar nichts, und auch danach war nur ein langsames Herantasten möglich. Die Langbahn-WM 2007 in Melbourne diente der indes 20 Jahre gewordenen Top-Sportlerin daher dazu, in der erweiterten Weltspitze wieder Fuß zu fassen. An Medaillen war da noch nicht wieder zu denken, doch 2008 wurde dafür zu ihrem erfolgreichsten Jahr überhaupt.

Bei der Langbahn-EM in Eindhoven holte sie überraschend Gold über 100 m Brust, dazu Silber über 200 und Bronze über 50 m Brust. Erstmals bei einem Großereignis hatte Jukic auf allen drei Bruststrecken zugeschlagen. Ihre alten Bestzeiten ließ die SC-Austria-Wien-Athletin bald tatsächlich alt aussehen und erfüllte sich in Peking mit Olympia-Bronze über 100 m Brust den Athleten-Traum schlechthin.

Gedanken ans Karriere-Ende
Nach diesem Erfolg kamen Jukic erste Gedanken an ein mögliches Karriere-Ende, die nahende Kurzbahn-EM 2008 in ihrer früheren Heimat Kroatien wischte diese Überlegungen aber rasch weg. Und ihre "zweite Heim-Europameisterschaften" wurden dann auch zu Jukic-Festspielen, bei denen sie zweimal aufs Podest kam und Bruder Dinko seinen ersten Titel holte. Der heute 21-Jährige war für Schwester Mirna wie ihr Vater und die in Kroatien berufstätige Mutter Mirela in schwierigen Situationen immer Anlaufstation.

Mit all deren Unterstützung entschloss sie sich auch noch die dann schon recht zeitnahen Langbahn-Weltmeisterschaften in Rom zu bestreiten, wurde mit ihrem zweiten WM-Bronze über 200 m Brust belohnt. Einen Tag später bestritt sie noch den WM-Vorlauf über 50 m Brust. Nach diesem Rennen startete Jukic ihre Auszeit, verlängerte sie im März 2010 auf damals unbestimmte Zeit, bis sie am Donnerstagabend schließlich ihren Rücktritt vom Leistungssport bekanntgab.

Die Spiele in Peking bedeuteten aber auch privat einen Einschnitt in Jukic' Leben. Mit Österreichs Tennis-Ass Jürgen Melzer verbanden sie ab da zarte Bande, nach der Rom-WM begleitete sie Österreichs Nummer eins im Filzkugel-Sport immer häufiger und intensiver zu den Turnieren. Mit ihrer Unterstützung, ihrem Verständnis und ihrer Liebe gab sie dem heute 29-Jährigen die Kraft zum Erfolg, mit der sie selbst so viel für Österreichs Sport erreicht hat.

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Mirna JUKIC (24 Jahre)
 Geboren: 9. April 1986 in Novi Sad
 Wohnort: Wien (seit 1999/Österreicherin seit 2000)
 Größe/Gewicht: 1,78 m/68 kg
 Familienstand: ledig, Freund Jürgen Melzer
 Verein: SC Austria Wien
 Trainer: Zeljko Jukic (Vater)
 Beruf: Studentin der Publizistik- und Kommunikationswissenschaften
 Hobbys: Musik, Inline-Skaten, Volleyball, Basketball, Tennis

 Größte Erfolge (jeweils über Brustlage):
 Langbahn:
 * Olympia: Bronze 100 m 2008
 * WM: Bronze 200 m 2005 und 2009
 * EM: Gold 200 m 2002 und 2004 sowie 100 m 2008
 * EM: Silber 200 m 2008
 * EM: Bronze 100 m 2004 und 50 m 2008
 * Mehrfache Ex-Europarekordhalterin 100 und 200 m Brust

 Kurzbahn:
 * WM: Bronze 200 m 2002
 * EM: Gold 200 m 2002 und 2003
 * EM: Silber 200 m 2001, 2004, 2007 und 2008
 * EM: Silber 100 m 2001, 2002, 2004 und 2007
 * EM: Bronze 100 m 2003 und 2008

 * Sonstiges: Österreichs "Sportlerin des Jahres" 2002, 2008 und 2009
 Medaillen bei Großereignissen: 22 (5 Gold, 9 Silber, 8 Bronze)
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