Nach dem Ausstieg der Innsbrucker offenbart sich einmal mehr das Dilemma der EBEL. Kosten-Frage aktueller denn je.
Mit einem Paukenschlag ist am Dienstag die Viertelfinalphase der Erste Bank Eishockey Liga beendet worden. Aber weniger der 5:1-Sieg der Vienna Capitals gegen die Graz 99ers, die den Wienern den Aufstieg ins Halbfinale gebracht hat, beschäftigt die österreichische Eishockey-Gemeinde, sondern vielmehr der am Dienstag beschlossene Ausstieg der Innsbrucker Haie. Neun Jahre nach dem großen Crash ist Spitzeneishockey neuerlich für viele Clubs nicht mehr oder nur noch sehr schwer zu finanzieren. Die Liga wird sich bei einer Präsidenten-Sitzung nächsten Freitag die Kosten-Frage stellen.
Mion warnt
"Die Lage ist viel ernster, als viele glauben",
erklärte VSV-Obmann Giuseppe Mion. "Wir haben immer gewarnt vor der
Entwicklung. Wie schnell was passieren kann, haben wir schon zwei-, dreimal
in unserem Eishockey-Leben mitgemacht. Derzeit geht es nicht nur gegen die
eigene Brieftasche, sondern auch gegen das Eishockey in Österreich. Es ist
keine sportliche Auseinandersetzung der Clubs, sondern es spielt mehr Geld
gegen weniger Geld. Ich erwarte von den Liga-Verantwortlichen eine
entsprechende Reaktion und vom Verband klare Worte, Kontrolle und
Verantwortung, dass nicht wieder so etwas passiert wie vor zehn Jahren", so
Mion.
Erinnerungen an Jahr 2000
Der Villacher hat die Situation des
Jahres 2000 noch in bester Erinnerung. Von den vier Clubs waren damals VEU
Feldkirch und der WEV aus finanziellen Gründen ausgeschieden, übrig blieben
nur die beiden Kärntner Traditionsvereine KAC und VSV. Mit den Vereinen der
Nationalliga sowie Innsbruck, das aus der dritten in die erste Liga
aufstieg, wurde eine neue Zehnerliga mit strikter Legionärsbeschränkung (je
zwei für VSV und KAC, je vier für die anderen Vereine) gestartet. Die
Legionärszahl ist mittlerweile längst freigegeben, man versucht mit dem
nicht wirklich tauglichen Mittel Punkteregelung (jeder Spieler ist gewisse
Punkteanzahl wert, ein Verein hat bestimmte Punktezahl zur Verfügung), der
Situation Herr zu werden.
Haie sind weg
Doch Innsbruck hat nach acht Jahren Oberhaus die
Reißleine gezogen, auch wenn Liga-Präsident Karl Nedwed oder
Capitals-Präsident Hans Schmid ("Ich hoffe noch auf Innsbruck, dass man noch
Sponsoren findet, und baue auf Landeshauptmann Platter") die Hoffnung noch
nicht ganz aufgegeben haben. Nedwed hofft auch auf ein generelles Umdenken.
"Vielleicht sind jetzt alle aufgewacht", sagte Nedwed. "Es ist Zeit dazu. Es
gibt einige, die genauso denken, ich bin zuversichtlich", so der Liga-Boss.
Kommt "salary cap"?
Der Kärntner sieht in einer
Gehaltsobergrenze für die Clubs die Lösung. "Der salary-cap wäre die einzige
Lösung. Das Punktesystem war nur als Krücke für den salary-cap gedacht",
erklärte Nedwed. Da die Planungen und Regelungen für die nächste Saison
schon fortgeschritten sind, kommt möglicherweise eine Übergangslösung in
diese Richtung und ab der übernächsten Saison 2010/11 die Gehaltsobergrenze.
Eine spezielle Lösung bedarf es wohl für Salzburg, das ja ein eigenes
Farmteam hat.
Zagreb könnte einspringen
Um wieder eine Zehnerliga spielen
zu können, könnte Zagreb in der nächsten Saison in die Liga einsteigen. Die
Kroaten haben schon im Vorjahr einen Aufnahmeantrag gestellt, die
Hallenproblematik soll gelöst sein, in den kommenden Tagen wird es ein
Treffen zwischen Liga-Verantwortlichen und Vertretern von Zagreb geben.
"Zagreb ist natürlich kein Innsbruck-Ersatz, aber mit neun Vereinen wäre es
nicht optimal", so Nedwed, der aber auch die Entwicklung in Slowenien mit
Sorge betrachten muss. Sowohl Olimpija Laibach als auch Jesenice kämpfen mit
den Finanzen, wobei die Lage in Jesenice schwieriger erscheint. Der
Stahlkonzern Acroni, Hauptsponsor des Eishockey-Clubs, denkt angeblich über
einen Ausstieg nach. Da die Erste Bank in Slowenien nicht vertreten ist und
die slowenischen Clubs daher vom Liga-Hauptsponsor nicht unterstützt werden,
haben Jesenice und Laibach ohnehin schon einen Wettbewerbsnachteil.
Klub-Vertreter uneins
Dass es so nicht weitergehen kann, sehen
auch Schmid und Graz-Trainer Bill Gilligan. Allerdings mit konträrem Zugang.
Während Caps-Präsident Schmid seine Forderung nach völliger Aufhebung der
Legionärsbeschränkung ohne Punkteregelung erneuerte ("So lange es keine
vernünftige Regelung gibt, gehört frei gespielt") und die Administration der
Liga kritisierte, rät Gilligan zu engeren Regeln. "Ich weiß nicht, ob die
Liga diese Substanz hat, so wie die Mannschaften zusammen gestellt sind.
Kein Land in Europa hat so viele Legionäre, das ist nicht gut für die
Entwicklung. Aber das ist nicht nur eine Preisfrage, sondern auch eine
Philosophie. Man soll sich gut überlegen, was man haben will und was man
haben kann. Die Clubs haben Mühe, die Rechnungen zu bezahlen. Es kann nicht
sein, dass die Spitzenclubs die anderen in den Konkurs treiben", meinte der
US-Amerikaner.