Thomas Vanek

"Habe mit Wechsel spekuliert"

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Fünfter und letzter Teil unserer Interview-Serie mit Österreichs Nordamerika-Legionären. Diesmal: Thomas Vanek. Bereits in seiner Rookie-Saison übertraf der Grazer mit 25 Toren und 23 Assists alle Erwartungen.

Im Exklusiv-Interview mit oe24.at spricht der derzeit unumstritten beste Eishockeyspieler Österreichs offen über sein Verhältnis zu Coach Lindy Ruff, seine Pläne für die heurige NHL-Saison und dass er nach der letzten Saison tatsächlich überlegte, den Klub zu wechseln.

oe24.at: Zunächst einmal Gratulation zur abgelaufenen Saison. Wie zufrieden sind Sie selbst mit Ihrem ersten Jahr bei den Sabres?
Vanek: Ich bin auf jeden Fall einmal zufrieden, dass ich in der NHL gespielt und meinen Traum erfüllt habe.

oe24.at: Ist alles so gelaufen, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Vanek: Meine persönlichen Ziele waren so um die 20 Tore zu schießen und mit der Mannschaft in die Playoffs zu kommen. Das habe ich alles erreicht, aber natürlich kann’s immer besser laufen.

oe24.at: Wie war das Verhältnis zu Trainer Lindy Ruff?
Vanek: Es ist bekannt, dass er zu den Rookies immer etwas härter ist. Das war keine Überraschung.

oe24.at: Man hat ja relativ viel darüber gehört, dass es zwischen Ihnen und dem Coach Differenzen gegeben hätte. Was ist da wirklich dran?
Vanek: Wie gesagt, er ist einfach hart. Er coacht schon seit zehn Jahren und wird seine Mentalität jetzt nicht mehr ändern.

oe24.at: Was war am Ende der Saison mit Ihnen los? Da haben Sie ja doch öfters von der Tribüne zusehen müssen.
Vanek: Ruff hat mich nur in der dritten und vierten Linie spielen lassen. Und ich bin nun mal kein Spieler, der seine Stärken in der Defensive hat. Da kann ich der Mannschaft nicht so helfen und mein Spiel spielen. Wir haben uns am Ende der Saison auch mit meinem Agenten hingesetzt und über einen Wechsel diskutiert. Beim Draft in Vancouver wären auch genug Mannschaften an mir interessiert gewesen, aber Buffalo hat alles abgesagt. Der Trainer hat mir dann auch gesagt, dass ich nächste Saison wieder in der ersten und zweiten Linie spielen werde. Er rechnet mit mir und baut auf mich.

oe24.at: Sie haben also tatsächlich mit einem Wechsel spekuliert?
Vanek: Die Mannschaft war ja perfekt. Aber ich muss ja sportlich auf mich selbst schauen. Wenn ich nächstes Jahr tatsächlich das ganze Jahr in den ersten beiden Linien spiele, erwarte ich selbst auch mehr von mir.

oe24.at: Können Sie sich vorstellen, Ihren Vertrag nächstes Jahr bei Buffalo zu verlängern?
Vanek: Da hab ich nicht so viel zu sagen. Durch die Kollektivvertragssituation bin ich die nächsten fünf Jahre noch an Buffalo gebunden.

oe24.at: Ein „Arbitration“-Verfahren wäre keine Möglichkeit?
Vanek: Das kann ich erst nach vier Jahren machen und nächstes Jahr ist erst mein drittes mit NHL-Vertrag. Wenn ich nächstes Jahr eine gute Saison habe und mir Buffalo einen schlechten Vertrag anbietet, habe ich noch immer die Möglichkeit eines „Holdouts“.

oe24.at: Haben Sie die Vertragsverhandlungen Ihrer Kollegen im Sommer mitverfolgt? Die Sabres mussten ja praktisch mit dem kompletten Team neue Verträge aushandeln.
Vanek: Natürlich, es ist ja interessant, mit wem man nächste Saison zusammen spielt! Bei den Gehältern hat’s natürlich einige Überraschungen gegeben. Aber ein Danny Briere ist seine fünf Millionen schon wert.

oe24.at: Hat es Sie überrascht, dass Sabres-Urgestein Jay McKee zu den Blues gewechselt ist?
Vanek: Nein, wir haben das alle gewusst. Buffalo gibt nicht so viel Geld für so einen Spieler aus.

oe24.at: Trotzdem kommen die Sabres heuer knapper an den Salary Cap ran, als im Vorjahr. Hat Besitzer Tom Gollisano seine Philosophie geändert?
Vanek: Die Philosophie ist zu gewinnen. Aber ein paar Spieler werden wohl noch getradet werden.

oe24.at: Wen sehen die Spieler eigentlich als Nummer-1-Goalie: Miller oder Biron? Unter den Fans gibt’s da ja heftige Diskussionen.
Vanek: Es sind beide super Menschen und super Goalies. Aber Miller ist jetzt die Nummer eins. Er hat die meisten Spiele gemacht, hat in den Playoffs gut gespielt und er ist jünger.

oe24.at: Wo sehen Sie selbst Ihr größtes Verbesserungspotenzial?
Vanek: Auf alle Fälle im Defensivverhalten, da kann man immer dran arbeiten. Konstanz ist aber auch wichtig, ich muss einfach bei jedem Spiel meine Leistung abrufen. Das ist nicht so einfach, immerhin hat man in der regular season schon 82 Spiele.

oe24.at: Haben Sie sich da im Sommertraining speziell darauf vorbereitet?
Vanek: Auf jeden Fall. Im letzten Sommer habe ich viel Kraft trainiert und viel Kondition. In der neuen NHL ist aber vor allem Schnelligkeit wichtig. In der AHL ist noch eher das alte System gefragt gewesen, wo man vor allem groß und stark sein musste.

oe24.at: Rein von der Torausbeute haben Sie sich in der AHL ja sogar leichter getan. Wo würden Sie Ihre Stärken sehen?
Vanek: Die AHL war sicher nicht einfacher, auch wenn sie nicht ganz das Niveau von der heurigen NHL hatte. Da ist halt das Team gefragt. Alleine geht gar nichts, da ist der beste Spieler hilflos.

oe24.at: Ist das eine Anspielung auf Afinogenow, mit dessen Eigensinnigkeit Sie ja nicht so gut zurecht gekommen sind?
Vanek: Es ist schwierig, wenn man mit Spielern spielt, mit denen es kein Spielverständnis gibt. Er ist ja ein sehr guter Spieler, aber er ist halt auch ein Spieler, der die Scheibe nimmt und alleine fährt. Wenn er dich sieht, dann ist’s gut, wenn nicht, dann… Derek Roy ist da ein ganz anderer Spieler, der sucht dich und spielt ab.

oe24.at: Mit wem würden Sie bei den Sabres gerne in einer Linie zusammenspielen?
Vanek: Eine Traumlinie habe ich keine. Das Spielverständnis passiert einfach.

oe24.at: Am Anfang der letzten Saison haben Sie in einer Linie mit Briere und Dumont gespielt, was ja ganz gut funktioniert hat…
Vanek: Das hat gut funktioniert, aber dann hat es Verletzungen gegeben und die Linien wurden durcheinander gewürfelt. Ich habe auch mit Ales Kotalik Tim Conolly gut zusammen gespielt. Dann hat sich Conolly verletzt und so wurde wieder neu zusammengestellt. Es gehört also auch viel Glück dazu.

oe24.at: Wart ihr von euren Erfolgen in der letzten Saison überrascht?
Vanek: Nicht unbedingt. Wir haben gewusst, dass wir eine sehr schnelle und gute Mannschaft mit zwei tollen Goalies haben.

oe24.at: Wie wohl fühlen Sie sich in der Mannschaft? Gibt’s Kameradschaft innerhalb des Teams?
Vanek: Wir verstehen uns alle gut. Am College habe ich auch gehört, dass in den USA die Pro-Mannschaften nicht so viel zusammen machen, in Buffalo ist das mit den vielen Jungen aber anders. Die Älteren sind bei uns auch locker und gemütlich. Es ist eine gute Mischung aus alt und jung.

oe24.at: Man geht nach dem Training auch mal gemeinsam auf ein Bier, oder lässt dann jeder seinen Schläger fallen und geht nach Hause?
Vanek: In der Halle haben wir alle Spaß und die Spieler, die Familie haben, gehen nachher meistens heim, aber die Jungen hängen dann noch gemeinsam ab. Wir gehen öfters gemeinsam essen und ins Kino. Wenn wir auswärts spielen, kommen die Älteren natürlich auch mit.

oe24.at: Haben Sie so was wie Freunde im Team oder bleibt es bei guter Kameradschaft?
Vanek: Mit den meisten Jungen bin ich auch im Sommer in Kontakt. Roy und Conolly, Miller zum Beispiel.

oe24.at: Wie geht’s Conolly eigentlich. Erholt er sich schon von seiner Kopfverletzung?
Vanek: Ich habe mit ihm nach seinem Vertragsabschluss telefoniert. Er hat noch immer Kopfschmerzen, aber er hat schon mit leichtem Training in der Kraftkammer angefangen. Er hat gemeint, dass es von Woche zu Woche besser.

oe24.at: Wie haben Sie die Zeit seit dem Ausscheiden aus den Playoffs verbracht?
Vanek: Die ersten zwei, drei Wochen habe ich nicht viel gemacht. Ich bin nur zurück nach Minneapolis gefahren und habe dort Zeit mit meiner Freundin und Freunden verbracht. Im Norden war ich ein bisschen fischen. Seitdem trainiere ich wieder von Montag bis Samstag.

oe24.at: Ist Amerika inzwischen so etwas wie eine zweite Heimat geworden? Sie haben sich ja in Minneapolis auch ein Reihenhaus gekauft.
Vanek: Auf jeden Fall, ich verbringe ja auch fast den ganzen Sommer dort. Ich bin ja auch so jung weggegangen. Ich habe auch meine besten Freunde drüben. Ein paar habe ich auch noch in Graz und in Klagenfurt, aber in den zwei Wochen, die ich im Jahr herüben bin…

oe24.at: Wirkt sich das auch irgendwie aufs Nationalteam aus? Haben Sie da mit einigen Spielern Kontakt?
Vanek: Mit den Kollegen aus dem Nationalteam ist es schwierig. Ich bin in Übersee, sie sind herüben. Aber mit dem Thomas Koch unterhalt ich mich öfter übers Internet. Wie ich in Prag (2004) dabei war, hatten wir ein tolles Team und da haben wir uns alle gut verstanden. Mit 20 Leuten in Kontakt zu bleiben ist aber schwierig. Ich hoffe, dass ich wieder einmal die Möglichkeit bekomme, für’s Team zu spielen.

oe24.at: Sie würden sich über eine Einberufung also freuen?
Vanek: Auf jeden Fall. Wir hatten damals eine echt gute Zeit und ich würde es auf jeden Fall wieder machen. Wenn wir heuer die Playoffs nicht geschafft hätten, wäre ich auch wieder dabei gewesen, wenn man mich gebraucht hätte. Und das wird in den nächsten Jahren auch so sein.

oe24.at: Sehen Sie junge Spieler im Nationalteam, die das Potenzial hätten, in Nordamerika zu spielen?
Vanek: Ich glaube, der Oliver Setzinger hat noch immer eine Chance, obwohl ich nicht weiß, wieso er noch nirgends unterschrieben hat. Hoffentlich wird er den Traum nicht aufgeben. Das Gleiche gilt für den Thomas Koch.

oe24.at: Aber der ist ja jetzt eben erst von Schweden nach Österreich zurückgekehrt.
Vanek: Ja, aber das hat eben oft mit dem Management und dem Team zu tun. Bei ihm hat das nicht gepasst. Und nur weil er wieder nach Österreich zurückgeht, heißt das nicht, dass er ein schlechter Spieler ist. Er hat sich’s sicher verdient, im Ausland zu spielen. Er ist perfekt für die neue NHL: er ist technisch stark, schnell. Grabner und Nödl wurden jetzt auch hoch gedraftet und haben gute Chancen, es zu schaffen.

oe24.at: Welches war eigentlich Ihr schönstes Tor im letzten Jahr?
Vanek: Am meisten bleibt mir sicher mein erstes Tor daheim gegen Carolina in Erinnerung. Das ist einfach ein Traum in Erfüllung gegangen. Vielleicht schaue ich sie mir in zwanzig Jahren alle mal an und entscheide dann.

oe24.at: Wie war das, mit den Jungstars Ovechkin und Crosby am Eis zu stehen?
Vanek: Toll! Das sind beide sehr gute Spieler. Aber sie haben’s halt schwer mit Mannschaften wie Washington und Pittsburgh. Da lastet auf den beiden Rookies die ganze Verantwortung. Sie stehen im Powerplay die ganze Zeit am Eis und spielen im Schnitt mehr als 20 Minuten pro Match. Auf der anderen Seite ist es natürlich gut für die beiden, weil sie viel gespielt und gelernt haben.

oe24.at: Haben Sie die beiden wegen ihrer vielen Eiszeit und ihrer Freiheiten nicht ein wenig beneidet?
Vanek: Das sind beide Weltklassespieler und verdienen die Aufmerksamkeit und die Freiheiten auch. Es passt schon so, wie es ist. Ich bin lieber in einer Mannschaft, mit der ich die Playoffs schaffen und den Stanley Cup gewinnen kann.

oe24.at: Die NHL ist ja ein Riesending. Für Europäer ist es schwer vorstellbar, wenn man kein Spiel in den USA gesehen hat. Wie ist der Kontakt zu den Fans? Haben Sie noch Ruhe, wenn Sie auf die Straße gehen? Fühlen Sie sich wohl im Umgang mit den Fans?
Vanek: Ach, ich fühl mich schon wohl. Vor allem in Buffalo nimmt das nicht solche Ausmaße an. Klar, man wird von mehreren Menschen erkannt, aber die Amerikaner sind alle so höflich. Wenn einer herkommt, dann nur, um alles Gute zu wünschen. In den Playoffs ist das etwas anderes, da hängen dann in der ganzen Stadt die Fahnen und man sieht überall die Dressen. Umso mehr man gewinnt, umso mehr wird man natürlich auch erkannt.

oe24.at: Ein cooles Gefühl, wenn man die Fans mit Vanek-Dressen sieht?
Vanek: Da habe ich natürlich schon Gänsehaut bekommen, wie ich beim ersten Spiel Fans mit meinem Dress gesehen habe. Am Anfang ist es cool, aber es wird dann zum Glück normal. Natürlich freut man sich, wenn Fans dich um ein Autogramm bitten.

oe24.at: Apropos Dressen – freuen Sie sich schon auf euer neues Design? Die Fans sind ja nicht sonderlich begeistert.
Vanek: Ich weiß nicht. Wir sind heuer mit den alten Dressen weit gekommen… Im Ernst: Dressen sind Dressen. Wichtig ist, dass wir die gleichen Spieler wieder haben.

oe24.at: Prognose für die nächste Saison – wie viele Vanek-Tore?
Vanek: Hoffentlich mehr als heuer, das ist das Ziel. Belassen wir es bei dem.

oe24.at: Und der Stanley Cup?
Vanek: Das ist schwierig. Nein werde ich natürlich nicht sagen. Es ist auf jeden Fall mein Traum, aber in der neuen NHL mit dem Salary Cap ist viel möglich. Vielleicht schafft’s ja heuer St. Louis, die letztes Jahr Letzter geworden sind. Es ist heute nicht mehr so wie vor drei oder vier Jahren, wo man genau gewusst hat, dass Detroit oder Colorado weit kommen, weil sie das meiste Geld und die besten Spieler hatten. Natürlich haben wir auch wieder gute Chancen, heuer weit zu kommen.

Von C. Schleifer und D. Winkler/ÖSTERREICH

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