Alexis Pinturault hat seinen Traum von der Goldmedaille in der Heimat verwirklicht. In Courchevel, wo der Franzose aufgewachsen ist und sich das skifahrerische Rüstzeug angeeignet hat, entschied er am Dienstag die WM-Kombination vor den zwei Österreichern Marco Schwarz und Raphael Haaser für sich.
Nach schwierigen Zeiten siegte Pinturault in der Heimat, in der er auch seine berufliche Zukunft sieht.
Nach dem Gewinn des Gesamtweltcups, den er sich vor zwei Jahren nach einem elektrisierenden Zweikampf mit Marco Odermatt gesichert hatte, passte bei Pinturault nicht mehr viel zusammen. Seit dem Saisonfinale 2020/21 siegte der 31-Jährige im Weltcup nicht mehr, bei den Olympischen Spielen in Peking ging er leer aus.
Es war des Schlechten zu viel für den mit 34 Siegen im Weltcup mit Abstand erfolgreichsten Franzosen. Er veränderte sein Trainerteam, auch im Servicebereich gab es mit dem Abgang des Österreichs Guntram Mathis eine Rochade. Selbst einen Materialwechsel hatte Pinturault nach der verkorksten Saison ins Auge gefasst. Anstelle der Rückkehr zu seinem früheren Ausrüster Salomon entschied er sich aber für den Verbleib bei der Firma Head, mit der er einen neuen, für vier Jahre gültigen Vertrag unterzeichnete.
Il y a eu la deception, le doute, la tristesse... je me suis demandé si j'en étais encore capable, si j'étais toujours à ma place... Aujourd'hui j'ai la meilleure des réponses : Champion Du Monde à la maison ???? Merci à l'équipe, la famille et à vous ! #WorldChampion @CM_2023 pic.twitter.com/1EOLDRYZfd
— Alexis Pinturault (@AlexPinturault) February 7, 2023
Leistungstief erreicht vor zwei Wochen Höhepunkt
Vor der WM war Pinturault mit der bescheidenen Referenz eines einzigen Podestplatzes heimgekehrt. In Beaver Creek, Colorado, wurde er Dritter im Super-G. Das Tief hatte vor zwei Wochen seinen Höhepunkt erreicht, als Pinturault in den Slaloms in Kitzbühel und in Schladming die Qualifikation für den zweiten Lauf verpasste.
Doch in Courchevel vor seiner Haustüre, wo er jede Bodenwelle kennt, war am Dienstag wieder ein anderer Pinturault am Werk. Die Basis zu seinem zweiten WM-Titel in der Kombination nach jenem vor vier Jahren in Aare legte er mit Bestzeit im Super-G. Am Ende entschied er das Duell gegen Schwarz mit einer Zehntelsekunde Vorsprung für sich. Es war eine geglückte Revanche gegen den Kärntner, dem er sich vor zwei Jahren in Cortina d'Ampezzo um vier Hundertstel hatte geschlagen geben müssen.
"Es fällt mir schwer zu beschreiben, was mir dieser Sieg bedeutet. Wenn ich meine Resultate in diesem Winter berücksichtige, ist dieser Erfolg unglaublich", sagte Pinturault. Er war zwei Tage zuvor noch mit Fieber im Bett gelegen.
Die umstrittene, weil im Weltcup kaum mehr ausgetragene Kombination aus einem Speed- und einem Slalombewerb scheint ihm wie auf den Leib geschneidert. Pinturault könnte, ohne es aktuell zu wissen, zum letzten Weltmeister der Traditionsdisziplin avanciert sein. "Ich bin ein Fan der Kombination, es ist ein großer Teil der Skigeschichte. Diese Disziplin kann sehr interessant sein", betonte Pinturault.
Pinturault wird Hotelbetreiber
Aber auch er hat bemerkt, dass der Teilnehmerkreis immer elitärer wird. "Mit immer weniger Rennen werden auch gute Rennfahrer dafür immer weniger", sagte er. Dabei wäre es, so Pinturault, gerade hinsichtlich des Gesamtweltcups ("das Ziel unseres Sports") notwendig, Allrounder zu fördern. Er ist davon überzeugt: Stünden mehr Kombis im Weltcup-Kalender, würden sich auch wieder mehr Athleten dafür erwärmen.
Pinturault siegte an jenem Ort, in dem er auch in Zukunft leben und arbeiten wird. Sein weiterer Weg nach der sportlichen Karriere ist bereits arrangiert. Er wird die Leitung des Vier-Sterne-Hotels Les Peupliers übernehmen. Das Haus, einen Steinwurf vom WM-Zielgelände entfernt, ist im Besitz seiner Familie. Während der Weltmeisterschaft dient das Hotel Frankreichs Männer-Team als Unterkunft.
Pinturault wird dann als Hotelier die Familientradition fortsetzen. Die Geschichte der Pinturaults als Unternehmer in Courchevel hatte vor über 60 Jahren mit der Eröffnung des Hotels Les Sherpas begonnen. Mit dem Bau des Annapurna, einem Fünf-Sterne-Haus, folgte der Schritt in die Luxus-Hotellerie. Vater Claude stieg mit seiner Frau Hege, einer gebürtigen Norwegerin, vor 38 Jahren ins väterliche Geschäft ein. Mittlerweile hat Sandra, die älteste von Alexis' Geschwistern, die Leitung des Annapurna übernommen. Als zukünftiger Hotel-Direktor sieht Alexis Pinturault "das Leben, das mir gefällt. Hier in Courchevel finde ich dafür den idealen Rahmen".