Letzte Chance im Slalom auf Gold

Slalom-Spektakel zum WM-Abschluss

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Der letzte Tag der alpinen Ski-WM 2023 verspricht ein Slalom-Spektakel. Nirgends ist der Anwärterkreis größer, nirgends ist die Toleranzschwelle geringer, nirgends liegen die Erwartungen der ÖSV-Präsidentin höher als im Slalom am Sonntag.

"Als ehemalige Slalomläuferin bin ich davon überzeugt, dass wir im Herren-Slalom eine Medaille holen", hatte Roswitha Stadlober im Vorfeld der WM gesagt. Da ahnte sie noch nicht, dass Gold bis zuletzt in der Warteschleife hängen würde.

Österreich droht die erst sechste WM seit 1931 ohne Goldmedaille. Seit den Weltmeisterschaften 1987 in Crans-Montana holte die ÖSV-Equipe immer mindestens eine Medaille in der begehrtesten Farbe. Stadlober jedenfalls spekuliert nach bisher sieben Stück (0/3/4) in Frankreich noch mit Zuwachs. "Egal, wer am Start steht, jeder aus unserem Team hat das Potenzial für einen Podestplatz", war sich die ÖSV-Oberste sicher.

Dichtes Gedränge um Gold

Manuel Feller, Marco Schwarz, Adrian Pertl und Fabio Gstrein gehen für Rot-weiß-rot ins 13. und letzte Rennen der Frankreich-Titelkämpfe (ab 10.00 und 13.30 Uhr im Sport24-Liveticker). Eine Medaillenbank, wie es Marcel Hirscher vor dem bisher letzten österreichischen Slalomtriumph 2019 in Aare war, ist keiner aus dem Quartett.

Norwegen (Lucas Braathen, Henrik Kristoffersen) und die Schweiz (Daniel Yule, Ramon Zenhäusern) stellen vier der insgesamt fünf verschiedenen Sieger dieses Slalomwinters. Nur Clement Noel störte mit seinem Night-Race-Triumph in Schladming die Dominanz der beiden Länder, die mit 16 Stockerlplätzen gleich zwei Drittel aller möglichen für sich verbuchten.

Zwar steht insbesondere hinter Braathens Fitness und Form nach einer Blinddarm-OP Anfang Februar in Zell am See ein Fragezeichen. Doch sowohl Norweger als auch Schweizer können ob der für die beiden Länder prächtig verlaufenden WM ohne den ganz großen Siegzwang antauchen. Zumindest in der Theorie. Denn Yule und Zenhäusern können sich von der "Odi-Mania" im Heimatland selbst nicht viel kaufen. Und der hyper-ehrgeizige Kristoffersen hat als Riesentorlauf-Fünfter bestimmt etwas gut zu machen.

Der Slalom-Welttitel fehlt dem Norweger noch. "Es ist ein Tag jedes zweite Jahr, und an diesem Tag kann viel passieren. Ich glaube, ich kann um den Sieg kämpfen", sagte der 28-Jährige. "Es wäre cool, wenn ich Gold gewinnen könnte im Slalom, aber es sicher nicht meine letzte Weltmeisterschaft. Es ist nicht meine letzte Saison."

Piste lässt Sensationen zu

Die ausgezeichneten Verhältnisse am selektiven Schatten-Hang könnten zudem den einen oder anderen Außenseiter zu Glanztaten verleiten. Pertl kann als Silbermedaillengewinner von Cortina 2021 ein Lied davon singen. Auch Feller hält Sensationsmänner für möglich, der Coup wäre dann laut dem Tiroler hochverdient. Denn es warte überhaupt das "schwierigste Saisonrennen" auf die Slalomartisten, sagte Feller, nachdem schon der Riesentorlauf selbst den Allerbesten alles abverlangt hat.

Aus dem potenziell enorm starken ÖSV-Slalomteam hat es bisher nur Feller zweimal jeweils als Zweiter aufs Podest geschafft. Auch deshalb wollte sich Cheftrainer Marko Pfeifer vor dem Schlussakt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. "Für den Slalom traue ich mir gar nichts sagen", meinte der Kärntner. "Es kann sein, dass es uns aufgeht, und es kann sein, dass der Beste Zehnter ist."

Der zweifache Medaillengewinner Schwarz steht mit breiter Brust am Start. Just in seiner früheren Einser-Disziplin läuft es für den 27-Jährigen aber nicht so rund wie früher. "Am Papier schaut es einmal nicht so gut aus, aber ich bin guter Dinge", sagte der Kärntner. Mit zwei sechsten Rängen (Madonna, Adelboden) zeigte er, dass das Podest nicht unerreichbar ist. Medaillenhunger hat der Medaillenhamster sowieso immer. "Am Sonntag ist ja noch der Slalom. Schauen wir, was da noch möglich ist", erinnerte Schwarz schon unmittelbar nach Riesentorlauf-Bronze. "Ich habe schon die Gelegenheit gehabt, den Kombi-Slalom zu fahren, also kenne ich den Hang. Es wird auch wieder sehr eisig sein."

Warm ums Herz soll es dem freundlich-diszipliniertem Publikum nach Noels Fahrten werden. Die Gastgeber-Nation steht durch Gold und Bronze von Alexis Pinturault nicht schlecht da, würde sich einem letzten Medaillenzuwachs aber sicher nicht verwehren. In Schladming zeigte der Olympiasieger von 2022, dass mit ihm immer zu rechnen ist. Das Heimrennen muss er aufgrund seiner 50-Prozent-Ausfallquote aber von außerhalb der Top sieben in Angriff nehmen. "An einem Tag wie diesem muss man akzeptieren, Risiken einzugehen, man kann nicht zu 80 oder 90 Prozent Skifahren", versprach der 25-Jährige, aufs Ganze zu gehen.

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