Abfahrtsmisere

Walchhofer kritisiert ÖSV: "Hausaufgaben nicht gemacht"

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Michael Walchhofer sieht die aktuelle Abfahrtsmisere der ÖSV-Männer auch Nachlässigkeiten in der Vorbereitung geschuldet.  

"Im Konditionstraining geht es ums Abarbeiten. Wenn ich da nicht bereit bin, und den Eindruck hat man, dass sie das nicht sind, dann werde ich ohne die gemachten Hausaufgaben bei der Prüfung nicht performen", sagte Walchhofer am Rande des Zauchensee-Weltcups zur APA - Austria Presse Agentur.

Das bisherige Abschneiden - vor dem Saisonhighlight Kitzbühel und nach fünf Abfahrten sind die ÖSV-Asse ohne Podestplatz - steht der "Skination" laut Walchhofer nicht zu Gesicht. "Für die finanziellen Möglichkeiten, die der Österreichische Skiverband hat, ist das zu wenig, das muss man ganz klar sagen. Da hat man in mehreren Bereichen die Hausaufgaben nicht gemacht."

Der Abfahrtsweltmeister von 2003 vermied es, die großen Baustellen öffentlich im Detail zu benennen. Das stehe ihm nicht zu. Sehr wohl stellte Walchhofer aber die Frage der Verantwortlichkeit. "Hat es der Athlet nicht richtig gemacht? Der Trainer? Der Verband?"

Mehrere Faktoren

Es sei ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. "Sonst gäbe es das nicht, dass gar keiner vorne reinfährt, weil eine gewisse Breite und auch Qualität ist ja da. Auch von unten her, es ist nicht so, dass keine Kinder mehr Schülerrennen fahren", sagte Walchhofer in Replik auf die ORF-Kritik von Hans Knauß, dem der "Nachschub, die zweite Garnitur, die für Konkurrenz und Druck sorgt" fehlt.

Der Druck von anderen sei für ihn fast immer nebensächlich gewesen, so Walchhofer. "Den habe ich mir immer selbst gemacht. Dass der Antrieb aus einem selbst kommt, ist für mich auch das Entscheidende für einen Sportler, sonst wird er nicht auf oberstem Level performen. Ich schätze Odermatt so ein, dass es ihm völlig egal ist, ob wer von hinten nachschiebt. Der zieht sein Ding durch, weil er einfach genau weiß, wo er hinwill."

Bei aller geforderter Akribie könne man die entscheidenden Dinge auch einfach halten, betonte der Sieger von 19 Weltcuprennen. "Skifahren ist einerseits einfach, andererseits kann man es extrem kompliziert und komplex machen. Ich glaube, dass das bei uns ab und zu passiert. Die Leichtigkeit, das Spielerische, geht dann verloren. Das ist mindestens so entscheidend, wie dass wir zu wenige Speed-Abfahrten im Europacup- und FIS-Bereich haben."

Richtige Mechanismen in Gang gesetzt

Nichtsdestoweniger äußerte sich der Salzburger optimistisch, dass sich das Bild recht bald wieder aufhellen kann. Das zeige sich bei den ÖSV-Frauen, wo Roland Assinger als Chefcoach aktuell "die richtigen Mechanismen in Gang setzt, damit das Radl richtig läuft". Erfolge wie der Sieg von Cornelia Hütter seien für diesen Prozess enorm wichtig. Aber auch Assinger habe viele Baustellen zu beackern, warnte Walchhofer. "Wenn man sich das Starterfeld vom Europacuprennen der Damen in Zell am See anschaut, dann ist das aus österreichischer Sicht brutal dünn."

Den in Radstadt lebenden Assinger kenne er recht gut, erzählte Walchhofer. "Ich weiß, wie er tickt. So eine riesige Mannschaft wie Österreich hat die große Herausforderung, dass du trotzdem flexibel und individuell bist. Aber sie hat auch einen großen USP (Alleinstellungsmerkmal, Anm.): Es ist möglich, über das Team einen richtigen Drive reinzubekommen. Das hat man bisher nicht gehabt, aber ich habe den Eindruck, dass Assinger das gut gelingt."

Sich selbst sieht der einstige Anwärter auf das Präsidentenamt im Skiverband mittelfristig nicht in gestaltender Funktion beim ÖSV, "weil es genug Gestalter gibt und ich ausgelastet bin". "Es gibt mit Roswitha Stadlober eine Präsidentin, von der ich hoffe, dass sie Präsidentin bleibt." Kontinuität sei gerade vor der Heim-WM in Saalbach 2025 wichtig, meinte Walchhofer angesichts der 2024 noch zu schlagenden Präsidiumswahl. Ganz will sich der 48-Jährige die Tür aber nicht verschließen. "In zehn Jahren bin ich noch nicht 60, und ob das dann ein Thema ist, möchte ich aktuell nicht beurteilen."

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