Sport-Europa ist erschüttert

Doping-Doc verdiente in Summe 300.000 €

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Bis zu 60 Kunden soll der Mediziner versorgt haben. Das Blut lagerte in seiner Garage.

Seefeld/Erfurt. Sport-Europa ist erschüttert vom Doping-Skandal. Österreich dient mit der Nordischen Ski-WM in Seefeld (Tirol) nicht nur als ­Kulisse, zwei unserer Sportler wurden beim Blutdoping erwischt.

Suspendiert. Ein Video, auf dem Langläufer Max Hauke (26) in flagranti von der Polizei ertappt wird, ging um die Welt (siehe rechts). Er und Kollege Dominik Baldauf (26) sind gestern von der Nationalen Anti-Doping Agentur suspendiert worden. Bei einer Verurteilung drohen den beiden bis zu drei Jahre Haft.

Im Zentrum der Ermittlungen steht der deutsche Sportmediziner Mark Schmidt (40, Foto oben). Während die Sportler alle wieder auf freiem Fuß sind, sitzt der Arzt noch immer. Ihm drohen sogar bis zu 10 Jahre Gefängnis – es gilt für alle Genannten die Unschuldsvermutung.

Razzia brachte Doping-Industrie ans Tageslicht

Labor. Schmidt ist wohl das Mastermind hinter dem Blutdoping. Bei der Razzia in Erfurt (Deutschland) zeigte sich das wahre Ausmaß seines Wirkens. In einer extra angemieteten Garage lagerte er – bei minus 80 Grad – mehr als 40 Blutbeutel. Dafür gab es einen Spezial-Tiefkühler. Daneben: Zentrifugen, Kanülen und andere Doping-Accessoires.

Kunden. Wie die Bild berichtet, sollen Sportler für die verbotene Leistungssteigerung 5.000 Euro pro Saison bezahlt haben. Bis 60 „Kunden“ soll der Doping-Doc versorgt haben.

Komplizen. Nach Seefeld soll das Blut tiefgefroren aus Erfurt angeliefert worden sein. Zwei Komplizen – eine Frau und ein Mann – reisten damit an. Sie sollen für ihre „Dienste“ eine Wohnung  und ein Hotelzimmer in Tirol angemietet haben. So konnten sich die Sportler keine 100 Meter vom Team-Hotel die Nadel setzen lassen. Dabei wurden sie schließlich erwischt.

Preisgeld reicht lange nicht für die teuren Infusionen

Verdienst. Rätselhaft ist jedenfalls, wie unsere beiden Langläufer die Dienste des Doping-Helfers bezahlt haben. Laut offiziellen FIS-Daten verdiente Dominik Baldauf bisher lediglich 250 Euro an Preisgeldern. Max Hauke kann sich mit 1.100 Euro das Blutdoping auch nicht leisten. Ein ebenfalls erwischter estnischer Sportler gibt zu, dass er dafür Sponsorengelder verwendete.

Voll erwischt! Ein Polizist teilte das Razzia-Video

Das gab es in Österreich wohl noch nie: Die Anti-Doping-Razzia bei der Heim-WM in Seefeld wird von den Behörden mitgefilmt. Die Aufzeichnung zeigt die Sekunden, in denen Langläufer Max Hauke (26) die Polizisten mit der Kamera registriert. In seinem linken Arm steckt die Infusionsnadel – kaum eine Chance, es abzustreiten. Hauke wird gerade Eigenblut wieder in den Kreislauf gepumpt. Das soll ihn bei den nächsten Rennen schneller machen. In Wahrheit bedeuten diese Sekunden wohl das Ende seiner Karriere.

Donnerstagabend tauchte das Video im Internet auf. Dutzende Onlineportale von Zeitungen brachten es (siehe auch Kommentar ganz links). Sofort begann das Bundeskriminalamt nachzuforschen, wer das brisante Material zur Verfügung stellte. Bald war klar: Ein Beamter, der selbst bei der Razzia anwesend war, teilte das Video auf einem Messaging-Dienst. Der Mann wurde sofort vom Einsatz abgezogen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses.

Deutsche gehen auf "Ösis" los

Zweifel daran wachsen, ob ÖSV-Verantwortliche nichts mitbekommen haben wollen.

Berlin. „Ich glaube den Chefs des Österreichischen Skiverbandes kein Wort“, schreibt Bild-Reporter Frank Schneider zum Doping-Skandal. Die beiden als Einzeltäter hinzustellen, „wirkt auf mich total unglaubwürdig“. Schwer vorstellbar sei, dass niemand im ÖSV-Lager von den Doping-Praktiken mitbekommen haben soll, die in Sichtweite zum Team-Quartier abliefen. „Es sei denn, es gilt: Wir schauen weg, bis ihr erwischt werdet“, so die Bild.

So funktioniert Blutdoping

1. Einige Wochen vor dem Bewerb: Rund vier Wochen vor dem Wettkampf wird dem Sportler etwa ein Liter Blut abgenommen. Mit einer Zentrifuge werden rote Blutkörperchen und Plasma voneinander getrennt, das Plasma wieder dem Kreislauf zugeführt. Die Blutkörperchen werden konserviert und tiefgefroren gelagert.

2. Kurz vor dem Start: Bis zum Wettkampf produziert der Körper des Sportlers das abgenommene Blut wieder nach. Kurz vor dem Start wird das abgenommene Blut dem Kreislauf wieder zugeführt. Die überschüssigen Blutbestandteile werden in Form von Blutplasma über Nieren und Urin ausgeschieden.

3. Wirkung: Die für den Sauerstofftransport verantwortlichen roten Blutkörperchen der Konserve verbleiben jedoch im Blutkreislauf. Dadurch werden die Muskeln besser mit Sauerstoff versorgt, was zur erwünschten Leistungssteigerung von bis zu 15 Prozent führt.

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