Die letzten Reporter flüchteten

Der Horror am Schlachtfeld Mariupol

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Kriegsdrama um die Hafenstadt Mariupol: Die Menschen sterben an Hunger, Durst, völliger Erschöpfung.

Mariupol. Die Schilderungen jener, denen die Flucht gelang, sind blanker Horror. Eine Frau erzählte: „Drei Kinder sind gestorben – dehydriert, verdurstet. Weil die Russen die Wasserversorgung abgeschnitten hatten.“

In Mariupol sitzen 140.000 Menschen im Raketenhagel fest. Putin will die Verteidiger zur Kapi­tulation bomben. Zuletzt flüchteten auch die beiden letzten westlichen Reporter aus der Stadt: Videojournalist Mstyslav Chernov und Fotograf Evgeniy Maloletka. Sie arbeiten für „Associated Press“, sagen: „Die Russen jagten uns. Sie hatten eine Liste mit Namen, inklusive den unseren. Und sie kamen immer näher“, so Chernov.

»Erst starb das Baby, dann auch die Mutter«

Geschockt. Chernov berichtet von getöteten Kindern, von Menschen, die bei Hamsterkäufen am Markt beschossen und verwundet ins Spital eingeliefert wurden: „Ich sah, wie ein Arzt versuchte, ein kleines Mädchen zu retten, das von einem Granatsplitter getroffen worden war. Es starb. Ein zweites Kind starb ebenfalls, dann ein drittes.“

Die medizinische Versorgung ist schon vor Wochen komplett zusammengebrochen: „Ambulanzen hörten auf, Verwundete zu holen. Verletzte wurden in Einkaufswagen in Spitäler geschoben. Ich habe Tote in Spitälern gesehen, Leichenberge auf den Straßen. Die Gefallenen werden einfach in Massengräber geschoben.“ Die Reporter berichten von einer Hochschwangeren: „Erst starb ihr Baby, dann die Frau.“

Die verbrecherische Taktik der Russen: „Mit Bomben schnitten sie uns von Strom, Wasser, Nahrungsmitteln und schließlich von Handys, Radio und TV ab“, so die Reporter: „Wir waren die letzten Journalisten in Mariupol. Jetzt gibt es dort keine mehr.“ Putin will die Stadt erobern, um eine Landverbindung zur Halbinsel Krim zu haben.

Karl Wendl

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