"Neue Grippe" - Erstes Todesopfer in Österreich

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Die seit 23. Oktober in Innsbruck nach einer H1N1-Infektion behandelte elfjährige Boznerin ist am Montagabend (2. November) gestorben. Dies teilten die behandelten Ärzte der APA mit.

Das Mädchen hatte sich seit Tagen in einem lebensgefährlichen Zustand befunden. Unter anderem war ihre Lunge außer Funktion. Das Kind hatte sich am vergangenen Mittwoch zu einem Hausarzt mit Grippesymptomen gewandt. Der Zustand des Mädchens hatte sich in Folge sehr rasch verschlechtert.

Gesundheitsminister Alois Stöger (S) zeigte sich in einer Aussendung tief betroffen. Pädiater Karl Zwiauer, Mitglied des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates, sagte gegenüber der APA: "Man muss einen vernünftigen Weg zwischen Panikmache und Verharmlosung finden. (...) Ich glaube es wird sich darauf hinaus laufen, dass man Kinder vorrangig impfen wird".

Kinder haben erhöhtes Risiko

Wirklich neu sei die Tatsache, dass Kinder in Sachen "Neue Grippe" besonders anfällig seien, nicht. Der Experte: "Kinder sind als Risikogruppe zu betrachten. Ein Sechstel aller Kinder, die in den USA an dieser Influenza gestorben sind, waren vorher völlig gesunde Kinder. Das ist anders als sonst bei der saisonalen Influenza - und das ist keine normale Influenza." Bei der saisonalen Influenza würden Kinder vor allem als Überträger für die Ausbreitung der Krankheit sorgen, wären aber keinem besonderem Risiko ausgesetzt. Zwiauer: "Da sind sie der 'Motor' der saisonalen Influenza. Bei dieser neuen Influenza sind sie offenbar auch beträchtlich (durch schwere Krankheitsverläufe, Anm.) gefährdet."

"Wir wissen, dass das Mortalitätsrisiko bei der neuen Influenza 0,1 Prozent beträgt. Das ist keine Frage. Aber Kinder sind 'at risk'. Und die Leute werden wegen der Kinder nervös. Aber es gibt die Möglichkeit, sofort zu behandeln. Und vielleicht sollte man überlegen, ob nicht eher die Kinder bei den Impfungen vorgereiht werden", erklärte der Wiener Sozialmediziner Michael Kunze.

Jährlich 4.000 Todesopfer durch saisonale Influenza

Auch wenn es mit dem Tod des Südtiroler Mädchens nunmehr das erste Opfer durch die "Neue Grippe" in Österreich gegeben hat, sollten die Relationen nicht vergessen werden: Jedes Jahr sterben in Österreich rund 4.000 Menschen an der saisonalen "normalen" Influenza. Die Impfraten sind - ebenso jedes Jahr - im internationalen Vergleich gering.

Nach dem Anlaufen der "Neue Grippe"-Impfungen vergangene Woche unter den Angehörigen des Gesundheitspersonals sollen ab Anfang kommender Woche (9. November) in Österreich zunächst Risikogruppen zur Immunisierung aufgerufen werden. Das sind Personen mit einem besonderem Risiko (speziell chronisch Kranke, Schwangere). Dieser Personenkreis umfasst rund 600.000 Menschen. Bis Ende November sollen rund 1,6 Mio. Dosen der Vakzine zur Prophylaxe der "Neue Grippe" bereit stehen. Das würde zunächst für die Impfung von etwa 800.000 Personen bei zwei Teilimpfungen ausreichen.

Die geltenden Empfehlungen des österreichischen Gesundheitsministeriums für die Immunisierungen ab der kommenden Woche: "Die Impfung ist bei diesen Risikogruppen empfohlen, um mögliche schwere Komplikationen im Erkrankungsfall zu minimieren."

Die definierten Risikogruppen

1. Personen ab dem 6. Lebensmonat bis zum 49. Lebensjahr mit folgenden Grunderkrankungen: - chronische Krankheiten des Atmungssystems, - chronische Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems, - chronische neurologische und neuromuskuläre Erkrankungen, andere Grundkrankheiten, welche die Immunität schwächen oder die Atmungsfunktion beeinträchtigen (inklusive Fettsucht), - chronische Stoffwechselerkrankungen (insbesondere Diabetes mellitus), - chronische Leber- und Nierenerkrankungen, - Immunsystemschwäche (angeboren oder erworben), - Krebserkrankungen

Die Impfung von Kindern mit diesen Grunderkrankungen wird ab dem sechsten Lebensmonat empfohlen. Empfohlen wird auch die Pneumokokkenimpfung.

2. Schwangere (ab der 15. Schwangerschaftswoche), auch Frauen vor einer geplanten Schwangerschaft sollten sich impfen lassen. Bei Schwangeren, die in Unkenntnis einer bestehenden Gravidität im ersten Schwangerschaftsdrittel geimpft wurden, besteht kein erhöhtes Risiko für Mutter und Fötus.

3. Enge Familienangehörige und Betreuungspersonen von Kindern unter 6 Monaten mit oben genannten Grunderkrankungen. Diese Personen sollen geimpft werden, da der Impfstoff bei Kindern unter dem 6. Lebensmonat nicht zugelassen ist.

4. Grundsätzlich kann sich aber jeder, der sich vor der neuen Influenza schützen will, auch impfen lassen. Die Impfung erfolgt immer auf freiwilliger Basis. Personen ab dem 50. Lebensjahr wird wie bisher die Impfung gegen die saisonale Grippe angeraten. Die Einzeldosis beträgt für alle Impflinge 7,5 Mikrogramm der Antigene.

Mehr als 300 Todesopfer im europäischen Raum

Mehr als 300 Menschen sind seit Ausbruch der "Neuen Grippe" Ende April in Mexiko im europäischen Raum im Zuge einer Infektion verstorben. Laut Europäischem Zentrum für Krankheitskontrolle (ECDC) traten bis 2. November genau 317 Todesfälle auf. Weltweit gab es im selben Zeitraum 6.153 Tote im Zusammenhang mit dem A (H1N1)-Virus.

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) stieg die Zahl der Verstorbenen zuletzt innerhalb einer Woche um 700. Die meisten Todesfälle wurden mit mehr als 600 in der abgelaufenen Woche in Nord- und Südamerika gezählt.

In Europa traten Todesfälle in den vergangenen Tagen in Spanien (neun Verstorbene), den Niederlanden (vier Verstorbene) und Deutschland (zwei Verstorbene) auf. Großbritannien führt die Statistik laut ECDC mit 137 tödlichen Verläufen an, gefolgt von Spanien (63), Frankreich (44), Norwegen (13) sowie Irland und den Niederlanden (je zehn). Eine hohe Rate an Todesfällen verzeichnen Süd- und Nordamerika mit 2.701 bzw. 1.453 Verstorbenen nach H1N1-Infektionen.

In Österreich gab es laut offizieller Statistik des Gesundheitsministeriums bisher 493 Erkrankte, 72 davon steckten sich laut Gesundheitsministerium in der vergangenen Woche (von 23. bis 30 Oktober) an. Besonders betroffen waren zuletzt Zehn- bis 19-Jährige, die rund 46 Prozent der Neuerkrankten ausmachten. Bei zehn der neuen Patienten handelte es sich um Babys oder Kinder im Alter von bis zu neun Jahren. In Tirol - bisher eines der am wenigsten betroffenen Bundesländer - gab es in den vergangenen Tagen die meisten Ansteckungen (36). In Wien traten vergleichsweise nur 16 neue Fälle auf, in Salzburg zehn. In den übrigen Bundesländern erkrankten jeweils ein bis vier Personen.

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