St. Magarethen

Dornhelm spricht über La Boheme

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 "Jetzt muss ich die Hosen runterlassen", so der Regisseur vor der Premiere.

Am 10. Juli feiert im Römersteinbruch von St. Margarethen "La Boheme" in der Inszenierung von Robert Dornhelm Premiere. Nach der Filmfassung aus 2008 gibt der 65-jährige Regisseur nun auch sein Operndebüt auf der Bühne. Dornhelm spricht im APA-Interview über die Frustration von Opernfachleuten, St. Margarethen als Spektakel der alten Schule und seine Zweifel, ob Opernregie sein Karriereweg für die Zukunft sein wird.

Hier das gesamte Interview

APA: Weshalb haben Sie für Ihre erste Opernregie nach der Filmfassung erneut zu Puccinis "La Boheme" gegriffen?

Robert Dornhelm:
Ich mache es einmal richtig auf der Bühne und einmal im Film. Das sind zwei unterschiedliche Medien. Einmal habe ich es gestohlen, und jetzt muss ich die Hose runterlassen. Und der Herausforderung, das intime Stück auf einer riesigen Bühne zu machen, der konnte ich nicht widerstehen.

APA: Wie würden Sie Ihre Herangehensweise an "La Boheme" umschreiben?

Dornhelm: Ich wüsste gar nicht, wie man eine Oper neu-oder altmodisch macht. Natürlich belässt man Puccini so, wie er es geschrieben hat. Wenn Leute unbedingt, weil sie das Stück schon zehn Mal gesehen haben, eine Version in der heutigen Zeit sehen wollen, ist das deren Problem. Neu sind die Interpreten und die Betrachtungsweise, aber die Geschichte ist stimmig in ihrer Zeit.

APA: Muss also eine Operninszenierung das Werk immer in der konkreten Stückzeit belassen?

Dornhelm: Nein, die Inszenierung muss stimmig sein. Man kann die Zeit auch komplett weglassen. Aber wenn etwa Mimi an Aids stirbt, das finde ich dämlich. Das ist die Ignoranz von Opernfachleuten, zu denen ich nicht gehöre. Da sage ich: Schreibt neue Opern und macht sie so populär, dass sie sich die Leute auch wieder anschauen wollen. Das können sie aber nicht. Und aus lauter Frustration versuchen sie, die alten Sachen in neue Kleider zu setzen. Hier und da finde ich eine Vereinfachung sehr erfrischend - etwa die Salzburger "Traviata" mit Villazon und Netrebko 2005. Man braucht nicht immer die alten, verstaubten Kulissen.

APA: Werden Sie in St. Margarethen zum Mittel der Reduktion greifen?

Dornhelm: In St. Margarethen geht es darum, eine riesige Bühne zu bespielen. Es ist ein Opernspektakel der alten Schule. Es geht darum, ein Stück lustig und inspirierend für Menschen zu inszenieren, die von Oper nichts verstehen, denn 90 Prozent des Publikums ist nicht das typische Opernpublikum. Und diese Menschen zu begeistern und ihnen Appetit zu machen, das finde ich eine anständige Aufgabe.

APA: Sie setzen Leinwände und Livefilm ein?

Dornhelm: Der Ton wird ja auch verstärkt, warum nicht das Bild? Ab der Mitte sieht man in St. Margarethen ja nichts, da die Anlage so groß ist. Und es wird ja nicht wie bei einer Fußballübertragung, bei der man Szenen in Zeitlupe auf der Leinwand wiederholt. Das könnte ich in einem Opernhaus nicht machen.

APA: Wie geht es Ihnen als Filmregisseur mit der ersten Opernregie?

Dornhelm: Ganz sicher bin ich mir nicht, dass das mein Karriereweg der Zukunft sein wird. Es müssen in jedem Falle klassische Oper sein. Ein modernes Werk, das ich nicht kenne, geht nicht. Ich kann bei Benjamin Brittens "Tod in Venedig" auch nach zehnmal anhören den ersten nicht vom letzten Akt unterscheiden. Ich bin kein Musiker, ich mache das aus dem Bauch heraus.

APA:
Worin liegen die größten Unterschiede beim Regieführen?

Dornhelm:
Es ist ein riesiger Unterschied, dass es beim Film keine vierte Wand gibt. Da muss man den Schauspielern beibringen, dass es kein Publikum gibt. Jetzt sitze ich quasi im Auditorium und muss darauf achten, was man aus dem Zuschauerraum sieht und was nicht. Alles andere ist relativ ähnlich.

APA: Ungewohnt ist doch wohl auch, dass Sie mit Alfred Eschwe einen Dirigenten als künstlerischen Partner an der Seite haben...

Dornhelm: Wenn er mir nicht helfen würde, wäre ich verloren. Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit. Eschwe ist unheimlich sensibel und gibt mir viele praktische Theatertipps.

APA: Sind also weitere Opernarbeiten für Sie vorstellbar?

Dornhelm: Klassische durchaus. Aber schauen wir mal, wie meine Arbeit in St. Margarethen ankommt. Mir macht es jedenfalls Spaß, und im Moment habe ich eine lustige Zeit.

   (Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)

Info
"La Boheme" von Giacomo Puccini unter Alfred Eschwe. Regie: Robert Dornhelm, Bühne: Manfred Waba, Kostüme: Barbara Langbein, Licht: Michael Grundner. Mit Marianne Fiset/Evelin Novak/Cristina Pasaroiu (Mimi), Eric Margiore/Merunas Vitulskis/Rame Lahaj (Rodolfo), Josef Wagner/Mathias Hausmann/Ionut Pascu (Marcello), Siphiwe McKenzie/Mihaela Marcu/Shoushik Barsoumian (Musetta), u.a. Premiere am 10. Juli. Weitere Aufführungen von 11. bis 14., 19. bis 21. und 26. bis 28. Juli sowie von 2. bis 4., 9. bis 11., 16. bis 18. und 23. bis 25. August jeweils ab 20.30 Uhr. www.ofs.at.



 

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