In Barcelona

Kultautor Javier Tomeo 80-jährig gestorben

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Meister der surrealistischen Literatur erlag einer Krankenhaus-Infektion.

Spanien trauert um einen Meister der surrealistischen Literatur: Der Kult-Schriftsteller und Dramatiker Javier Tomeo, einer der meistübersetzten Gegenwartsautoren seines Landes, ist mit 80 Jahren gestorben. Tomeo sei am Samstag in der Klinik Sagrado Corazon in Barcelona einer Krankenhaus-Infektion erlegen, nachdem er vor vier Wochen aufgrund von Ischiasbeschwerden dorthin gebracht worden sei, berichtete die Nachrichtenagentur EFE unter Berufung auf den Verlag des Schriftstellers, Alpha Decay.

Zahlreiche der rund 30 Werke Tomeos wurden unter anderem auch ins Deutsche übersetzt, darunter sein Welterfolg "Der Löwenjäger" (1988). Tomeo war im deutschsprachigen Raum im Zuge der Frankfurter Buchmesse 1991 mit dem Schwerpunkt Spanien der Durchbruch gelungen. Zu seinen Hauptwerken zählen weiters "Der Marquis schreibt einen unerhörten Brief" (1984), "Mütter und Söhne. Roman über Monster" (1986), "Die Taubenstadt" (1991) und "Das umstrittene Testament des Gaston de Puyparlier". (1992). Zuletzt erschien 2010 auf Deutsch der Roman "Die Silikonliebhaber"im Berliner Verlag Klaus Wagenbach.

In seinen fantasiereichen, mit nüchternem, minimalistischen Stil geschrieben Romanen sind meistens Monster und entstellte Figuren die Hauptdarsteller. Einige der Romane Tomeos wurden auch als Theaterstücke vor allem in Madrid, Barcelona und Paris aufgeführt. Aber auch in Österreich, etwa in Wien und Linz, kamen Werke des Autors auf die Bühne.

Die surrealistische Atmosphäre seiner Bücher rückte den Autor nach Meinung von Literaturkritikern in die Nähe des Malers Francisco de Goya (1746-1828) sowie des Filmemachers Luis Buñuel (1900-1983). Er wurde oft auch mit dem österreichischen Autor Thomas Bernhard (1931-1989), dem Sieger des Georg-Büchner Preises 1970, verglichen.

Durch den Tod Tomeos verliere die spanische Literatur "einen seiner erlauchtesten Vertreter", erklärte in einer ersten Reaktion die Bildungs- und Kulturministerin der Regionalregierung der Autonomen Gemeinschaft von Aragón, Dolores Serrat. Der Präsident des Schriftstellerverbandes von Aragon, José Luis Corral, würdigte Tomeo als "Bezugspunkt der surrealistischen Literatur".

Die Fans von Tomeo dürfen sich unterdessen auch nach dem Ableben des Autors auf ein neues, letztes Buch freuen: Er wolle Anfang nächsten Jahres "El Amante Bicolor" (Der zweifarbige Liebhaber) veröffentlichen, sagte der Gründer und Direktor des Verlags Anagrama, Jorge Herralde, zu EFE. Tomeo habe ihn erst vor zwei Wochen vom Krankenhaus aus angerufen und ihm gesagt, dass das Buch per Post unterwegs sei. "Seine Begeisterung war trotz der Situation überschäumend", erzählte Herralde.

Der 1932 in Quicena in Aragon im Nordosten Spaniens geborene Tomeo erwarb Diplomabschlüsse in Jus und Kriminologie, bevor er in Spanien in den 1970er Jahren in der Literatur größer herauskam. Er heiratete nie und hinterlässt auch keine Kinder. Die Beerdigung soll nach Angaben eines Verlagssprechers wahrscheinlich am Dienstag im Friedhof Montjuic in Barcelona stattfinden.

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