Erst erfand er die Männermode neu und dann die der Frauen - Und er entwirft unermüdlich weiter
Es waren hektische Wochen für Giorgio Armani: Ende Mai die Präsentation seiner Resort-Kollektion in Tokio, Mitte Juni zwei Fashion Shows mit der neuen Männermode in Mailand. Und dann, vor ein paar Tagen, das Defilee seiner Couture-Linie Prive in Paris. Noch wahnwitziger erscheint dieses Programm, schaut man auf das Alter des Designers: Am 11. Juli feiert Giorgio Armani seinen 85. Geburtstag.
Nötig hätte er diesen Stress schon lange nicht mehr. Sein Imperium steht solide da. Mit der Gründung einer Stiftung wurde dessen Zukunft abgesichert. Und ein Platz unter den größten Designern der Modegeschichte ist ihm auch längst sicher. Warum also nicht einfach das Leben genießen? "Mein Leben ist die Arbeit. In sie habe ich immer meine gesamte Energie gesteckt", machte er unlängst in einem Interview mit dem italienischen Nachrichtenmagazin "Panorama" deutlich, warum Ruhestand für ihn keine Option ist.
Giorgio Armani wurde am 11. Juli 1934 in Piacenza bei Mailand geboren. Er war das mittlere von drei Kindern eines Buchhalters und einer Hausfrau. Obwohl nicht reich, kleidete sich seine Mutter stets schlicht und elegant. Immer wieder betonte Armani später, wie wichtig sie für die Ausprägung seines Stilempfindens war. Doch zunächst begann er ein Medizinstudium, brach es aber bald wieder ab. Die Familie lebte inzwischen in Mailand. Eher zufällig fand er eine Anstellung im Mailänder Kaufhaus "La Rinascente" - als Schaufensterdekorateur, später als Einkäufer.
Und dort wurde bald ein renommierter Designer auf ihn aufmerksam: Nino Cerruti. Er engagierte Giorgio Armani für seine Männerlinie. Ohne jegliche Vorbildung auf diesem Gebiet entwarf er nun Mode. 1975 gründete er sein eigenes Label, gemeinsam mit seinem Partner Sergio Galeotti, der jedoch zehn Jahre später starb.
Aus der Marke wurde mit der Zeit ein Lifestyle-Imperium. Die Umsätze lagen zuletzt bei rund 2,3 Milliarden Euro. Mit seinen diversen Linien kleidet der Designer ganz unterschiedliche Bevölkerungsschichten ein - von den maßgefertigten, sündhaft teuren Modellen seiner Prive bis hinunter zu Armani Exchange. Dort gibt es dann zum Beispiel Kleider für 150 Euro. Dazu kommen Accessoires, Düfte und Kosmetik, Möbel, zwei Hotels, selbst Pralinen vertreibt er unter seinem Namen. Und: Das Unternehmen gehört ihm allein. Immer wieder versuchten die großen Luxuskonzerne vergeblich, ihm wenigstens ein paar Anteile abzukaufen.
Stilprägend
Das alles geht auf eine so simple wie im Rückblick geniale Idee zurück. Armani nahm dem Anzug den Charakter einer Rüstung und schuf eine weiche, die Schulter umspielende Silhouette ohne steife Einlagen. Die Farbpalette reduzierte er auf unauffälliges Grau, Beige und Dunkelblau. Damit revolutionierte er zuerst die Männermode, dann die der Frauen.
Ein Schlüsselmoment seiner Karriere war die Ausstattung von Richard Gere in dem Film "American Gigolo" (1980). Dieser machte seinen Stil weltweit bekannt und steht exemplarisch für eine bis heute anhaltende enge Liaison mit den Hollywood-Stars.
Exzesse sind dem Modeschöpfer nach wie vor ein Gräuel. Wann immer es auf den Laufstegen zu laut und schrill zugeht, erhebt er mahnend die Stimme. Legendär sind seine "Duelle" mit Gianni Versace, der mit einem neobarocken, flamboyanten Stil in den 1980er- und 1990er-Jahren seinen Gegenpol bildete. "Armani entwirft für die Ehefrau, Versace für die Geliebte", so hieß es damals in Mailand.
Gleichwohl ist Armanis Mode längst nicht mehr nur schlicht. Kräftige Farben und fantasievolle Stickereien tauchen - wohldosiert - auch bei ihm auf. Er sei ein Gefangener seins Stils, hat der Designer oft beklagt. Er habe nicht die Freiheit, all seine Ideen umzusetzen. Zu ausgeprägt sei die Vorstellung, was Armani ist und was nicht.
Aber kann Arbeit allein wirklich ein Leben ausfüllen? "Es gibt etwas, was ich bereue", gestand er einmal dem Magazin "How to spend it". "Nicht mehr Zeit mit den Menschen verbracht zu haben, die ich liebe. Und dass ich so viele schöne Orte auf der Welt nie sehen konnte."
(Von Axel Botur/dpa)