Immer mehr jüngere Burschen und Mädchen betroffen / Laut Umfrage rund 30 Prozent der Lehrer und Schülervertreter wöchentlich damit konfrontiert
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Gewalt an Schulen beginnt immer früher und wird von allenBetroffenen als Problem erachtet. Bereits Elfjährige würden von Vorfällenberichten, sagte Karin Waidhofer vom Verein Neustart.
Perspektivlosigkeit,Armut und zu hohe Anforderungen
"Das beginnt immer früher." Perspektivlosigkeit,Armut und zu hohe Anforderungen seien verantwortlich für die zunehmendenSchwierigkeiten. Wichtig wären vor allem Angebote zur Konfliktlösung, keineStrafen.
Einschalten der Polizei nicht immer ratsam
Denn dadurchwürde die Eskalationsspirale nur steigen, zeigte sich die ausgebildeteMediatorin, Pädagogin und Sozialarbeiterin überzeugt. Auch das Einschalten derPolizei sei bei Raufereien nicht gleich ratsam und würde nur zurKriminalisierung führen.
Schüler Verhaltensmuster beibringen
Zielführender sei es, alle Schüler frühzeitig mit demThema Krisenintervention vertraut zu machen, um ihnen für Konfliktsituationenein geeignetes Verhaltensmuster beizubringen. Eine Aufschaukelung vongewaltsamen Auseinandersetzungen führe lediglich zu Ausgrenzung undHeroisierung der Täter in Randgruppen.
Bei Mädchen zugenommen
"Auffallendist, dass es auch bei Mädchen zunimmt", so die Expertin über Gewalt anSchulen. Die Zuordnung, dass Burschen eher die Täter und ihre weiblichenKollegen die Opfer sind, könne man nicht mehr treffen. Gerade Buben würden imTeenager-Alter sehr oft Opfer von Hänseleien.
Studie - Österreich negativ 3. Platz
Probleme an Schulen gibt es unter anderemdurch das sogenannte "Bullying". Gemeint sind damit langfristigeAuseinandersetzungen bei denen unterlegene Schüler physisch bzw. psychischfertig gemacht werden. In einer WHO-Studie, die vor einigen Jahren durchgeführtwurde, belegte Österreich dabei den negativen dritten Platz, gleich hinterLitauen und Deutschland.
Situation der Jugendlichen oft Grund
Neben Hänseleienspiele allerdings auch der Suchtmittelmissbrauch eine immer größere Rolle,erklärte Waidhofer. Der Griff zu Alkohol oder synthetischen Drogen fördere dasAggressionspotenzial, zu Beschaffung von Finanzierungskapital komme es dannverstärkt zu Raufereien.
Perspektivlosigkeit sorge bei Burschen und Mädchenebenfalls zunehmend zu Gewalteskalationen, insbesondere in Migranten-Familien gebees diesbezüglich Probleme. Auch Überforderung und der steigendeErwartungsdruck, verbunden mit der Angst nicht zu genügend, sorge fürAggressionsprobleme.
Der Grund füreine scheinbar höhere Gewalt an polytechnischen und Sonderschulen sieht die Expertinvor allem in der speziellen Situation der Jugendlichen dort: Der Besuch einerSonderschule werde beispielsweise bereits als eine gewisse Form der Ausgrenzungangesehen, erklärte Waidhofer.
Umfrage - Ergebniss erschreckend
Fast alle Lehrer, Eltern und Schülervertreter stufenGewalt unter Jugendlichen als sehr großes bzw. großes Problem ein. Zu diesemErgebnis kommt eine Umfrage des Vereins Neustart, der im Februar 5.454Lehrkräfte, 4.509 Mütter und Väter und 864 Schülervertreter befragen ließ.
Rund30 Prozent der Befragten an den Schulen gaben an, im Alltag täglich biswöchentlich mit Gewaltproblemen konfrontiert zu sein. Nur zehn Prozent derLehrer bzw. 15 Prozent der Schülervertreter gaben an, keinerlei Schwierigkeitenzu haben.
Große Probleme mit Gewalt80 Prozent derLehrer, 75 Prozent der Eltern und 78 Prozent der Schülervertreter haben nacheigenen Angaben große Probleme mit Gewalt. Die meisten Auseinandersetzungengibt es demnach in Sonder- und polytechnischen Schulen, 90 Prozent der Lehrersprachen dort von Schwierigkeiten.
Einen Unterschied gibt es auch zwischenHauptschulen (87 Prozent) und AHS (75 Prozent), erklärte der Verein der sichmit Täter- und Opferarbeit beschäftigt die Sicht der Lehrkräfte. InBerufsschulen dürfte es demnach am friedlichsten zugehen, "nur" 52Prozent berichteten dort von Problemen.
Wunsch nach Unterstützung
Kommt es zuGewalteskalationen versuchen 90 Prozent der Lehrer diese selbst bzw. in derSchule zu lösen. Nur vereinzelt wenden diese sich an Organisationen (fünfProzent) oder die Polizei (zwei Prozent).
56 Prozent der Eltern wünschen sichallerdings Unterstützung von externen Einrichtungen. Vor allem Präventionsollte nach Angaben aller Befragten nicht alleine der Schule überlassen werden.
Vorbeugen
VorbeugendeGewalt- und Kriminalitätsprävention ist für mehr als 80 Prozent der Befragtenein gewünschtes Problemlösungsmittel. Härtere Strafen wünschen sich nur 16Prozent, darunter vor allem männliche und jüngere Lehrpersonen.
Bemängelt wurdevon allen drei Gruppen (81 bis 91 Prozent) das Fehlen von ausreichendenvorbeugenden Maßnahmen. Eltern und Schülervertreter orteten vor allem bei denBildungseinrichtungen einen Mangel.
Schulungen für Kinder
Gefordert sindlaut der Umfrage aber vor allem Schulungen für die Kinder, das wünschen sichmehr als 50 Prozent der Erwachsenen und rund 70 Prozent der Schülervertreter.Statt einzelnen Projekten werden kontinuierliche Angebote wie die dauerndeAnwesenheit eines Sozialarbeiters an Schulen bevorzugt.
Mehr als 70 Prozentsprachen sich für mehr Informationen aus, über 80 Prozent verlangten nachKonfliktregelungen für Schüler.
Informationsplattform
Über die Homepage www.neustart.at bietet der Verein ab sofort eine Informationsplattforman, unter der ab Herbst 2008 auch Präventionsprogramme für Schulen angebotenwerden. Mit der Maßnahme soll die von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) gestartete Aktion"Weiße Feder" gegen Gewalt unterstützt werden.