Ran an die Bücher. Österreichs Jugend schneidet bei Bildungstests in der Kategorie Lesen schlecht ab – und zwar regelmäßig. Drei Frauen, die sich beruflich mit dem Thema beschäftigen, gehen der Sache auf den Grund.
Das muss man sich erst auf der Zunge zergehen lassen: Ein Viertel (!) unserer Schüler kann nicht sinnerfassend lesen. Österreich liegt deutlich unter dem OECD-Durchschnitt – gleich hinter Tschechien, Kroatien und Vietnam. „Inakzeptabel“, rief die empörte Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ), als wir 2016 erneut durch den PISA-Test rasselten. Am katastrophalsten schnitten unsere Schüler in der Kategorie Lesen ab. Das ist beunruhigend, aber keineswegs neu: Seit es Bildungsstandards gibt, mussten unsere Bildungsministerinnen besonders vor der Rubrik rund um das geschriebene Wort zittern.
Komplex. Das soll sich jetzt ändern, verspricht eine zuversichtliche Hammerschmid. Allein wie, das ist die Frage. Sind doch ihre Vorgängerinnen an dieser Monsteraufgabe gescheitert. „Das liegt daran, dass Lesen einer der komplexesten Bereiche in der Bildungsforschung ist“, erklärt Claudia Schreiner, Direktorin des Bildungsforschungsinstituts Bifie. Einfache Erklärungen gebe es hier keine.
Früh übt sich. Ein Ansatz, so Schreiner, sei frühe Leseförderung. „Studien zeigen, dass sprachliche Förderung im frühen Alter sich auch später noch positiv auf Kompetenzen auswirkt“, erklärt sie. Dazu zählt nicht nur Vorlesen, sondern auch Reimen, Singen oder Geschichtenerzählen.
Zwei Möglichkeiten macht Schreiner aus, um das zu forcieren: Eine ist, die Eltern an Bord zu holen, sie zu motivieren und ihnen Ideen zu geben. „Darüber werden wir es aber nie ganz schaffen“, dämpft Schreiner die Hoffnungen. „Einerseits gibt es Eltern, bei denen man damit offene Türen einrennt, und dann gibt es Eltern, die man damit nie erreichen wird.“ Für Schreiner ist „das eigentliche gesellschaftliche Instrument“ daher die institutionelle Förderung: „Über Kindergärten und -krippen kann man dort kompensieren, wo man die Eltern nicht erreicht.“ Daher sei das verpflichtende Kindergartenjahr auch so wichtig.
Fantasie. Eine dieser Familien, bei denen die Bifie-Direktorin mit ihrem Ansatz der frühen Leseförderung „offene Türen“ eingerannt hätte, ist die von Valerie Fritsch. Die 27-jährige Schriftstellerin hat bereits sieben Werke auf den Markt gebracht und lebt heute von dem, was ihr ihre Eltern schon als Kind schmackhaft machten: der Liebe zu Büchern. „Ich bin von Anfang an mit Tausenden Kinderbüchern aufgewachsen, mit den Vorlesestimmen meiner Eltern, der familiären Vertonung kleiner Welten“, schildert sie im MADONNA-Talk (s. unten). Das hat ihr Lust gemacht, auch alleine lesen zu wollen. Was es braucht, um auch andere Kids zum Lesen zu bewegen? Fritsch ist sich sicher: „Es muss wieder cool sein, aktiv mit dem Hirn zu sein. Es braucht Vorbilder, die Belesenheit, Fantasie und Wissen repräsentieren.“
Maßnahmen. Dass auch Kinder in diesen Genuss kommen, bei denen Lesen zu Hause keine große Rolle spielt, dafür will Hammerschmid sorgen: „Es wurden Lehrgänge entwickelt, um unsere PädagogInnen speziell in der frühen sprachlichen Förderung zu schulen“, verrät die Ministerin im Interview (siehe unten). Verbesserungen durch diese Maßnahme erwartet sie bereits beim nächsten PISA-Test.
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Warum schneiden wir bei PISA so schlecht beim Lesen ab? |
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Warum lesen unsere Kinder heute nicht mehr gerne? |