ÖFB zaubert Überraschungskandidat aus dem Hut: Tscheche Karel Brückner übernimmt von Josef Hickersberger.
Der ÖFB setzt in der Qualifikation für die WM 2010 in Südafrika auf Erfahrung. ÖFB-Präsident Friedrich Stickler gab am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien bekannt, dass Karel Brückner der neue Teamchef der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft wird. Der 68-jährige Tscheche, der zuletzt das Nationalteam seiner Heimat betreut hat, erhält einen ab 1. August laufenden Vertrag für die Dauer der Qualifikation (bis Herbst 2009), der sich automatisch bis zur Endrunde verlängert, sollte das ÖFB-Team das Ticket für Südafrika 2010 lösen. Brückner wird am kommenden Montag (12.30 Uhr) in einer Pressekonferenz seine Vorstellungen präsentieren.
Lange Suche
Ziemlich genau ein Monat hat die Suche nach einem
Nachfolger von Josef Hickersberger, der am 23. Juni überraschend seinen
Rücktritt bekannt gegeben hatte, gedauert. Viele Namen waren im Spiel und
wurden schon als sicherer Tipp gehandelt, Brückner war allerdings nie
darunter. Immerhin hatte er im März das Ende seiner Tätigkeit für das
tschechische Team damit begründet, dass 34 Jahre im Trainergeschäft genug
sind. Nun hängt er zumindest noch zwei Jahre an, sehr zur Freude von
Stickler, der am Freitagvormittag auch die "einhellige" Unterstützung der
Bundesliga und der Landespräsidenten erhalten hatte.
ÖFB gelang großer Coup
"Ich darf ihnen bekannt geben,
dass der neue österreichische Teamchef Karel Brückner heißt. Ich bin froh,
dass es gelungen ist, Karel Bückner zu verpflichten. Er ist einer der
erfahrensten Trainer einer Nationalmannschaft in Europa. Er ist ein
erfolgreicher Trainer nicht nur im Bereich der Nationalmannschaft, er hat
darüber hinaus große Erfolge in der Nachwuchsarbeit. Die
U21-Nationalmannschaft von Tschechien, die von ihm auf die EM vorbereitet
wurde, hat 2002 auch den EM-Titel der U21 erringen können. Er ist ein Mann,
der nicht nur sein Wissen und seine Taktik in großen Turnieren nachdrücklich
unter Beweis gestellt hat, sondern große Erfahrung und Fingerspitzengefühl
mit jungen Spielern mehrmals bewiesen hat. Das ist die Garantie, dass der
Weg, den wir in letzten Jahren gegangen sind mit dem Umbau und der
Verjüngung, weiter gegangen wird", begründete Stickler seine Entscheidung.
Viel sprach für Brückner
Internationale Erfahrung und
Erfolge (Qualifikation für die EM 2004 und 2008 sowie für die WM 2006 mit
Tschechien) hätten für den 68-Jährigen gesprochen und gegen einen heimischen
Teamchef, betonte der ÖFB-Boss. Vor allem Hickersberger-Assistent Andreas
Herzog galt als Kandidat, der ÖFB-Rekordinternationale soll dem Trainerstab
um Brückner aber weiter angehören, hofft Stickler. "Es hat natürlich auch
Überlegungen in Richtung interne Lösung gegeben, also mit Andreas Herzog
eine Lösung zu suchen", so Stickler. "Wir haben uns für Bückner entschieden
und nicht gegen Herzog. Wenn man die Möglichkeit hat, einen Mann mit diesen
Erfolgen zu kriegen, dann muss man den nehmen. Brückner hat großes Interesse
bekundet, mit Herzog zusammenzuarbeiten. Ich hoffe, er bleibt, die Tür für
Herzog steht ganz weit offen. Ich glaube, dass er von der Erfahrung eines
Karel Brückner profitieren kann."
Bleibt Herzog?
In den kommenden Tagen wird es daher auch ein
Gespräch zwischen Brückner, der gut Deutsch spricht, und Herzog geben.
Zumindest in den ersten drei Partien wird Herzog dem Team auf jeden Fall
noch zur Verfügung stehen, erklärte Stickler nach einem Gespräch mit dem
39-Jährigen. Immerhin steht am 20. August in Nizza gegen Weltmeister Italien
das einzige Testspiel auf dem Programm, ehe es am 6. September in Wien gegen
Vizeweltmeister Frankreich und vier Tage später in Litauen mit der
WM-Qualifikation los geht.
Keine Fernbetreuung
Nicht viel Zeit für den neuen Teamchef, sich
ein Bild von seinen Teamkandidaten zu machen. Herzog und der bisherige
Betreuerstab werden Brückner, der sich in den kommenden Tagen sein
Trainerteam sucht, unterstützen. Zudem hätte sich Brückner schon alleine aus
geographischer Nähe und als Gegner in einer der jüngsten Qualifikationen mit
dem rot-weiß-roten Fußball auseinander gesetzt. Demnächst wird er auch nach
Österreich ziehen. "Brückner hat uns nachdrücklich gesagt, dass er einer
ist, der auf dem Platz lebt und keine Fernbetreuung macht. Er wird sehr
viele Zeit auf österreichischen Fußball-Plätzen verbringen. Er ist sehr
optimistisch und zuversichtlich, er erwartet sich einiges von dieser
Mannschaft", erklärte Stickler.
Dass Brückner bei der EURO 2008 mit 68 Jahren der zweitälteste Teamchef war, spielte bei der Suche keine Rolle. "Wir haben nicht auf den Taufschein geschaut, sondern auf Erfahrung und Erfolg", meinte Stickler mit Verweis auf den ältesten Teamchef. Das war Luis Aragones, der Spanien zum Titel geführt hatte. Stickler: "Ich würde auch Aragones nehmen." Auf eine medizinische Untersuchung, wie dies bei Spielertransfers üblich ist, hat man beim Teamchef jedenfalls verzichtet.