Gruber-Interview

LASK-Boss Gruber: "Der Titel ist mir egal"

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Im großen ÖSTERREICH-Interview spricht LASK-Präsident Siegmund Gruber Klartext über die Zukunft der Bundesliga während der Corona-Krise und einen möglichen Meistertitel der Linzer.

ÖSTERREICH: Herr Gruber, wie geht es Ihnen persönlich in der Corona-Krise?

Siegmund Gruber: Sehr stressig. Es geht von einem Telefonat ins andere. Aber ich halte mich an die Vorgaben.

ÖSTERREICH: Warum haben Sie sich für einen Abbruch der Liga ausgesprochen?

Gruber: Das habe ich nicht. Es ist ein Unterschied, ob wir abbrechen oder nicht fertig werden. Bis 30. Juni dürfen wir nicht spielen, das heißt wir müssten aktiv die Meisterschaft verlängern. Da wäre ich nicht dafür.

ÖSTERREICH: Warum?

Gruber: Belgien hat die Saison beendet. Wenn man sich den Anstieg der Todesfälle dort ansieht, werden sie sich etwas dabei gedacht haben. Ich hätte ein Problem, wenn wir am Platz stehen und daneben werden Leichensäcke weggebracht. Was geben wir da für ein Bild ab, auf Teufel komm raus durchzupeitschen?

ÖSTERREICH: Geisterspiele sind also keine Option…

Gruber: Nur wenn es länger nicht anders geht. Ich habe gegen Manchester United ein Geisterspiel miterlebt. Schön ist so eine Kulisse nicht. Und: Was ist, wenn sich ein Spieler ansteckt? Bei einem einzigen könnte man so verfahren, als ob er verletzt wäre. Aber was, wenn es zehn Spieler trifft, brechen wir dann ab? Darüber hat sich noch keiner Gedanken gemacht.

ÖSTERREICH: Spielt man nicht zu Ende, wäre der LASK wohl Meister. Was wäre so ein Titel wert?

Gruber: Ich weiß nicht, ob wir Erster wären – der Corona-Meister! Es ist mir ehrlich gesagt egal. Ich glaube, dass das kein richtiger Titel ist. Fußball ist die schönste Nebensache der Welt, aber eine Nebensache. Es gibt wichtigere Dinge. Ich würde übrigens genauso argumentieren, wenn der LASK nicht vorne wäre. Dass mir das einige nicht glauben, stört mich nicht!

ÖSTERREICH: Könnte es sich die Liga leisten, die Saison nicht fertig zu spielen?

Gruber: Natürlich wäre es für alle Klubs schwer. Aber ich hoffe auch auf Unterstützung vom Staat. Wir wollen nicht besser, aber auch nicht schlechter behandelt werden als andere Unternehmen. Genauso wie viele Firmen haben auch wir als Fußballverein Einnahmen-Ausfälle. Der LASK ist auch ein Wirtschaftsunternehmen, aber unsere Spieler sind keine Millionäre.

ÖSTERREICH: Wie beeinflusst der Stillstand die Planungen für nächste Saison? Stichwort Stadionbau und Transfers?

Gruber: Beim Stadion arbeiten wir weiter wie bisher. Bei Transfers müssen wir schauen, wann der Markt überhaupt öffnet. Wir sind aber nicht von Transfers abhängig. Das Produkt des LASK ist und bleibt erfolgreicher Fußball, nicht Spielerverkäufe. Wir sehen uns nicht als Ausbildungsverein.

ÖSTERREICH: Ist absehbar, wann wieder ein Normalzustand einkehren kann?

Gruber: Wir wollen unter Einhaltung gewisser Maßnahmen bald Gruppentraining abhalten, damit die Spieler ihre Fitness bewahren. Ich hoffe, dass wir im August oder September wieder vor Fans Fußball spielen können.

ÖSTERREICH: Rechnen Sie noch mit dem Rückspiel gegen Manchester United?

Gruber: Ich weiß es nicht, das hängt alles von den Regierungsmaßnahmen ab. Nicht nur von unserer, sondern auch von England. Wer weiß, wann wir wieder reisen dürfen.

ÖSTERREICH: Am 16. April tagt die Bundesliga. Sehen Sie eine Tendenz, in welche Richtung es da gehen könnte?

Gruber: Das lässt sich schwer sagen. Wir brauchen zuerst eine Klarstellung der Regeln: Wie wird eine Veranstaltung definiert? Stand jetzt gehe ich davon aus, dass vor 30. Juni gar nicht gespielt werden darf. Es wäre wichtig, dass wir im Sport klare Aussagen bekommen.

Interview: Michael Hintermüller

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