Gianni Infantino ist wie erwartet als FIFA-Präsident im Amt bestätigt worden. Der 52 Jahre alte Schweizer wurde am Donnerstag beim Kongress des Fußball-Weltverbandes in Kigali zum insgesamt dritten Wahl an die Spitze gewählt, er tritt seine zweite vollständige Amtszeit an.
Die Abstimmung in der BK Arena der Hauptstadt von Ruanda erfolgte per Akklamation - die Delegierten zeigten mit Applaus ihre Zustimmung. Infantino war der einzige Kandidat.
Infantino legte seine rechte Hand aufs Herz und genoss den Applaus, der ihn in der vollen Wahlarena erneut an die FIFA-Spitze hob. "Alle, die mich lieben, und das sind viele, und alle die mich hassen, ich weiß, es gibt da ein paar - ich liebe euch alle", sagte Infantino nach seiner Wahl. FIFA-Generalsekretärin Fatma Samoura erwiderte pathetisch: "Wir lieben Sie, Präsident." Der Kongress in Ruanda war die erwartbare Infantino-Show. Der FIFA-Präsident, der indirekt ein lebenslanges Wirken andeutete, sprach von einer "unglaublichen Ehre" mit "unglaublichen Privilegien" und "großer Verantwortung".
Gut eine halbe Stunde lang feierte Infantino sich und die FIFA kurz vor der Wahl für die Verdienste der vergangenen Jahre. Am aufregendsten wurde es für die 208 von 211 anwesenden Verbände beim Thema Geld. Mehr als elf Milliarden US-Dollar (10,43 Mrd. Euro) wird der Weltverband bis 2026 verdienen, durch die neue Club-WM könnten es "ein paar Milliarden" mehr werden, kündigte Infantino an. "Das Geld der FIFA ist euer Geld", fügte der 52-Jährige hinzu. "Jeder Dollar, der investiert wird, wird von unabhängigen Rechnungsprüfern kontrolliert."
Infantino kündigt "Equal Pay" für Frauen an
Seine Schlussansprache nutzte Infantino für die bemerkenswerte Ankündigung, die WM-Erfolgsprämien im Frauenfußball bis 2027 an jene im Männerfußball angleichen zu wollen. Das sei der "schwierigste" Schritt auf dem Weg zum sogenannten "Equal Pay", also der gleichen Entlohnung für Frauen und Männer im Profifußball.
Da die ersten knapp dreieinhalb Jahre nicht angerechnet werden, kann Infantino im Jahr 2027 erneut für vier Jahre gewählt werden. "Wenn ein Unternehmer ankündigen würde, dass die Dividenden um das Siebenfache erhöht werden, würde man ihn auf ewig behalten, dann ginge es nicht nur um ein Vierjahresmandat", sagte Infantino. Er hatte die FIFA Anfang 2016 vom gesperrten Joseph Blatter (87) übernommen - geboren sind beide im beschaulichen Schweizer Wallis.
Infantino, vor seinem Wechsel zur FIFA Generalsekretär der Europäischen Fußball-Union UEFA, genießt den Rückhalt der großen Mehrheit der Nationalverbände. "Eure Unterstützung berührt mich sehr und macht mich demütig", sagte der Schweizer in Richtung der Delegierten, denen er vor der Abstimmung mit auf den Weg gegeben hatte: "Ich bitte euch einfach nur darum, euch zu erinnern, dass der Fußball Freude, Glück, Leidenschaft, Liebe und Frieden ist, und dass der Fußball da ist, um unsere wundervolle Welt zu vereinen."
Zustimmung vom ÖFB
Er habe die Unterstützung von mehr als 200 Verbänden weltweit, betonte Infantino, "auch aus Europa". Einer davon ist der ÖFB. Dessen Interimspräsident Johann Gartner bewertete neben den Bemühungen um die Anhebung der Frauen-Preisgelder auch die Wahl per Akklamation positiv. "Es war in der Situation das Vernünftige", sagte Gartner der APA. Es hätte keinen Sinn gehabt, wenn fünf, zehn oder 15 Mitgliedsverbände mit einer Gegenstimme aufgefallen wären. "Da reißt man nur Gräben auf. Bei der Akklamation sind alle aufgestanden - inklusive der Länder, die im Vorfeld gesagt haben, dass sie vielleicht nicht mitstimmen."
Das waren etwa die Verbände von Deutschland, Norwegen oder Schweden. In Europa ist Infantino besonders umstritten, der ÖFB setzt aber weiterhin auf Dialog. "Bei der FIFA hat man ernstgenommen, wofür wir stehen - nämlich auch das konstruktiv Kritische", meinte Generalsekretär Thomas Hollerer, gemeinsam mit Gartner als ÖFB-Vertreter vor Ort. "Wir machen das nicht aus Aktionismus, sondern weil wir finden, dass es wichtig ist, gewisse Dinge anzugehen."
Klärungsbedarf gibt es auch für den FIFA-Präsidenten genug. In der Schweiz ermitteln zwei Sonderstaatsanwälte in einer undurchsichtigen Justiz-Affäre gegen Infantino, der alle Vorwürfe zurückweist. Die WM Ende 2022 in Katar war von teils erschreckenden Menschenrechtsverstößen begleitet worden, die FIFA kündigte am Mittwoch eine Analyse in Form einer Arbeitsgruppe an.
Infantino sprach trotz aller Unkenrufe erneut von der "besten WM aller Zeiten", die allerdings 2026 in den USA, Kanada und Mexiko von der nächsten "großartigsten WM aller Zeiten" abgelöst werde. Dass erstmals 48 Nationalverbände teilnehmen, ist eines der Langzeit-Wahlversprechen von Infantino, der das Wahlsystem, in dem auch jeder noch so kleine Verband eine Stimme hat, perfekt auszunutzen weiß.
Infantino kann mit FIFA-Kritik nichts anfangen
Kritik an der Ausweitung von Wettbewerben und an seiner Person wies er in der anschließenden Pressekonferenz scharf zurück. Er verstehe nicht, warum es "Attacken" bezüglich einer "reichen FIFA" gebe. Dabei bezog sich Infantino auf einen Vergleich zu Robin Hood, der an ihn herangetragen worden sei. "Der Unterschied ist: Wir stehlen nicht von den Reichen, um es zu den Armen zu geben. Wir kommerzialisieren. Wir geben auch an die Reichen, wir geben es aber auch an die Armen, damit sie wachsen können."
"Wir sind nicht das Rote Kreuze oder Greenpeace", sagte Infantino und lobte die beiden Organisationen. "Aber wir haben auch eine Verantwortung, bei globalen Herausforderungen zu helfen." Er verwies auf seine jüngste Einladung zum G20-Gipfel. "Wir sind stolz darauf", sagte Infantino. "Diese Leute würden sich nicht mit einer FIFA zusammensetzen, der sie nicht trauen." Institutionen, und "nicht nur Sponsoren und Fernsehanstalten" hätten Vertrauen gewonnen in die FIFA.
Als "ein bisschen ermüdend" bezeichnete Infantino die kritische Berichterstattung. "Wir stehlen nicht, wir profitieren nicht. Bei der FIFA geht es um Fußball, nicht um Geld." Er habe das Gefühl, dass er die FIFA verteidigen müsse. "Ihr braucht mich nicht zu lieben, ihr müsst nicht lieben, ihr könnt mich kritisieren - dafür gibt es Meinungsartikel -, aber bitte, bitte bleibt bei den Fakten", äußerte Infantino vor den Journalisten aus aller Welt.