Sensationsteam träumt von Champions League

Lienhart will mit Freiburg wieder die Großen ärgern

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Der SC Freiburg Zweiter der deutschen Fußball-Bundesliga: Philipp Lienhart und Co. haben vor dem Start ins Frühjahr gute Gründe mit Stolz auf die Tabelle zu blicken.

Abgerechnet wird aber am Schluss, deshalb ist beim ersten FC-Bayern-Verfolger von Hochmut keine Spur. Lunte gerochen haben die Breisgauer sehr wohl. "Wir haben Selbstvertrauen getankt, eine richtig gute Mannschaft und wollen so lange als möglich da oben mitschwimmen", sagte Lienhart. Sein Team war mit dem Ziel Klassenerhalt gestartet. Nach neun Siegen bei je drei Remis und Niederlagen samt 30 Punkten ist die Miete da auch dank sechs Toren von ÖFB-Teamstürmer Michael Gregoritsch schon fast eingefahren. Der Polster auf den Relegationsplatz beträgt 16 Zähler. "Wir gehen mit der gleichen Einstellung in die Rückrunde wie immer, auch die Ziele bleiben die Gleichen. Für uns zählt in erster Linie der Nichtabstieg, das werden wir wahrscheinlich schaffen wie es ausschaut", sagte Lienhart schmunzelnd.

Damit begnügen will sich nach einer aufgrund der längeren Pause wegen der Winter-WM in Katar "ungewöhnlichen Zeit" aber niemand. "Wir sind ein eingeschworener Haufen, der bisher einen sehr guten Fußball spielt und hart für den maximalen Erfolg arbeitet. Wie es am Ende ausschaut, wird man sehen", betonte der 26-Jährige. Große Töne sind nicht nur nach außen hin nicht zu vernehmen. "Wir reden auch in der Kabine nicht über Vizemeister oder Meister, dass wir gar noch die Bayern einholen können oder die Champions League wollen, weil das ja auch nichts bringt."

Nicht leugnen können die Freiburger, dass sie nun vermehrt im Fokus stehen. "Im Herbst haben wir in dem ein oder anderen Spiel das Spielglück auf unserer Seite gehabt, aber alles in allem die Punkte nicht gestohlen. Wir stehen verdient da oben. Es wird aber auf jeden Fall nicht leichter, dass wir dort stehen bleiben können", ist sich Lienhart bewusst. Im Herbst wurde die "Überraschungsmannschaft" von vielen Seiten in höchsten Tönen gelobt.

Fußball-Welt schaut ÖFB-Star auf die Beine

Mit der doch neuen Situation umzugehen, sei nicht immer ganz einfach gewesen. "Aber wer unseren Trainer kennt, der weiß auch, dass uns der immer wieder auf den Boden runter holt. Das tut der Mannschaft gut", meinte Lienhart. Christian Streich ist ein Freiburger Urgestein, seit 1995 beim Club in einer Trainerfunktion und seit Ende Dezember 2011 als Coach der Profis tätig. 2015 gab es den bitteren Abstieg, 2016 gleich wieder den Aufstieg. Der 57-Jährige stellte bereits eindrucksvoll unter Beweis, dass ihm der Abstiegskampf liegt. Nun darf er sich in anderen Sphären versuchen.

Lienhart spielt im System seines Trainers eine zentrale Rolle - und das seit Jahren. Seit Anfang 2019 hat der im Sommer 2018 zum Club gewechselte Abwehrspieler einen Stammplatz, diese Saison verpasste er in der Liga keine Minute, in der Europa League fehlte er nur einmal. "Ich glaube schon, dass mein Standing hoch ist und man im Verein sehr froh ist, dass ich da bin. Ich habe ziemlich konstant meine Leistungen abgerufen. Das ist auch mein Ziel, dass es weiterhin so bleibt", sagte der Niederösterreicher. Sein Wort habe in der Kabine aufgrund seiner Erfahrung "Gewicht".

Das hat auch sein Marktwert, der sich auf 20 Millionen Euro beläuft. Der Vertrag in Freiburg läuft bis Sommer 2024. Die große Fußball-Welt hat der ÖFB-Teamspieler während seiner zweijährigen Zeit bei Real Madrid bereits kennengelernt. "Ich war damals bei der zweiten Mannschaft, habe aber doch immer wieder oben mittrainiert. Es war cool zu sehen, wie gut die Spieler sind, mit welcher Qualität sie trainieren", erklärte Lienhart. Der Durchbruch auf Profiebene gelang ihm aber erst in Deutschland.

Winter-Wechsel ist kein Thema

Dort genießt er großes Vertrauen. "Ich habe hier alles, um Topleistungen abzurufen und auch meine Freundin fühlt sich hier sehr wohl. Das sind schon wichtige Punkte. Deshalb mache ich mir keinen Druck, dass ich zum Beispiel im nächsten Sommer einen neuen Verein haben muss. Ich will meine Leistung weiter konstant bringen und lasse alles auf mich zukommen", sagte Lienhart auf einen möglichen Wechselwunsch angesprochen. Sollte es für ihn und den Club passen, wäre ein Transfer "in der Zukunft natürlich zu überlegen, zumal ja auch die Fußball-Karriere zeitlich begrenzt" sei.

Im Winter ist ein Wechsel kein Thema, auch wenn das Interesse an seiner Person gestiegen ist. "Es läuft hier enorm gut und wir haben auch international coole Spiele vor uns", begründete Lienhart. In der Europa League ist Freiburg wie im DFB-Pokal im Achtelfinale vertreten. "Gott sei Dank sind wir in der Situation, dass wir in allen drei Bewerben gut dastehen. Die Bundesliga hat Priorität, weil es unser tägliches Brot ist. Die Spiele in der Europa League sind ein Bonus, aber wir stehen nicht ohne Grund auf Platz zwei in einer der Top-Fünf-Ligen Europas. Wir haben die Qualität um auch international ganz gut mitzuspielen", blickte Lienhart optimistisch nach vorne. Um das internationale Gefühl auch nächste Saison auskosten zu können, gilt es in der Liga zu reüssieren. Da wartet am Samstag zum Frühjahrsstart auswärts der VfL Wolfsburg. "Wir wollen gut reinstarten und unsere Leistung ähnlich konstant wie im Herbst auf den Platz bringen", sagte Lienhart.

Dann wäre auch ein historischer Erfolg möglich. Platz drei 1995 war Freiburgs bisher bestes Ligaabschneiden. Zuletzt ging es mit den Rängen 13, 8, 10 und 6 fast kontinuierlich bergauf. "Es ist eine ständige Weiterentwicklung sichtbar, der Verein macht aber keine verrückten Dinge, sondern versucht sich Schritt für Schritt zu verbessern", erklärte Lienhart. Dazu zählt die Eröffnung des fast 35.000 Zuschauer fassenden Europa-Park-Stadions im Oktober 2021. Positiv ist auch, dass von den Fans kein "Erfolgsdruck" da sei. "Es ist vielmehr Freude und Dankbarkeit, dass wir so viele coole Spiele gezeigt haben."

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